Sommernachtszauber (German Edition)
Auto saß! Gleich war sie dran …
»Du kannst das«, sagte Ben noch einmal. »Ich gehe zuerst, als dein Schutzschild.« In diesem Moment wurde der Wagenschlag geöffnet. Er sah ihr wohl ihre Angst an. »Und noch was, Caroline.«
»Ja?«
»Du siehst wunderschön aus. Wie eine Fee. Ich bin stolz, mit dir über diesen Teppich zu gehen.«
»Danke«, flüsterte Caroline und strich kurz über das filigrane Diamant-Collier, das
Chanel
mit dem Kleid geliefert hatte, zusammen mit einer großen Kamelie, die ihr Mia in die in lose Wellen gelegten Haare gesteckt hatte. »Super. Hippie-Haute Couture«, hatte sie dabei gemurmelt.
»Vielleicht solltest du was mit Mode machen«, hatte Caroline vorgeschlagen, doch Mia hatte nur unwillig den Kopf geschüttelt und ihr einen undeutbaren Blick zugeworfen. Hm. Dieser Tage war sie oft mehr als unleidlich. Hoffentlich wurde das nach der Premiere wieder besser. Womöglich ging ihr auch diese ganze Geschichte mit Karl Graf mehr an die Nieren, als sie zugeben wollte. Hatten sie mehr als nur Sex miteinander? War es richtig gewesen, ihrer besten Freundin Johannes vorzuenthalten? Seit sie ihn kannte, wünschte sie beinahe jedem auf der Welt so ein Glück.
Da hob das Teufelchen seinen hässlichen Kopf und sprach direkt in Carolines Seele:
Du meinst wohl, als du Johannes gekannt hast? Er ist nicht mehr da, meine Große. Oder soll ich sagen: Nicht mehr da für DICH?
»Auf die Plätze, fertig, los –«
Ben tauchte aus dem Auto in das Blitzlichtgewitter der Fotografen, und Caroline war froh, als er ihr die Hand hinstreckte und ihr aus dem Wagen half. Allein und auf sich gestellt wäre sie vielleicht dort sitzen geblieben und hätte den Fahrer gebeten, sie samt
Chanel-
Kleid, gewellter Haare, Kamelie und glitzerndem Collier in die Kreuzbergerstraße zu bringen, wo sie mit Michi auf dem Balkon ein Nutella-Brot essen könnte. Sie hörte nun von draußen die Stimmen und das Schreien, das sich zu einem siedend heißen Brei vermischte, der ihr entgegengeschleudert wurde und an ihr klebte:
»BenHierStehenBleibenLächeln
BenWerIstDasNebenDirDeineFreundin
VonWemIstIhrKleidBenSiehZuMirBitte
NochEinmalLächelnWieHeißtDieJungeDame
WasIstDeinNeuestesProjekt
WirSindAlleGespanntAufMorgen
WasIstDirWichtigerTVOderTheater
UndIhnenIstDasIhrErstesProjektJungeDame
VonWemIstIhreRobeChanelEtwa
WunderschönWunderschön
JaSoDrehenNeinZuMir
UndEinmalAuchVonHintenBitte ...«
Plötzlich begriff sie, weshalb Johannes die Augenbrauen hochgezogen hatte, als sie ihm von dem Biergartenbesuch mit Ben und den schüchternen Autogramm-Wünschen seiner Anhängerinnen erzählt hatte. Was hatte er dazu gesagt?
Kinderkram.
Er hatte recht. Das hier war
full-on.
Sie konnte kaum Atem holen vor Aufregung. Die grellen Lichter der Kameras ließen alles um sie und in ihr gefrieren, jeden Gedanken, jede Bewegung.
Du musst vorbereitet sein,
hatte Ben gesagt. Es stimmte. Sonst war dies kaum zu überleben.
So war es also, berühmt zu sein? War es nicht das, was sie gewollt hatte? In ihr breitete sich Leere aus bei dem Gedanken, dass dies von nun an ihr Leben sein könnte. Aber ohne Johannes war all das nichts wert. Weshalb konnte sie diesen Augenblick nicht mit ihm teilen? Wie hatten sie sich so streiten können? Ihre Augen wurden feucht. Jetzt bloß nicht heulen, sonst verschmierte Mias Make-up-Kunstwerk. Wenn sie doch die Zeit zurückdrehen könnte! Sie wollte sich die Zunge abbeißen!
»Komm«, sagte Ben noch einmal. Caroline nickte.
Alles verschwamm vor ihren Augen, als sie ihm über den Teppich folgte. Sie lächelte noch einmal blind in das grelle Licht, das ihr entgegenschlug, und plötzlich war sie dankbar für das teure Kleid, all die Schminke und den Schmuck. Es war wirklich wie eine Rüstung. Niemand konnte sie so sorgfältig gewandet angreifen. In diesen Lagen von Seiden und Kristallen war sie unverletzlich, unantastbar.
Aschenputtel auf dem Ball? Mitnichten. Sie war ihr eigener Prinz, der gegen die Hecke aus Dornen anschritt. Was sie wieder an Johannes denken ließ. Johannes, der sie an einem Abend an den Schultern gepackt und zum Spiegel gedreht hatte.
»Schau noch einmal genau hin. Denn der Märchenprinz bist du selbst. Du musst nur den richtigen Moment erkennen. Ihn greifen und ihn nie mehr loslassen. Versprichst du mir das?«
Ja, Johannes. Ich verspreche es dir, flüsterte sie in Gedanken, während sie Schritt für Schritt Ben über den Teppich folgte. Im Inneren der Halle küsste er ihre Hand, ehe er sie
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