Sommernachtszauber (German Edition)
klingt immer so schwer. Schön, Sie kennenzulernen. Wenn Sie nur halb so talentiert sind wie Ihre Eltern, werden wir noch viel von Ihnen hören. Mia Weiss. In dem Namen steckt ja schon alles.«
»So ein Name ist sicher ein Privileg, aber auch eine Belastung«, sagte Mias Vater Rix. Er reichte Drinks herum. »Ich hab dir einen Gin Tonic gemacht, Schatz.«
»Danke, Papa«, sagte Mia und hob ihr Glas. »Chin-Chin.«
Karl Graf nippte an seinem Champagner und musterte Mia. Der Blick ging ihr durch und durch. Seine dunklen Augenbrauen und seine vollen Lippen ließen sie an ein altes Filmplakat zu Mephisto denken. Brandauer in dunkel, so sah er aus. Seine drahtige Statur verstärkte den Eindruck noch. Aber er wusste, was er tat, so viel war klar. Seine Agentur hatte die vielversprechendsten jungen Schauspieler unter Vertrag. Mia hob kampfbereit das Kinn. Sie hatte genug zu bieten und musste nicht fürchten, gewogen und für zu leicht befunden zu werden.
»Setzen wir uns«, sagte ihre Mutter und Mia ließ sich Karl gegenüber auf dem breiten Sofa nieder. Sein Blick wich immer noch nicht von ihr, hing an ihrem Rocksaum. Mia beschloss, das zu ignorieren. Konnte ja jedem mal passieren. Obwohl weder Ben noch Carlos heute besonders auf ihren Minirock geachtet hatten.
»Woran arbeiten Sie gerade, Mia?«, fragte er so plötzlich, dass sie zusammenzuckte.
»Ach, ich hatte heute ein Vorsprechen. Ich denke, ich bekomme die Rolle.«
»Was ist es denn?«, fragte Mickey.
»Die Julia. Am Bimah . Haben Sie davon gehört?«
Sie verzog das Gesicht. »Allerdings. Das Bimah von Carlos! Der ging ja von Pontius zu Pilatus, um Anhänger für seine Schnapsidee zu finden, diese Bühne wiederzubeleben.«
»Sie klingen so skeptisch? Weshalb ist das eine Schnapsidee?« Die Eiswürfel in Mias Glas drehten Kreise. »Finden Sie es denn nicht wichtig, den alten Bühnen neues Leben einzuhauchen?«
Karl grinste. »Oje. Jetzt haben Sie bei Mickey direkt ins Wespennest gestochen, Mia. Ich denke, das Gesprächsthema für den Abend steht fest. Schlimmer hätte es nicht kommen können.«
»Pst, Karl. Ich fasse mich kurz, versprochen«, sagte Mickey entschieden. »Ich bin tatsächlich skeptisch. Das Bimah wieder instand zu setzen, wird immens teuer werden, und Berlin ist pleite. Ich bin wirklich ein Freund der kulturellen Vielfalt, aber auch die muss, bei aller Liebe, Grenzen haben. Wenn man mich fragt, braucht Berlin keine weitere kleine Bühne mehr. Vor allen Dingen nicht, wenn sie Shakespeare spielt. Wenn Carlos wenigstens junge deutsche Dramaturgen zeigen würde! Oder eben die jüdischer Herkunft, wenn er beim Senat schon diesen Namen durchgesetzt hat. Aber Originalität ist keine von Carlos’ vielen Sünden!«
»Wenn das Wörtchen wenn nicht wär – und wenn Carlos dich nach deiner letzten Kritik nicht persönlich am Telefon zur Sau gemacht hätte …«, warf Karl ein.
Mickey stellte ihren Champagner ab. »Petze. Schau mich an. Bin ich eine Frau oder eine Sau?«
»Eine Frau, natürlich. Und eine wunderschöne noch dazu, mein Schatz«, sagte Karl versöhnlich.
Stimmt, dachte Mia. Mickey war in ihrem schmal geschnittenen Kaftan, den engen Hosen und dem schweren Silberschmuck an Hals und Handgelenken einfach cool. Am coolsten aber war ihre selbstbewusste Art, ihre Meinung zu sagen. Das gab sexy eine ganz neue Bedeutung, das spürte sogar Mia. Davon wollte sie sich gerne eine Scheibe abschneiden, entschied sie.
Nun zuckte Mickey mit den Schultern.
»Klar war ich schockiert, als Carlos mich damals anrief. Er hat auch das Recht dazu, sich zu verteidigen. Genauso wie ich das Recht habe zu schreiben, dass er seine Pubertät noch nicht ausgelebt hat und dies bitte im Privaten und nicht auf der Bühne tun sollte.«
»Pubertät?« Mia lachte ungläubig. Beim Vorsprechen heute hatte Carlos den Raum beherrscht und nicht gerade pubertär gewirkt …
»Ja. Seine Inszenierungen erinnern mich an Pickel, Türgeknalle und Selbstbefriedigung.«
Mia wusste nicht, was sie sagen sollte. Neben Mickeys radikaler Ansicht klang alles andere lauwarm, und sie hatte auch noch keinen Grund, sich für Carlos und das Bimah in die Bresche zu werfen. Aber hoffentlich bald …
»Carlos? Der Assistent auf unserem letzten Dreh? Ich bin stolz auf seinen Aufstieg. Wenn sein Plan aufgeht, wird er Intendant. Nicht schlecht für so einen jungen Kerl«, sagte Rix Weiss. »Er ist ungemein kreativ, begabt und arbeitet hart.«
»Der Plan wird nicht aufgehen«, sagte Mickey eisig.
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