Sommernachtszauber (German Edition)
Arbeit, und der Morgen ließ bereits den heißen Tag erahnen, der folgen würde. Caroline trug sehr kurz aufgekrempelte Armeeshorts und ein weißes ärmelloses T-Shirt. Romeo und Julia hatte sie sich unter den Arm geklemmt, denn sie hatte bereits in der U-Bahn darin gelesen.
Die Sprache konnte man altmodisch finden, aber sie war ihr so leicht von den Lippen gegangen, und ein paar Mal hatte sie lachen müssen, vor allem, wenn die Amme ihre Respektlosigkeiten von sich gab.
Wollte Carlos heute alles lesen lassen? Musste er ja praktisch, so wenig Zeit, wie sie hatten. Wie würde er das Stück interpretieren? Was plante er für Bühnenbild und Kostüm? Und konnte sie wirklich nichts sein als ein Instrument, auch falls sie seine Ideen blöd fand?
Sie dachte an den Tisch an der Volksbühne und lächelte. Carlos hatte ihre ungezogene Seite schon gesehen und ihr die Rolle trotzdem gegeben.
Caroline sah am Haus hoch: Geld brauchte Carlos jede Menge, um das wieder in Schuss zu kriegen! Aber irgendwie hatte es trotz des ganzen Schmutzes, der Graffitis und der zugenagelten Fenster Seele . Da konnte Mia unken, wie sie wollte. Sie selbst war verdammt stolz, heute hier zu sein.
»Haste mal ’nen Euro?«, fragte jemand dicht hinter ihr und sie fuhr herum.
Ben van Behrens stand vor ihr. Seine kupferfarbenen Haare waren noch feucht von der Dusche, und auch er trug ein weißes T-Shirt zu dunklen Jeans, unter denen seine Biker Boots hervorlugten. Den Motorradschlüssel hielt er noch in der Hand – er war diesmal extrapünktlich. Ben grinste und wirkte bereit, die Welt zu erobern.
Caroline schüttelte den Kopf und lachte: »Leider nicht, Ben. Schauspieler werden echt schlecht bezahlt. Weißt du das nicht?«
Er nickte. »Am Anfang zumindest. Aber das wird sich in deinem Fall schnell ändern. Darf ich dich auf einen Kaffee einladen, während wir warten?«
Er stand so nah bei ihr, dass sie sein frisches Aftershave erahnte und die Sommersprossen auf seiner Nase zählen konnte. Zu nahe entschied sie und machte einen Schritt zurück.
Das hier war Ben van Behrens, ein richtiger, echter, erfolgreicher Schauspieler, der scheinbar mühelos TV, Film und dann auch noch die Bühne miteinander vereinbarte. Das musste man erst mal schaffen! Sicher verschickte seine Agentur Tausende von gedruckten Autogrammkarten und vor seiner Tür lauerten kreischende Teenies.
Ihr machte das eher Angst. Ein Typ wie er konnte alle und jede mit einem Fingerschnippen haben. Sie war niemandes Trophäe und hatte auch keinerlei Lust, als Kerbe an seinem Bettpfosten zu enden.
Wenn Ben ihre Suche nach Abstand registriert hatte, ließ er sich nichts anmerken, sondern lächelte sie weiter erwartungsvoll an.
Doch Caroline schüttelte den Kopf. »Lieber nicht. Carlos hat mir gesagt, ich soll pünktlich sein.«
»Und was Papa Carlos sagt, gilt?« Ben warf seinen Schlüssel in die Luft und fing ihn wieder auf. Seine grünen Augen funkelten sie herausfordernd an. Er hatte schöne regelmäßige Zähne, die natürlich weiß wirkten und nicht ins Bläuliche gebleicht wie bei so vielen Leuten.
»Ja, absolut. Du bist ja heute auch pünktlich, oder?«
Er verneigte sich spaßhaft. »Touché.«
»Ich will das hier gut machen. Richtig gut«, sagte Caroline ernst.
»Na schön. Dein Wunsch ist mir Befehl. Aber wenn ich jetzt losgehe, um Kaffee zu holen, und wenn ich verspreche, die Beine in die Hand zu nehmen und ganz furchtbar schnell wieder da zu sein, soll ich dir dann einen mitbringen? So zum Einstand und auf gute Zusammenarbeit?«
Caroline nickte. »Gerne. Einen Latte.«
»Zucker?«
»Magermilch und ohne Zucker, bitte.«
»Bin gleich wieder da.«
Er joggte davon, gerade, als Carlos um die Ecke bog. Der redete gleichzeitig in sein Mobiltelefon und mit Simone, die im Gehen in ihr iPad tippte. Ihre Augenbrauen waren heute giftig grün und sie trug verschieden gemusterte lange Strümpfe zu Jeans-Hotpants. In dieser Aufmachung erinnerte sie Caroline an die natürliche Tochter von einem Alien und Pippi Langstrumpf.
Als er bei Caroline ankam, klappte Carlos sein Handy zu und begrüßte sie mit zwei Küsschen. Ihr Herz tat dabei einen kleinen Sprung: Sie gehörte dazu! Sie hatte es geschafft! Gleichzeitig machten ihr diese Gedanken wieder Angst. Dass die Messlatte hier verdammt hoch lag, war ja wohl klar.
»So, meine Besetzung steht. Klaus gibt den Mercutio. Der ist in echt schon so durchgeknallt, genau, was ich brauche. Wenn nur alle pünktlich kommen. Wo ist Ben denn
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