Sommernachtszauber (German Edition)
sie keinen Namen geben konnte. Das Herz schlug schnell in ihrer Brust und der Text glitt ihr vor Überraschung aus der Hand.
Die Blätter raschelten auf den Brettern, doch der Mann rührte sich nicht von der Stelle. Caroline brach der Schweiß aus. Sie stand ebenfalls wie angewachsen in der Mitte der Bühne. Sie rang nach Atem und bemerkte dabei drei Dinge: Erstens lehnte er an der Wand – oder eher vor der Wand, denn sie konnte die Steine
durch ihn hindurch
sehen. Zweitens hatte er dort auf sie gewartet. So viel war klar. Drittens sah er mit seinen langen muskulösen Beinen, den breiten Schultern, den zerwuschelten dunkelblonden Haaren und sehr hellen blauen Augen verdammt gut aus.
»Hab keine Angst«, sagte er leise.
»Hallo, Mia«, sagte Karl, als er ihr abends um sieben die Tür zur Agentur öffnete. Seine Haare waren feucht, als hätte er gerade geduscht, er trug schwarze Jeans zu einem blauen Hemd und war barfuß. Mia erwiderte sein flüchtiges Küsschen auf beide Wangen.
Sie sah sich um. Der Computer an der Rezeption war aus und Stifte lagen ordentlich neben einem Notizblock beim Telefon. In der kleinen Kaffeeküche lief die Spülmaschine.
»Ist der Kameramann schon da?«
»Noch nicht. Jan ist kein Meister der Pünktlichkeit. Gib mir deine Tasche. Ganz schön schwer!«
»Ich habe verschiedene Klamotten mitgebracht«, sagte sie, als Karl ihr den Beutel von der Schulter nahm. Seine Finger streiften ihren nackten Hals und Mia bekam eine Gänsehaut.
Er bemerkte es und lächelte flüchtig, ohne sie weiter anzusehen. Irgendetwas an ihm gab ihr das Gefühl, ein kleines dummes Mädchen zu sein.
Sie fasste sich. Schließlich war sie hier, um ihn nach ihrer Pfeife tanzen zu lassen und nicht umgekehrt!
»Ach so. Natürlich«, sagte er und legte ihren Beutel in eine Sofaecke. »Möchtest du was trinken?«
Mia nickte. Ihre Kehle war wirklich trocken. Ob das nun an dem warmen Berliner Sommerabend, Karls Nähe oder der Aufregung wegen der Aufnahmen lag, wusste sie nicht. Eigentlich sollte sie mit ihrem Namen und ihrer Ausbildung nicht aufgeregt sein. Aber irgendwie hatte die Julia-Absage und Carlos’ Angebot, in der Requisite zu arbeiten, ihrem Selbstbewusstsein doch einen Knacks gegeben. Diese Aufnahmen mussten sitzen! War nicht eine gute Agentur der erste Schritt zu vielen, vielen Angeboten? Und einen besseren Namen als er hatte kaum jemand in diesem Geschäft.
Karl reichte ihr ein Glas kaltes Mineralwasser und sie trank es in großen gierigen Schlucken. Er beobachtete sie wieder mit diesem kleinen Lächeln auf seinen Lippen, das alles an ihr kribbeln ließ. Sie zwang sich zur Ruhe, doch es war kaum möglich: Dazu leuchteten seine Augen zu sehr. Er nahm ihr das Glas ab und stellte es auf die Theke.
»Komm«, sagte er schlicht, fasste sie bei der Hand und führte sie in einen zweiten Raum neben seinem Büro, der wohl das Studio war. Es war ein weißer Würfel, mit starken Lampen, die um eine Kamera herumstanden oder an Kabeln und Schienen von der Decke hingen. Karls iPhone piepte zweimal und Mia zuckte zusammen.
Wie angespannt sie war! Sie atmete einige Male durch die Nase ein und aus, wie sie es beim Yoga gelernt hatte. Es half nichts. Ihr Bauch fühlte sich an wie ein Sack, in den sie einfach nicht genug Luft bekommen konnte. Ihr wurde etwas schwindelig.
Karl dagegen studierte die SMS und runzelte die Stirn.
»Was ist denn los?«, fragte sie ihn.
»Mist. Jan kann nicht kommen. Seine Frau hat ein Problem mit der Arbeit und sie haben keinen Babysitter. Was machen wir jetzt?«
Mia zuckte die Schultern. »Ich weiß es nicht. Ich kann ja wann anders wiederkommen?«
»Hm. Sicher. Nur mein Terminkalender ist in den kommenden Wochen sehr voll, und wir wollen doch den September, wenn alle aus dem Urlaub wieder da sind, für uns nutzen.«
»Du musst ja bei den Aufnahmen nicht dabei sein, oder? Jan und ich können das auch allein machen.«
Er schien ihren Einwand abzuwägen, schüttelte dann aber den Kopf. »Lieber nicht. Für eine erste Einschätzung ist es wichtig für mich, das Shooting mitzuverfolgen.« Karl sah sie nachdenklich an. »Ich kann es machen, wenn dich das nicht stört«, bot er dann vorsichtig an.
»Nein. Weshalb sollte es?« Mia hörte selber, wie wenig überzeugt sie klang. Karl lächelte wieder dieses Lächeln, das sie nicht einordnen konnte, doch das sie so nervös machte.
»Keine Sorge, Mia. Ich mache das nicht zum ersten Mal. Ich rücke dich schon aus eigenem Interesse ins beste
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