Sommernachtszauber (German Edition)
spärlichen Stuhlreihen hinunter. Mit einem Satz war er auf der Bühne.
»Nein!«, schrie Caroline entsetzt auf. Johannes hatte sie losgelassen und sie schlug sich die Hände vor den Mund. »Was machst du hier?«, keuchte sie.
»Ich habe doch gesagt, bis später«, fauchte er. »Oder warst du in Gedanken schon wieder so weit weg, dass du nicht mal mehr meine Nachrichten liest?«
Er ballte die Hände zu Fäusten und sein Atem ging rasch: vor Wut.
Caroline schüttelte stumm vor Entsetzen den Kopf. Nein, nein, nein! Sie wagte es nicht, in Johannes’ Richtung zu sehen. Sie wollte ihn nicht verlieren, nicht in diesem Augenblick ungeheurer Intensität. Ben hatte alles zerstört!
Caroline spürte heiße Wut in sich aufsteigen, als Ben fragte: »Und wer ist das? Warum ist er als Romeo verkleidet? Das ist meine Rolle!« Er wollte mit erhobenen Fäusten auf ihn zustürmen.
»Nicht!« Caroline fiel ihm in den Arm, stieß ihn weg und er stolperte nach hinten. »Wage es nicht, ihn anzurühren«, zischte sie. »Das hier geht dich überhaupt nichts an. Was tust du hier? Mir nachspionieren? Verschwinde!«
Sie sah zu Johannes. Seine Umrisse flimmerten, doch er blieb. Sie streckte ihre Hand nach ihm aus.
»Bleib, Johannes. Bleib«, bat sie. »Mir ist es egal, ob Ben dich sieht. Jeder kann dich sehen. Jeder kann wissen, dass …« Sie brach ab.
Johannes tat einen Schritt nach vorn und schlang von hinten seine Arme um sie. Die Berührung gab ihr Kraft. Sie lehnte sich an ihn. So konnte sie Ben die Stirn bieten. So konnte sie aller Welt die Stirn bieten!
»Natürlich bleibe ich. Ich bin ein Mann und kein Weichling«, sagte Johannes ruhig. »Was denkst du denn?«
Er zog sie fester an sich. In ihrem Rücken hatte sie eine Mauer, die sie vor allem schützte. Eine Mauer namens Johannes.
Ben machte einen Schritt zurück und strich sich mit beiden Händen durchs Haar. Er schüttelte den Kopf.
»Ich glaube, ich spinne. Wer ist das? Was machst du hier mit diesem Schmalspur-Romeo?«
Caroline fuhr auf. »Ich glaube allerdings auch, dass du spinnst! Was machst
du
denn hier? Wie bist du hier reingekommen?«
»Die Tür war offen, auch wenn der seltsame Penner da draußen mir jede Menge Schwierigkeiten machen wollte. Du musst für deine geheimen Stelldichein vorsichtiger sein oder dir einen besseren Wachhund suchen.«
»Was geht dich das an, was ich hier mit wem mache?«, fuhr Caroline ihn an. Sie griff nach Johannes’ Händen. In diesem Augenblick flackerte das Geisterlicht. Sie spürte Johannes flirren und wusste, ohne hinzusehen, dass ihre Haut durch seine Finger schien. Bens Augen verengten sich, dann schluckte er hart. Er schüttelte den Kopf.
»Ist der Typ durchsichtig?«
»Der Typ heißt Johannes«, fuhr Caroline auf.
»Johannes. Dein Romeo«, schnaubte er durch die Nase. »Ich dachte, du triffst hier Carlos?« Sie hörte die Wut und den Schmerz in seiner Stimme. Das hier war noch lange nicht geklärt. Doch ihr Geheimnis war gelüftet. Kein Weg führte mehr zurück. Sie zuckte herausfordernd mit den Schultern.
»Carlos?! Warum sollte ich? Ich sehe jeden Tag genug von ihm. Ich probe hier mit Johannes.«
»Nur proben? Sonst nichts?« Sein Blick lag wieder auf Johannes und ihren Fingern, die fest ineinander verhakt waren. In der kleinen Geste lagen tausend Versprechen.
»Was geht dich das an?«, fragte Caroline trotzig. »Aber wenn du schon so fragst: nein. Nicht nur proben. Mehr als das. Viel mehr als das!«
Aus Bens Kehle drang ein Laut, der Caroline entsetzte. Schmerz, Zorn und Erkenntnis mischten sich darin. Doch ehe sie weitersprechen konnte, sagte Johannes ebenfalls: »Nein, nicht nur proben. Eigentlich sind wir darüber schon lange hinaus. Das hier ist echt. So echt, wie es nur sein kann. Romeo und Julia? Ja. Das sind wir beide.«
Natürlich. Was sonst hatte sie von ihm erwartet? Alle Zweifel, die sie hätte haben können, versickerten in diesem Augenblick. Er stand zu ihr. Er liebte sie.
»Du …« Ben ballte seine Fäuste und machte einen Satz auf sie beide zu. »Geh weg, Caroline. Das machen er und ich untereinander aus! Dem Typen brech ich alle Knochen. Ich lasse mir nicht einfach meine Rolle und mein Mädchen wegnehmen.«
Carolines Hand schnellte nach vorne. »Ben! Fass ihn nicht an. Wage es nicht – das verzeihe ich dir nie. Wir sind doch hier nicht im Mittelalter! Ich bin nicht dein Mädchen! Ich war es nie und werde es nie sein, klar? Bitte, versteh das. Du bist ein netter Typ, aber für mich nicht mehr
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