Sommernachtszauber (German Edition)
als das …«
Ben regte sich nicht. Er blieb stehen, wo er war. Nur seine Wut schien sich in Traurigkeit zu wandeln, denn er wischte sich kurz über die Augen und rang nach Atem.
»Seit ich dich beim Vorsprechen zum ersten Mal gesehen habe, hab ich dich gemocht. Ich hab alles versucht, um dich zu sehen, dich zu treffen, ohne dir auf die Nerven zu gehen, ohne aufdringlich zu sein.«
Johannes schnaubte durch die Nase. »Denkst du …«
Ben schoss ihm einen hasserfüllten Blick zu. »Du hast mich immer abgewimmelt, Caroline …«
»Ben …«, wandte Caroline schwach ein. Er tat ihr leid.
Wie konnte er nach so kurzer Zeit so stark empfinden? Was für ein dummer Gedanke! Wie stark empfand sie denn in so kurzer Zeit für Johannes?
»Und dann warst du endlich mit mir aus und bist danach sofort wieder davongelaufen … zu ihm, nehme ich an!« Er zeigte anklagend auf Johannes. Ben klang heiser. Er duckte sich wie ein Stier in der Arena, bereit zum Kampf.
»Ja. Zu mir«, sagte Johannes.
Caroline schwieg. Es gab nichts mehr zu sagen. Ihr Geheimnis war entdeckt worden. Jetzt konnte sie nur zu Johannes stehen. So, wie er zu ihr stand.
»Wer ist er?«, fragte Ben gedrückt.
»Frag ihn selbst.«
»Warum sieht er so – komisch aus?«
»Komisch«, schnaubte Johannes. »Schau dich mal selbst an.«
»Ich meine – er ist da und nicht da. Oder spinne ich?«
»Nein. Du spinnst nicht«, sagte Caroline ruhig. »Er ist da und nicht da.«
»Was heißt das?« Bens Stimme klang rau vor Unverständnis. Er ging auf Johannes zu, der ihm geschickt auswich. Wo er eben noch gestanden hatte, griff Ben nun in Luft.
Er sah verdutzt aus, aber hechtete dann nach Johannes, der sich einmal drehte und am anderen Ende der Bühne zum Stehen kam.
Ben rappelte sich auf und schrie dann: »Was machst du hier? Du gehörst nicht zu unserer Truppe. Verschwinde! Oder ich rufe die Polizei wegen Hausfriedensbruch.«
Caroline wusste nicht, was sie sagen sollte, doch Johannes antwortete Ben bereits. »Ich bin immer da, Ben. Schon lange vor dir und noch lange nach dir. Ich bin und ich bin nicht. Gestern, heute, morgen – in alle Ewigkeit.«
Ben ging wieder auf Johannes zu, doch hielt kurz vor ihm inne. Er sah auf Johannes’ Wunde. »Mein Gott, was ist das?«, keuchte er.
»Willst du das wirklich wissen?«, fragte Johannes ruhig.
Ben nickte.
»Jemand hat mich vor 70 Jahren ermordet. Und verflucht. 1935. Meinst du, dass deine Polizei und der Gedanke an Hausfriedensbruch mich erschrecken können? Wenn überhaupt«, sagte er und machte einen drohenden Schritt auf Ben zu, der diesen zurückweichen, stolpern und beinahe hinfallen ließ. Johannes schien bei jedem seiner Worte zu wachsen: Sein Schatten auf der Bühne wurde lang. »… dann ist das hier MEIN Haus. Und ich rate dir: Verschwinde! Du kannst Carolines Romeo spielen, aber du wirst es nie
sein,
kapierst du das? Denn das bin auf immer ich!«
Ben war kreideweiß geworden und schüttelte den Kopf. Sein Blick glitt von Johannes’ Gesicht hin zu der Wunde und dann wieder zurück. »1935?« flüsterte er. »Was soll der Scheiß? Du hast sie ja nicht mehr alle!« Er lachte ungläubig und fasste sich wieder an den Kopf. »Das gibt es nicht. Ich träume.«
»Nein, Ben, du träumst nicht«, sagte Caroline fest. »Er ist nicht nur schon lange tot. Er ist noch immer da. Hier, bei mir.« Die Worte schmeckten seltsam süß, auch wenn sie ihr Geheimnis dabei mehr und mehr verriet. Sie konnte nicht anders, sondern wollte mehr als alles andere zu Johannes stehen.
Ben ballte die Fäuste, während Johannes wieder neben Caroline glitt und den Arm um sie legte.
»Was jetzt?«, fragte Ben mit unterdrückter Wut. »Was soll ich jetzt machen?«
Caroline sah ihn mitleidig an. Dennoch gab es nur eine Antwort auf seine Frage. »Bitte geh.«
Ben ballte wieder die Fäuste. Caroline sah in seinen Augen, wie Wut wieder den Schmerz verdrängte. »Was wird Carlos sagen, wenn ich ihm das erzähle?«, fragte Ben drohend.
»Das wirst du nicht tun. Was bringt dir das?« Caroline zuckte mit den Schultern. »Wer wird dir glauben? Außerdem zählt für Carlos nur, dass ich gut spiele.«
»Was mir das bringt?«, wiederholte Ben zornig. Jedes Wort schien ihn zu schmerzen. Caroline konnte ihm nicht helfen. Er hatte keine Demütigung verdient, aber mit seinem plötzlichen Erscheinen hatte er die Situation herbeigeführt.
»Carolines Liebe ganz gewiss nicht«, sagte Johannes kalt. Sie sah ihn zärtlich an. Das Geisterlicht gab
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