Sommerprickeln
ihm niemals verzeihen.«
»Was hat er darauf geantwortet?«, wollte Annajane wissen.
»Ach, er hat versucht, mir Schwachsinn einzureden«, erwiderte Pokey. »Niemand hätte vor, den Laden zu schließen oder zu verlegen. Er meint, durch Jax Snax würde die Firma höchstens noch erfolgreicher.«
»Reicher meint er«, bemerkte Pete.
Pokey nahm die Fernbedienung vom Tablett auf der Ottomane. »Okay, Leute, genug vom Geschäft geredet. Ich könnte jetzt eine Stunde stumpfsinnig fernsehen, bevor ich für heute Schluss mache. Was wollt ihr sehen: HGTV oder Food TV ?«
»Also Küchenscheiße oder Einrichtungsscheiße?« Pete nahm ein Kissen und stopfte es seiner Frau unter den Kopf. Dann stand er auf und gab Pokey einen Kuss auf die Stirn. »Ich glaube, ich gucke oben ein bisschen Baseball.«
Annajane verspürte einen vertrauten Stich des Neids, als sie sah, wie zärtlich Pete mit Pokey umging. Ihre Freundin hatte so viel – ein Heim und einen Mann, der sie anbetete, dazu drei chaotische, aber gesunde Kinder, das vierte war unterwegs. Wusste Pokey eigentlich, wie viel Glück sie hatte? Und wie hohl und leer sich Annajane manchmal in ihrer Gesellschaft fühlte?
»Guck noch mal nach den Jungs, ja?«, rief Pokey geistesabwesend, während sie durch die Sender zappte. »Pass auf, dass Denning nicht wieder mit so einem verdammten Videospiel rumdaddelt.«
Als sie eine Stunde später genug Dokus über Hausfrauen und deren Häuser gesehen hatte, reichte Pokey die Fernbedienung an Annajane weiter.
»Sie gehört dir«, sagte sie und gähnte.
»Nee«, erwiderte Annajane. »Ich gehe auch ins Bett. Ich muss meine Kraft sammeln, um morgen früh zu Quixie zu gehen.«
»Schön«, sagte Pokey und nickte anerkennend. »Und was ist mit Mason? Was wird aus euch beiden?«
»Lass es sein, Pokey«, mahnte Annajane. »Das geht alles viel zu schnell. Wir sind Freunde, ja? Können wir es nicht erst mal dabei belassen?«
»Freunde mit gewissen Vorzügen?«, neckte Pokey. »Pass auf, ich will bloß nicht, dass du dir von Celia Wakefield ein schlechtes Gewissen einreden lässt. Du und Mason, ihr habt nichts Verbotenes getan. Jedenfalls nicht mit Absicht. Du hast dich ehrenhaft verhalten, deshalb drück die Schultern durch und ignoriere Celia.«
»Hm«, machte Annajane. »Ich habe keine große Lust, sie morgen zu sehen.«
»Ach, du liebe Güte«, rief Pokey plötzlich. »Das habe ich ganz vergessen. Ich habe Angela angerufen – meine Kommilitonin, die als Einkäuferin bei Belk gearbeitet hat, weißt du noch?«
»Kennt sie Celia?«, fragte Annajane.
»Sie hatte von ihr gehört, aber sie wusste nichts Genaueres über sie. Sie hat mir aber den Namen und die Telefonnummer einer Freundin gegeben, die Genaueres über Celias Kindermodengeschäft wissen könnte«, sagte Pokey. Sie griff in ihre Tasche und reichte Annajane einen Zettel, der aussah, als sei er aus einem Malbuch von Bob dem Baumeister gerissen worden.
»Sie heißt Katie Derscheid«, erklärte Pokey und gähnte erneut. »Ich wusste nicht genau, wie man das schreibt. Ruf sie einfach an und beruf dich auf Angela Hooker.«
Irgendwann in der Nacht hörte Annajane, dass es leise aufs Dach regnete und Zweige die Fensterscheiben streiften. Sie öffnete ein Auge und sah, wie ein gezackter Blitz durch den schwarzen Himmel zuckte. Wohlig kuschelte sie sich tiefer in ihre Daunendecke und zog sich ein zweites Kissen über den Kopf, um nichts zu hören. Sie war froh, nicht draußen im Gewitter zu sein.
Dann schlief sie wieder ein, aber ungefähr eine Stunde später sah sie einen Lichtstrahl vom Flur in ihr Zimmer fallen. Sie hob den Kopf und entdeckte eine kleine, verlorene Gestalt in der Tür.
Es war Petey in seinem Baumwollschlafanzug mit dem Aufdruck von Thomas, der kleinen Lokomotive. Er nuckelte am Daumen und zog ein schmuddeliges, aber umso heißer geliebtes blaues Schnuffeltuch hinter sich her.
»Hey, Kumpel«, sagte Annajane müde. »Was ist?«
»Ich habe Angst«, nuschelte er mit dem Daumen im Mund.
»Soll ich dich zurück ins Bett bringen?«
Entschieden schüttelte er den Kopf.
»Willst du bei Mommy und Daddy schlafen?«
»Clayton ist bei Mommy und Daddy.«
Annajane seufzte und rutschte in ihrem Einzelbett zur Seite. »Na, dann komm.«
Petey schenkte ihr ein zaghaftes Lächeln, dann kletterte er neben ihr ins Bett. Annajane streichelte ihm den Rücken, so wie sie es oft bei Pokey geehen hatte, und kurz darauf hörte sie Petey tief und gleichmäßig atmen. Sie lächelte in
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