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Sommerprickeln

Sommerprickeln

Titel: Sommerprickeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Kay Andrews
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jubilierten, ein hübsches klassisches Stück, das ihr bekannt vorkam. »Was ist das für ein Lied?«, fragte sie und reckte den Hals, um einen besseren Blick auf die Braut werfen zu können.
    Nicht in der Kirche an Sex denken. Nicht an Mason nackt denken .
    Stattdessen versuchte Annajane, sich Shane nackt vorzustellen. Ihr Verlobter hatte einen perfekten Körper, groß und sehnig, dazu langgliedrige Finger, allerdings war er ein klein wenig befangen, auch im Bett, was sie ungewöhnlich fand. Waren Musiker nicht eigentlich total hemmungslos? Oh, aber Mason nackt! Bei der Erinnerung erschauderte Annajane.
    Glücklicherweise bemerkte ihre beste Freundin es nicht. Leise summte sie die Einzugsmelodie mit. Auf Drängen ihrer Mutter hatte Pokey jahrelang Klavierstunden genommen und spielte tatsächlich nicht schlecht, wenn sie sich Mühe gab. Jetzt schnaubte sie missbilligend. »Händel. Die Ankunft der Königin von Saba. Von wegen.«
    Die Braut machte den ersten Schritt in den Gang.
    Celia war grazil und anmutig, die Königin von Saba in Miniatur, fand Annajane. Ihr Kleid, ebenfalls von ihr selbst entworfen, war streng und schlicht, ein trägerloser Schlauch aus glänzendem elfenbeinfarbenen Satin, dessen einziger Schmuck die Zieharmonikafalten an ihrem beängstigend tief ausgeschnittenen Dekolleté waren.
    Beim Anblick der eindrucksvollen Braut fühlte sich Annajane automatisch fünf Kleidergrößen dicker in ihrem betulichen Secondhand-Kleid mit seiner braven Knopfreihe und der altmodischen Schnalle. Nur wenige Stunden zuvor hatte sie sich solche Mühe beim Anziehen gegeben und ihre Hemmungen mit Bourbon betäubt, aber jetzt fühlte sie sich fürchterlich falsch gekleidet und ernüchtert. Was hatte sie sich nur dabei gedacht?
    »Heiliger Bimbam!«, schnaufte Pokey und stieß Annajane mit dem Ellbogen in die Rippen. »Guck dir das Kleid an! Ich glaube, ich kann sogar ihre Nippel sehen!«
    »Psst«, machte Annajane halbherzig und sah sich panisch nach einem Fluchtweg um. Doch ihre Bank war bis auf den letzten Platz besetzt. Es waren nur noch Stehplätze übrig, zu spät Kommende lehnten sich an die Seitenwände. Die Braut war kurz davor, den Mittelgang hinaufzuschreiten. Nein, nicht einmal Houdini hätte aus diesem überfüllten Gefängnis entkommen können. Annajane musste bleiben und ihre Therapie bis zum bitteren Ende durchstehen.
    Die Braut hielt kurz inne, genoss den Augenblick, ihren Moment des Ruhms. Sie zupfte ihre Schleppe zurecht, reckte das Kinn und begann, den Gang hinaufzuschweben. Celia war die Schlichtheit in Person. Sie trug keinen Schmuck außer dem Verlobungsring und zwei bis auf die Schultern hängenden Diamantohrringen. In der verdunkelten Kirche warfen die Diamanten kaleidoskopartige Reflexe an die Decke. Celias bis zum Ellenbogen behandschuhte Hand hielt eine einzige große Calla – so lang wie ein Majorettenstock.
    Auf halber Strecke verlor Celia ein wenig von ihrer Selbstsicherheit. Sie runzelte die Stirn und verlangsamte.
    Die Musik lief weiter. Annajane schaute zum Altar, um herauszubekommen, warum die Braut zögerte. Vater Jolly, Pete und Davis standen erwartungsvoll da und beobachteten das Geschehen mit feierlichen Mienen.
    Mason war stocksteif. Seine Lippen waren zu einem angedeuteten Lächeln gefroren, der Rest seines Gesichts glich einer Maske, in der seine Augen nervös von links nach rechts huschten.
    Sophie war erneut stehen geblieben, diesmal nur wenige Meter vor dem Altar. Sie sah sich um, betrachtete die Blumen, ihre Großmutter und Cousins in der ersten Reihe und winkte schüchtern ihrer geliebten Kinderfrau Letha zu, die direkt hinter Sallie Bayless und ihrer Familie saß.
    Letha beugte sich vor. »Geh weiter, Schätzchen«, flüsterte sie. »Das machst du toll!«
    Und wenn der Bräutigam nervös ist?, fragte sich Annajane. Das hatte nichts zu bedeuten. Es war völlig normal. Mason war fünf Jahre lang Single gewesen. Seit der Scheidung hatte er sich ordentlich ausgetobt, war mit vielen Frauen ausgegangen, die meisten absolut unangemessen, und aus einer dieser Affären war Sophie entstanden, deren buchstäbliches Auftauchen auf der Türschwelle der Bayless’ anfangs ein Schock gewesen war, aber dann schnell einhellig als Segen betrachtet wurde.
    Eines musste Annajane Mason lassen: Konfrontiert mit einem sechs Monate alten Baby und dem offenbar unanfechtbaren Beweis seiner Vaterschaft, hatte er das Richtige getan. Die Bayless’ scheuten nicht vor Verantwortung zurück. Er war

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