Sommerprickeln
Vater Jollys Stimme vom Pult. »Ähm, liebe Gemeinde«, sagte er zögernd. »Wir haben hier gerade ein krankes kleines Mädchen. Wenn Sie möchten, beten Sie um Gottes Segen.«
Mason saß auf einem kleinen Brokatsofa im Ankleideraum und hatte Sophie auf dem Schoß. Sie stöhnte, ihr Gesicht war grau und von Schweiß überzogen. Mit einer Hand strich ihr Mason übers Haar, mit der anderen versuchte er, das Telefon auf dem Tisch zu bedienen.
»Warte«, sagte Annajane, rutschte neben ihn aufs Sofa und streckte die Arme nach dem Kind aus. »Ich nehme sie. Hast du einen Krankenwagen gerufen?«
Sophie wimmerte leise, ließ sich aber bereitwillig in Annajanes Arme sinken. Der Körper des Kindes fühlte sich heiß an, und als Annajane der Kleinen übers Gesicht strich, verzog sie es. Sophie erschauderte, hustete und übergab sich. Dann kam ein zweiter Schwall.
»Ach, du liebe Güte«, sagte Mason und ließ das Telefon sinken. »Was … was soll ich machen?«
Annajane griff nach einem Päckchen Taschentücher neben dem Telefon und betupfte Sophies Gesicht. »Entschuldigung«, schluchzte die Kleine. »Entschuldigung.« Sie übergab sich erneut.
»Schon gut, Schätzchen«, sagte Annajane. »Schon gut.« Wieder wischte sie Sophie übers Gesicht, dann hielt sie die Hand über den kleinen Bauch. »Darf ich mal dein Bäuchlein fühlen? Nur ganz kurz?«
Das Kind nickte. Annajane legte die Handfläche auf Sophies Magen, doch schon bei der geringsten Berührung schrie das Mädchen vor Schmerzen auf.
»O Gott«, sagte Mason erschüttert. »Was glaubst du, was sie hat?«
Die Tür zum Ankleidezimmer öffnete sich, und Celia kam hereingestürmt. »Ist alles in Ordnung?«, fragte sie. Als sie das Erbrochene vor Sophie und Annajane sah, machte sie einen Schritt zurück. Sie schluckte, bückte sich und nahm Sophies Hand.
»Wo tut’s denn weh, Mäuschen?«, fragte sie sanft. »Zeig mir das mal.«
Sophie stöhnte und drückte ihr fiebriges Gesicht an Annajanes Brust.
Celia tätschelte Sophies verschwitzte Locken. »Armes Mädchen.«
Sie bedachte Mason mit einem verärgerten Kopfschütteln. »Sie hat heute Mittag so viel Mist gegessen. Ich habe selbst gesehen, wie dein Bruder ihr mindestens zwei Schälchen mit diesem verfluchten Quixie-Eis gegeben hat. Ist wahrscheinlich nur ein verdorbener Magen zusammen mit der ganzen Aufregung.«
»Meinst du?«, fragte Mason hoffnungsvoll. Seine Hand schwebte über dem Telefon.
Celia schaute zu Annajane hinüber und lächelte sie verschwörerisch an. »Ob du vielleicht so lieb sein könntest, zu Letha zu gehen und sie zu fragen, ob sie mit Sophie nach Hause fahren und sie ins Bett legen kann?«
»Das halte ich nicht für klug«, sagte Annajane. »Das sind keine einfachen Bauchschmerzen. Tut mir leid, Celia, aber wir müssen einen Krankenwagen rufen. Sofort. Sie hat hohes Fieber.«
»Wie bitte?« Celia neigte den Kopf, als hätte sie nicht richtig gehört. »Da hinten in der Kirche sitzen fünfhundert Gäste. Wir haben einen Solisten vom Symphonieorchester North Carolina hier, und drüben im Country Club warten Hummer Thermidor auf uns. Meine Großtante Eleanor ist heute Morgen aus Kansas City eingeflogen. Mit einem Sauerstoffgerät.«
Es klopfte kurz an der Tür, dann steckte Vater Jolly den Kopf herein. »Wie geht’s der kleinen Patientin?«, fragte er. »Ich unterbreche ja nur ungern, aber die Leute machen sich langsam Sorgen.« Entschuldigend zuckte er mit den Achseln. »Mason, ich soll für deine Mutter und deine Schwester nachsehen, wie es Sophie geht. Mrs Bayless möchte, dass alle die Ruhe behalten.«
Celia stand auf und zog das rutschende Mieder ihres Kleides hoch. »Sagen Sie Sallie, es ist alles gut.« Sie sah Annajane nachdrücklich an. »Wir müssen jetzt nicht überreagieren. Wir brauchen nur irgendjemanden, der Letha holt, dann, denke ich, können wir mit der Zeremonie fortfahren. Nicht wahr, Liebling?« Leicht legte sie die Hand auf Masons breite Schulter im Smoking und fuhr mit den Fingerspitzen am Revers entlang. Es war eine deutlich besitzergreifende Geste, die an Vater Jolly, Mason und vor allem an Annajane gerichtet war.
Er gehört mir. Ich habe hier das Sagen. Die Show muss weitergehen.
Mason blickte von seiner Exfrau zu seiner Zukünftigen. Er räusperte sich. »Also … hm …«
Wie um die Frage zu entscheiden, stöhnte Sophie, hustete und erbrach sich wieder.
Mit wackligen Beinen stand Annajane auf und drückte Sophie an sich. Sie hatte genug.
»Gut. Ihr
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