Sommerprickeln
Mason flehend an, der seltsam still geblieben war. »Mason, du musst mir wohl mal helfen.«
»Ja«, blaffte Davis. »Hilf uns allen! Erklär uns mal, wie du es geschafft hast, dass dein uneheliches Kind den Firmenanteil unserer Mutter erbt. Das möchte ich doch mal wissen, Brüderchen.«
Annajane spürte, wie sich etwas in ihr regte. Mason starrte seine Mutter an, richtete den Blick mit einer so großen Traurigkeit auf sie, die Annajane bei ihm nur an dem Tag in der Notaufnahme gesehen hatte, als er vom Tod seines Vaters erfuhr. Es war, als würde sich ein Nebel lichten, und sie konnte nun auf einmal ganz deutlich sehen und verstehen, was in den vergangenen fünf Jahren geschehen war.
»Sophie ist nicht meine Tochter«, sagte Mason ruhig. »Jedenfalls nicht meine biologische. Sie ist die Tochter von Dad.« Er sah erst Davis, dann Pokey an. »Sie ist unsere Schwester.« Er griff über den Tisch nach Annajanes Hand und drückte sie. Sie erwiderte die Geste und umklammerte seine Hand, als hinge ihr Leben davon ab.
48
Alle Köpfe im Raum drehten sich zu Sallie Bayless um. »Mason, das kann nicht sein!«, rief sie mit blutleerem Gesicht.
Davis sprang mit geballten Fäusten auf. »Was für einen abartigen Trick willst du hier abziehen? Nie im Leben ist Sophie die Tochter von Dad. Und ich sag dir was, wir haben jetzt alle die Schnauze voll von deinem selbstherrlichen Taktieren. Blutsverwandt hin oder her, ich verpasse dir jetzt die Abreibung, nach der du schon lange schreist!«
Es wurde totenstill im Raum.
Mason sah seinem Bruder ins Gesicht. »Bitte«, sagte er, ohne zu blinzeln.
Norris Thomas schien extrem unbehaglich zumute zu sein. Er hustete, räusperte sich und starrte auf den Papierstapel vor sich auf dem Tisch.
Pokey kniete neben ihrer Mutter und tätschelte ihr wirkungslos die Schulter. »Mama, wusstest du irgendwas davon? Von Sophie?«
»Nein«, sagte Sallie mit blitzenden Augen. »Und ich weigere mich, das zu glauben. Mason, ich kann es nicht fassen, dass du so tief sinkst. Deinen Vater zu beschuldigen … das ist …« Sie atmete tief durch. »Das ist eine unaussprechliche, unverzeihliche Lüge. Ich fordere dich auf, sie zurückzunehmen. Auf der Stelle.«
»Ähm, Sallie? Hört ihr mal her?«
Alle Köpfe drehten sich zu Norris Thomas um.
Der Anwalt zupfte an seinem Hemdkragen. Ein feiner Schweißfilm lag auf seiner Stirn. »Mason sagt die Wahrheit. Sophie ist ein rechtmäßiger Abkömmling von Glenn Bayless. Ich verstehe, dass das ein Schock für euch alle ist, es war auch ein Schock für mich. Glenn war mein ältester, zuverlässigster Freund, und ich versichere euch, dass die Vaterschaft außer Frage steht.«
»Aber wie?«, fragte Pokey stockend.
Norris schaute flehend in Masons Richtung. Annajane drückte ihm die Hand und nickte ihm aufmunternd zu.
»Mama, es tut mir leid«, sagte er mit leiser Stimme zu Sallie. »Es wäre mir wirklich lieber gewesen, wenn du es nicht auf diese Weise hättest erfahren müssen.«
»Mason hat auch nicht gewusst, wie die Verfügung aussah«, erklärte Norris. »Ich habe Glenn mein Wort gegeben, dass ich alles geheim halten würde bis zu dem Tag, an dem ich die Details der Vereinbarung bekanntgebe.«
»Mason?«, fragte Pokey eindringlich.
»Dad … Dad hat diese Frau bei einer Autovermietung kennengelernt. Am Flughafen von Jacksonville. Sie hieß Kristy. Die beiden hatten eine … ähm … kurze Beziehung. Die Frau wurde schwanger. Mit Sophie.«
»Kurz vor seinem Tod wurde Glenn auf diese Schwangerschaft hingewiesen«, erklärte Norris. »Die Inhalte der Verfügung waren schon einige Monate vorher festgelegt worden, nachdem Glenn leichte Herzprobleme gehabt hatte.«
»Moment mal«, sagte Pokey und warf ihrer Mutter einen Blick zu. »Hatte Daddy schon vorher Herzprobleme?«
Sallie zuckte nur schmallippig die Achseln. »Natürlich nicht. Glenn war völlig gesund, soweit ich wusste.«
Norris Thomas widersprach der Witwe nicht, aber es lag auf der Hand, dass er andere Informationen hatte.
»Glenn kam damals zu mir und schämte sich natürlich ziemlich wegen des … ähm … Kindes. Wir setzten ein vertrauliches Schriftstück auf, in dem es um die finanzielle Absicherung der Kindesmutter und natürlich des Kindes ging. Damals schon legte Glenn fest, dass das ungeborene Kind den gleichen Anteil am Familienbetrieb erben würde wie die anderen.«
»Unfassbar!«, rief Sallie. »Er wollte, dass irgendein Bastard das bekommt, was meinen Kindern zusteht, der wahren
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