Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
sie direkt der Hölle entspringen.
„Ist das die Verdammnis?“, fragte Keylam ehrfürchtig. „Bisher habe ich die Geschichten über sie immer für ein Ammenmärchen gehalten.“
„Dann war das damals vielleicht doch nicht die Unterwäsche meiner Alten“, sagte Smitt mit geweiteten Augen.
„Der Vergleich an sich ist jedoch äußerst treffend“, entgegnete Dewayne mit einem listigen Grinsen, griff nach dem Netz, das die Crew hinunterwarf und kletterte mit seiner Tochter im Arm hinauf.
Arrow, Keylam und Neve tauschten zweifelnde Blicke, folgten ihm jedoch und nachdem auch Socks, die Gargoyles und die Zwerge an Bord gegangen waren, nahm die Verdammnis Kurs auf Hopes End.
Die Reise dauerte nicht lange. Allein wäre Arrow vermutlich schneller dort gewesen, doch es hätte ihr nichts genützt, denn nur Socks kannte den Weg und war darüber hinaus auch imstande, den Fíth-Fáth-Zauber von Hopes End zu nehmen. Aber selbst, wenn sie mit ihm voraus geflogen wäre, hätte es wohl wenig Sinn gehabt. Sie hätten sich und das Wilde Heer nur angekündigt und damit ihren Feinden Zeit zur Flucht verschafft. Das Vorhaben war effektiver, wenn sie es gemeinsam angingen.
Derweil fanden sich die Sonnwendkäfer allerorts zu Tausenden ein und es bedurfte keinerlei Bemühungen, sie auch nach Hopes End zu locken, denn je mehr sich der Nebel auflöste, desto weiter drangen sie in den vermeintlichen Wald vor.
Das Wilde Heer brauste durch das Unterholz und verschleppte ein Schattenwesen nach dem anderen auf das Schiff, wo sie durch eine Bodenluke geworfen worden. Schreie ertönten aus dem Rumpf, so schrill und unheilvoll, dass es einem das Blut in den Adern gefrieren ließ. Doch genauso schnell wie sie erklangen, verstummten sie auch wieder.
„Klingt, als führte diese Öffnung geradewegs in die Hölle“, sagte Neve ängstlich.
„Gut erkannt“, entgegnete Frau Gaude und brach in ein Gelächter aus, wie selbst Arrow es bei ihr noch nicht erlebt hatte.
Sie sprangen über die Reling und kletterten an dem Netz herunter, das in diesem Moment ausgeworfen wurde, um nach den Schatten zu fischen. Dann liefen sie in den Wald, der bei Licht noch weitaus furchterregender anmutete als im dunklen Nebel. Aus vielen der Wurzeln ragten die Körper lebloser Dryaden hervor. Arrow hatte sie schon bei ihrem ersten Besuch in Hopes End gesehen, doch dass es so viele waren, war ihr verborgen geblieben.
„Was ist hier geschehen?“, fragte sie entsetzt.
„Ich habe doch gesagt, dass der Baum böse ist“, entgegnete Socks wachsam. „Er versucht zu überleben, koste es, was es wolle.“
„Und woher kommen all diese Dryaden? Soviel ich weiß, wird ein Baum auch immer nur von einem Geist beseelt.“
„Das Tal der Stille war nicht immer das, was es heute ist“, warf Perchta ein. „Einst wuchsen dort dichte Wälder, die allen Reisenden stets freundlich gesinnt waren. Irgendwann jedoch folgten die Dryaden dem Ruf dieser Esche und jeder einzelne der dort ansässigen Bäume verendete auf eine qualvolle Art und Weise. Und wer diese Geschichte kennt, stellt sich auch nicht länger die Frage, warum dieser Ort in meinen Besitz übergegangen ist.“
„Dann hat dieser Baum den Dryaden das Leben entzogen um selbst am Leben zu bleiben?“, fragte Arrow. „Aber wie konnten sie den Weg nach Hopes End finden? Ich dachte der Fíth-Fáth-Zauber hätte das verhindert.“
„Das“, erwiderte Socks unheilvoll, „ist ein Geheimnis, welches bis zum heutigen Tage nicht gelüftet werden konnte.“
„Herrin“, sagte Frau Gaude atemlos, „wir haben sie gefunden. Aber es ist, wie die da es beschrieben hat“, erzählte sie weiter und deutete dabei auf Arrow. „Sie hocken alle nur auf ihrem Thron und verziehen keine Miene. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich behaupten, sie wären längst tot. Bisher konnten wir niemanden in diesem Wald antreffen, der bei klarem Verstand ist.“
„Lasst dennoch größte Vorsicht walten, wenn ihr sie in mein Reich bringt“, entgegnete Perchta. „Sie mögen willenlos sein, doch nach allem, was ich gesehen habe, ist es trotzdem möglich, sie zu steuern.“
„Ist Laris auch dabei?“, fragte Arrow aufgeregt.
„Bei den anderen ist er nicht gewesen. Vielleicht versteckt er sich. Ich werde meine Hunde auf ihn hetzen. Wenn er sich in Hopes End aufhält, werden sie ihn auch finden.“
Arrow erschauderte. Sie wurde das Gefühl nicht los, etwas übersehen zu haben, und gleichzeitig sagte es ihr auch, dass Laris woanders
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