Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
war. Alles an diesem Ort sah nach einem Ablenkungsmanöver aus. Könige, die sich nicht zur Wehr setzten oder versteckten, und Schatten, die beinahe schon übertrieben auffällig nach Hopes End flüchteten.
Plötzlich schreckte sie auf. Aus dem Augenwinkel erkannte sie, wie sich etwas durch das Unterholz hangelte. Schatten konnten es nicht sein, denn diese Gestalten bewegten sich alles andere als fliehend fort. Doch was war es dann? Vielleicht doch Laris, der versuchte, zu fliehen? Oder aber Jäger des Wilden Heeres?
Unerwartet ließen sich die Gestalten direkt über Frau Perchta fallen und noch bevor Arrow eine Warnung ausrufen konnte, schwang sie ihr Zepter und schleuderte die Unbekannten gegen die Wurzeln. Ohne zu zögern stürzte sich ein halbes Dutzend Perchten auf die in schwarze Umhänge gehüllten Fremden. Sie zwangen sie, vor ihrer Herrscherin auf die Knie zu fallen und rissen ihnen anschließend die Kapuzen von den Köpfen.
„Row“, sagte Arrow entsetzt und bemerkte nur am Rande, dass es sich bei den anderen Männern um Torras Brüder handelte. Sie schaute dem Elfen in seine hasserfüllten Augen und versuchte, in ihnen etwas von dem Mann zu finden, den sie einst ihren Freund genannt hatte. Doch da war nichts mehr von alledem, nur noch Zorn und Verachtung. Und obwohl sie schon lange wusste, dass er die Seiten gewechselt hatte, vermochte das die Erschütterung über diesen Verrat nicht zu schmälern.
Unvermittelt sprang Row auf und versuchte Perchta anzugreifen, doch sie verstand es gekonnt, ihm auszuweichen. Und obwohl es nun an ihr gelegen hätte, den Perchten zu befehlen, ihn fortzuschaffen, ließ sie Dewayne, der sich ungehalten auf ihn stürzte, gewähren. Er packte ihn am Kragen und drückte ihn zu Boden. Dann schlug er auf ihn ein.
„Du verfluchter Verräter!“, rief er. „Du bist wie ein Bruder für mich gewesen! Mein ganzes Vertrauen habe ich dir geschenkt und du hast nichts Besseres zu tun, als dich mit den Túatha Dé Danann zu verbünden?“
„Bruder?“, entgegnete er verächtlich, während ihm Blut aus dem Mundwinkel lief. „So einen wie dich könnte ich nie meinen Bruder nennen! Darüber hinaus ist der Verrat, den ich begangen habe, weit weniger abstoßend als der deiner Mutter an unserem Volk!“
„Was willst du damit sagen?“, fragte Dewayne entgeistert.
„Deine Mutter war die Königin unseres Volkes. Sie allein hatte das Privileg, uns einen Thronfolger zu schenken. Die Herzen jedes einzelnen Elfenmannes haben ihr zu Füßen gelegen. Und was tut sie? Verschwendet ihre Gunst an einen Nyriden.“
Row spuckte auf den Boden und versuchte, die Gewalt über Dewayne zu bekommen, doch es gelang ihm nicht, denn er prügelte dermaßen auf den Abtrünnigen ein, dass dieser nicht die geringste Chance hatte, ihm zu entkommen.
„Nein!“, rief Arrow und eilte zu ihrem Bruder. „Dewayne, warte!“ Sie versuchte ihn zu beruhigen, und hätte er in seiner Wut nicht die Kontrolle über sich verloren und ihr einen Hieb verpasst, hätte er die Sache beendet.
Row nutzte die Gelegenheit und schlug nach seinem Widersacher. Doch selbst, als dieser zu Boden ging, gelang es ihm nicht zu fliehen, denn mit einem Sprung waren die Perchten wieder an seiner Seite und nahmen ihn in die Mangel.
„Rassismus?“, fragte Arrow, während sie sich über das Kinn rieb und näher trat. „War das der Grund für das alles hier?“
Row lachte. „Ihr seht nur die Zerstörung, die hinter meinen Taten steht, aber nicht, was ich erschaffen habe. Ich habe uns unsere Könige zurückgegeben. Wahre Könige, deren Namen sogar noch über die Grenzen dieser Welt hinaus bekannt sind. Sie haben die Macht, uns wieder auf den richtigen Pfad zu führen. Etwas, das kein weinerliches, kleines Mädchen, über das eine lächerliche Prophezeiung verfasst wurde, und kein Mischling, der mehr Nyride als ein Elf ist, je vollbringen könnte.“
„Aber ich verstehe das alles nicht“, erwiderte sie. „Du hast doch immer überall geholfen. Dir konnte ich trauen. Du hast Stone wieder gesund gepflegt, wenn ich dich darum gebeten habe und du hast Roga in meiner Obhut gelassen. Warum das alles, wenn dein Hass so unsagbar groß ist?“
„Nun, ein Einhorn ist eine wunderbare Möglichkeit, Vertrauen zu gewinnen, findest du nicht auch?“, entgegnete er verächtlich. „Darüber bietet es genug Ablenkung, um in die Menschenwelt zu reisen und dort nach der verschollenen Zwillingsschnecke zu suchen. Und dein Kelpie?“, fügte er
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