Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
Jäger auf sie losgelassen habe und die Beute dann noch immer keinen schutzbringenden Unterschlupf aufsucht, gibt es auch für sie keinen Ausweg mehr. Wer gezeichnet ist, gehört mir.“
„Aber gemäß dem Fall, dass sich die Gefolgsleute der Túatha Dé Danann während der Raunächte in ein gesichertes Versteck zurückziehen und Eurem Heer nicht in die Hände fallen, wäre es dennoch von Vorteil für uns. Denn somit säßen sie an unserer Statt in der Falle.“
Frau Perchta nickte. „Das ist richtig. Allerdings müssen wir uns bis dahin noch ein wenig gedulden. Und selbst dann ist es lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein, denn die Jagd ist lediglich auf zwölf Nächte begrenzt.“
„Damals ist es aber nicht so gewesen“, erwiderte Arrow gefestigt. „Kurz, bevor ich mein Gedächtnis wiedererlangt habe, hat es eine Zeit gegeben, in dem Ihr Euer Heer jede Nacht ausgesandt habt.“
„Da lagen die Dinge auch noch anders“, entgegnete Perchta forsch. „Seinerzeit war uns auch ein Gefangener des Waldes entkommen, den es zurück auf seinen Platz zu verweisen galt. Die Regeln der Raunächte verlieren ihre Gültigkeit, sobald dies geschieht. Es ist eine Sache, einen Unseligen zu jagen, der noch nie einen Fuß in mein Reich gesetzt hat. Wenn es aber darum geht, jemanden wieder einzufangen, hat dies höchste Priorität vor allen anderen Dingen. Mein Wald verändert jene, die einst hierher verschleppt wurden. Sobald ich ihnen mein Mal einbrenne, ist ihr Geist offen für die Dämonen der Unterwelt. Und wenn ein solcher von ihnen Besitz ergriffen hat, sind sie imstande, weitaus grauenvollere Dinge mit einer sehr viel größeren Tragweite zu tun. In einem solchen Fall sind sie außerhalb meines Reiches kaum noch aufzuhalten. Deshalb ist es von größter Wichtigkeit, dass, wer einmal den Holunderwald betreten hat, ihn ausschließlich über den Weg in die Unterwelt wieder verlässt. Die Toten gehören nicht zu den Lebenden, und die Dämonen noch viel weniger. Lassen wir sie in jene Welt, die du als dein Zuhause kennst, wird sie im Chaos versinken. Und was das bedeutet, weißt du sehr viel besser als ich. Schließlich bist du schon einmal dort gewesen.“
„Wenn Ihr von dem Gefangenen des Waldes sprecht, der Euch damals entkommen ist, meint Ihr mich ... Oder zumindest einen Teil von mir. Und obwohl sich dieser Teil seither nie wieder von mir getrennt hat, habt Ihr doch irgendwann aufgehört, mich zu jagen. Dennoch darf ich Euren Wald betreten und wieder verlassen, wie es mir gefällt.“
„Du zählst aber auch nicht zu der Sorte der Verdammten, die dem Gesetz nach in dieses Reich gehören“, schaltete Frau Gaude sich belehrend ein. „Dein Volk verweilt aus ganz anderen Gründen hier als die Mörder, Bestien oder Gepeinigten, mit denen wir es für gewöhnlich zu tun haben. Von deinen Leuten geht längst nicht dieselbe Gefahr aus. Und genau aus diesem Grund isolieren wir sie auch vor dem Rest der Geister und Kreaturen, die hier ihr Unwesen treiben. Oder was dachtest du, warum die Hexen sie ununterbrochen um den Baum herum scheuchen? Es ist eine Notwendigkeit, die mehr ihrem Schutz als ihrer Bestrafung dient. Als wir irgendwann erkannten, dass du das fehlende Stück unseres Waldes bist und ein Perseide über dich wacht, war die Jagd außerhalb der Raunächte nicht länger vonnöten. Einen einzelnen Nyridengeist in die Obhut seines Perseiden abzugeben ist nicht annähernd so bedrohlich wie ein richtiger Verdammter, der uns durch die Lappen geht.“
„Sind denn alle Geister hier von der Gefahr betroffen, von einem Dämon besessen zu werden?“, fragte Arrow beinahe resignierend.
„Die einen mehr, die anderen weniger“, antwortete Perchta. „Mit Sicherheit können wir nur sagen, dass von ihnen allen dieses Risiko ausgeht. Fast könnte man es mit einer Krankheit vergleichen, denn vor allem jene, deren Herz rein ist und die einen Rest frohen Mutes besitzen, haben eine Chance einem Dämon zu widerstehen. Das Schicksal aller anderen hingegen könnte verheerende Auswirkungen haben.“
Mutlos ließ Arrow ihre Schultern sinken. Hatte sie einen Augenblick zuvor noch gehofft, einen Ausweg aus der Situation gefunden zu haben, sich ständig verstecken zu müssen,, musste sie nun akzeptieren, dass dies keineswegs so einfach war, wie sie es sich vorstellte.
„Wenn nun alle deine Fragen beantwortet sind, möchte ich dich bitten, Platz zu nehmen“, sagte Frau Perchta und deutete auf einen Stuhl an dem Tisch, an dem auch
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