Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
öffnete die Kleine ihre Augen, die inzwischen wieder weder schwarz noch blutunterlaufen waren und als sie mit klarer und normaler Stimme fragte: „Was ist geschehen?“, fiel Arrow ein Stein vom Herzen. Gerade wollte sie Emily erleichtert in die Arme schließen, als Anne sie plötzlich zurückhielt.
„Warte!“, sagte die alte Frau mit schroffer Stimme. „Holt die Wölfe!“
Nur wenig später kamen drei Schneewölfe herbeigelaufen. Fenrir war allerdings nicht unter ihnen. Ein überaus ungewöhnlicher Umstand, schließlich war er der Leitwolf des Rudels und sollte während Emilys Anwesenheit ein Auge auf sie haben.
Die Tiere beäugten Emily kritisch und je näher sie sich an die Kleine heranwagten, desto ängstlichere Blicke sandte sie nach Arrow aus.
„Was soll das?“, fragte Arrow, die von Anne festen Griffes zurück gehalten wurde, verzweifelt.
„Die Wölfe werden sehen, ob es vorbei ist. Auf unsere bloßen Augen ist diesbezüglich kein Verlass.“
Nur einen Moment später entspannten sich die Tiere und gingen leichten Schrittes davon.
„Wie ist das möglich?“, flüsterte Dewayne ehrfürchtig.
„Entweder liegt es an dem Wasser“, entgegnete Anne argwöhnisch, „oder in diesem Kind steckt weit mehr, als es uns unser Wissen glauben macht.“
Als Arrow in ihr Schlafgemach zurückkehrte, wäre sie am liebsten weinend zu Boden gesunken, doch ein Blick in die Augen ihres Kindes gab ihr die Kraft, stark zu bleiben.
Liebevoll nahm sie Tyron in ihre Arme und legte sich mit ihm zusammen ins Bett. Eigentlich hatte sie bei Emily bleiben wollen. Das Mädchen war vollkommen verängstigt und Arrow hatte darauf bestanden, sie in diesem Moment nicht allein zu lassen. Allerdings stand ihr Wort gegen das von Keylam, der ihr sehr bestimmt und zugleich liebevoll ins Gedächtnis gerufen hatte, dass nur wenige Schritte entfernt ihr eigenes Kind auf sie wartete, das in den letzten Tagen viel zu oft auf sie hatte verzichten müssen. Außerdem war sie erschöpft und musste nun dringend ihre Kräfte für den Empfang sammeln.
Unterdessen hatte er sich angeboten, ein Auge auf Emily zu haben und dafür zu sorgen, dass ihn jemand ablöste, falls etwas dazwischen käme. Bei diesem Angebot fiel Arrow ein Stein vom Herzen. Was ihr jedoch große Sorgen bereitete, war die Ungewissheit über Fenrirs Verbleib, denn eigentlich hatte er Emily bewachen und im Falle einer Gefahr Alarm geben sollen. Doch der Leitwolf war seither nicht wieder gesehen worden. Emily schloss nicht aus, ihm vielleicht etwas angetan zu haben, erinnerte sich jedoch nicht mehr daran, was während ihres Befalls geschehen war. Neve und Dewayne hatten sich sogleich auf die Suche nach ihm gemacht und Arrow betete, dass sie ihn lebend fänden. Zum einen lag ihr dieses Tier am Herzen. Zum anderen wusste sie nicht, wie sie den Eiselfen erklären sollte, dass sie selbst eine Gefahr an ihren heiligsten Ort gebracht hatte, die für den Tod ihres ranghöchsten Schneewolfes verantwortlich war.
Die Abaläe
Wenige Stunden bevor der Empfang beginnen sollte, ging im Schloss alles drunter und drüber. Viele der Nyriden waren inzwischen abgereist und einige wenige standen kurz davor. Für Arrow war alles ein Desaster. Zwar versuchte sie, sich darüber nicht weiter den Kopf zu zerbrechen, doch es fiel ihr schwer, die Gedanken ganz von sich zu schieben.
„Wie geht es dir?“, fragte Keylam besorgt.
„Unverändert. Doch es nützt ja leider nichts. Was geschehen wird, wird geschehen.“
„Vielleicht hättest du ihnen doch noch einmal ins Gewissen reden sollen.“
Arrow schlug die Augen nieder. „Vielleicht hätte ich das, doch nach all den Ereignissen fehlt mir einfach die Kraft dafür.“
Sanft schloss Keylam sie in seine Arme und gab ihr einen zärtlichen Kuss auf die Stirn.
„Was immer auch geschehen wird“, flüsterte er liebevoll, „ich werde dich nicht im Stich lassen.“
Arrow lächelte und schlang ihre Arme, so fest sie konnte, um seinen Körper.
„Wir haben ihn gefunden“, rief Neve atemlos, als sie zur Tür hereinstürmte. „Fenrir. Er ist zwar verletzt, wird aber durchkommen.“
Arrow fiel ein Stein vom Herzen. „Weiß Emily schon davon?“, fragte sie aufgeregt.
Die Elfe nickte. „Sie war es, die ihn gefunden hat.“
„Und wer ist jetzt bei ihr?“,
„Keine Ahnung. Soviel ich weiß, wäre Keylam jetzt an der Reihe gewesen.“
Erschrocken musterte Arrow ihren Mann.
„Das hatte ich vollkommen vergessen“, entgegnete er
Weitere Kostenlose Bücher