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Sommerzeit

Titel: Sommerzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Jungstedt
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ist verheiratet und wohnt in Kyllaj.«

    »Das ganze Jahr? Ich dachte, da gibt es nur Sommerhäuser.«
    »Nein, die wohnen immer da, aber ich glaube, da sind sie fast die Einzigen. Vielleicht gibt es außer ihnen noch eine Familie.«
    Karin war nur einmal in ihrem Leben in Kyllaj gewesen, auf einem Sommerfest, sie war um die dreizehn gewesen und hatte unten am Strand den ersten Kuss ihres Lebens bekommen. Es war eine schöne Erinnerung, und der kleine Ort am Meer hatte einen besonderen Platz in ihrem Herzen.
    Sie verdrängte diesen Gedanken.
    »Kommt sie auch her?«
    »Nein, sie ist schwanger, und schon ziemlich weit, wenn ich das richtig verstanden habe. Sie hat gebeten, telefonisch vernommen zu werden, aber ich habe erklärt, dass das nicht geht, dass wir persönlich mit ihr sprechen müssen. Offenbar ist sie nicht sehr beweglich, sie hat etwas von Beckeninstabilität gesagt.«
    »Wenn sie hochschwanger ist, dürfte sie für die Ermittlung ja wohl kaum interessant sein, aber natürlich kann sie etwas gesehen haben. Ich fahre gern nach Kyllaj, da war ich zuletzt mit dreizehn, aber heute schaffe ich das nicht mehr. Frag sie, ob ihr irgendetwas aufgefallen ist, dann geben wir uns so lange damit zufrieden. Was hatte sie übrigens um vier Uhr morgens auf der Fähre nach Fårö zu suchen?«
    »Sie sagt, dass sie jetzt nachts nicht schlafen kann, wo sie schwanger ist und die Nächte so heiß sind, und deshalb fährt sie herum und guckt sich die Dörfer an, wenn noch kein Verkehr ist. Sie wohnt noch nicht so lange hier. Und im Moment ist es doch fast rund um die Uhr hell.«

    »Klingt ein bisschen komisch, aber angeblich kommen Schwangere ja auf die unmöglichsten Ideen. Wie sieht es mit dem dritten Wagen aus, dem mit dem Pferdetransporter?«
    »Der gehört einem Bauern auf Fårö. Sein Sohn war auf dem Festland, hat das Pferd gekauft und dann die Nachtfähre aus Nynäshamn genommen. Die Familie betreibt diesen Hof schon seit vielen Jahren.«
    »Ach, verdammt.« Karin drehte sich mit ihrem Stuhl um sich selbst. »Ich hatte auf die Fährgäste gehofft. Aber das wäre sicher zu einfach gewesen. Wie oft begegnen wir schon Leuten mit so viel Beobachtungsvermögen und so gutem Gedächtnis wie diesem Fährmann?«
    »Aber wir brauchen diese Spur noch nicht ganz abzuschreiben. Wir haben die Fährgäste ja noch nicht vernommen.«
    »Stimmt, aber das Wahrscheinlichste ist doch eigentlich, dass sich Peter Bovides Mörder am Mordmorgen bereits auf Fårö aufhielt, ich meine, dass er nachts dort geschlafen hatte. Es ist ja auch nicht ausgeschlossen, dass er noch immer auf der Insel ist. Überprüf die Fähren also noch ein paar Tage lang.«

    K arin hatte soeben ein Gespräch mit dem Dezernat für Wirtschaftsdelikte beendet und darum gebeten, einen Blick auf Peter Bovides Firma werfen zu dürfen, als sie auf dem Gang Stimmen hörte. Die Kollegen von der Zentralen Kriminalpolizei waren eingetroffen. Ihr wurde warm ums Herz, als sie Martin Kihlgårds dröhnende Stimme ausmachte, die sich mit Lachen und fröhlichen Rufen mischte. Allein sein Anblick entlockte einem schon ein Lächeln. Martin Kihlgård war fast eins neunzig groß und wog einiges über zwei Zentner. Seine Haare waren ungekämmt und standen auf seltsame Weise nach allen Seiten ab. Seine Augen waren kugelrund und schienen ihr Gegenüber immer aufmerksam anzustarren.
    »Hallo, Karin«, rief er herzlich, als er seine um einiges kleinere Kollegin entdeckte. Dreißig Zentimeter kleiner und mit einem Gewicht, das nur die Hälfte von Martin Kihlgårds ausmachte, schien sie in seiner Umarmung zu ertrinken.
    »Hallo, wie schön, dass du hier bist!«
    Karin erwiderte die Bärenumarmung so gut sie konnte. Hinter dem hochgewachsenen Kommissar sah sie mehrere Kollegen aus Stockholm.

    Die gesamte Ermittlungsleitung versammelte sich umgehend im Besprechungsraum. Ein Tablett mit Kaffee und Erfrischungsgetränken wurde zusammen mit einer Obstschüssel gebracht. Karin hatte um frischere Snacks für die Besprechungen gebeten als die Zimtbrötchen und Heißwecken, die es sonst gab. Belustigt registrierte sie Martin Kihlgårds enttäuschte Miene.
    »Ich habe gehört, dass Knutte Urlaub macht«, sagte Kihlgård, als sie Platz nahmen.
    »Ja«, antwortete Karin. »Er ist mit seiner Familie in Dänemark. Seine Frau kommt ja von dort.«
    »Line, ja. Wahnsinnig sympathische Frau. Was für ein Sinn für Humor. Die sind witzig, diese Dänen.«
    »Genau.«
    Karin verspürte einen Hauch von Verärgerung.

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