Sommerzeit
wollte. Man muss doch ein bisschen Dankbarkeit zeigen. Ich weiß, dass er im Notfall auch bei anderen hier auf dem Platz eingesprungen ist. Er konnte fast alles reparieren.«
»Wie heißt seine Firma?«
»Slite Bygg.«
»Wie war Peter als Mensch?«
»Sympathischer Typ, absolut, aber er hatte ein bisschen komische Angewohnheiten.«
»Zum Beispiel?«
»Dass er jeden Morgen durch die Gegend gerannt ist, zum Beispiel. Und dann noch so verdammt früh. Ich hab ihn manchmal gesehen, wenn ich besonders früh hier sein musste, weil Brot geliefert wurde oder so. Man konnte ihn schon vor sechs angeschlurft kommen sehen.«
Johan war so begeistert über all die Informationen, die sein Gegenüber so bereitwillig preisgab, dass er fast vergaß, dass er sich hier in einer Interviewsituation befand. Er riss sich zusammen und änderte seine Taktik.
»Wie hast du reagiert, als du von dem Mord erfahren hast?«
»Man ist natürlich geschockt, weißt du. Dass hier überhaupt irgendwer ermordet werden kann. Und wenn man den sogar noch kennt. Und weiß, wie es passiert ist. Mit
mehreren Schüssen abgeknallt. Reine Gangstermethoden hier auf unserem kleinen Campingplatz.«
»Wie reagieren die anderen Gäste auf den Mord?«
»Die sind natürlich nervös. Ich musste seither die Rezeption nonstop geöffnet halten. Jede Menge Gäste war hier, um Fragen zu stellen.«
»Was waren das für Fragen?«
»Was passiert ist, wie es passiert ist, und ob sie den Mörder schon haben. Sie glauben, dass ich auf alles eine Antwort habe. Ich soll Informationszentrale, Ersatzpsychologe und Meisterdetektiv sein. Und ich weiß doch auch nicht sehr viel. Aber ich glaube jedenfalls nicht, dass es jemand war, der hier auf dem Campingplatz wohnt.«
»Warum denn nicht?«
»Wer sollte das denn sein? Hier wohnen ganz normale Menschen, die einfach in Ruhe Urlaub machen wollen. So einer läuft doch nicht mit einer Pistole durch die Gegend und knallt andere Leute ab? Du hörst doch selbst, wie unwahrscheinlich das klingt.«
In der Stimme des Mannes klang ein Flehen mit, und Johan nickte ihm aufmunternd zu, um ihn zum Weiterreden zu bewegen.
»Du musst dir aber doch so deine Gedanken gemacht haben. Ist hier in letzter Zeit irgendetwas vorgefallen, das mit dem Mord zu tun haben könnte?«
»Nein, nichts. Alles war genau wie immer. Das Wetter war ja nicht immer so toll, aber die meisten kamen mir zufrieden und gelassen vor, finde ich. Wir hatten keinen Ärger oder so was.«
»Keine Fremden, die sich auffällig verhalten haben?«
Mats Nilsson schüttelte traurig den Kopf. Johan hatte das Gefühl, dass ihm erst jetzt richtig aufging, was in
nächster Nähe seines friedlichen Campingplatzes geschehen war.
»Hattet ihr seit dem Mord viele Stornierungen?«
»Ziemlich viele sind sofort verschwunden, nachdem sie gehört hatten, was geschehen war, und zwanzig bis dreißig Leute haben seither angerufen und abbestellt. Aber viele sind auch geblieben, vor allem unsere Stammgäste. Wir haben sicher zu achtzig Prozent Stammgäste, weißt du, viele kommen jedes Jahr wieder her – die meisten sind Gotländer, und die kapieren, dass das hier ein einmaliges Geschehen war.«
»Wieso bist du dir da so sicher?«
»Das kann man natürlich nie genau wissen, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass hier auf Fårö ein Serienmörder herumrennt, der es ausgerechnet auf Campingurlauber abgesehen hat. Oder was meinst du?«
Johan ließ diese Frage in der Luft stehen.
A ls Karin von ihrem Besuch bei Vendela Bovide im Krankenhaus zurückkam, hatte Thomas Wittberg die Fahrgäste der ersten Fähre vom Vortrag bereits ausfindig gemacht.
Der Steuermann hatte sich so weit an die Autonummern erinnern können, dass die Fahrzeughalter zu ermitteln gewesen waren.
»Es war leichter, als ich geglaubt hatte, diese Leute zu finden«, sagte Thomas zufrieden zu Karin, als sie einander gegenüber in ihrem Arbeitszimmer saßen.
Er strich sich die blonde Mähne aus der Stirn und musterte seine Liste.
»Zuerst das junge Paar: Sie kommen aus Göteborg und machen seit einer Woche Ferien auf Fårö. Sie waren in Visby auf der Piste gewesen und fuhren jetzt zurück. Deshalb waren sie so früh unterwegs. Sie haben bei einer Bauernfamilie eine Hütte gemietet und kommen heute um ein Uhr zur Vernehmung her. Heute Nachmittag fahren sie mit der Fähre nach Hause.«
»Na, das wollen wir doch erst mal sehen – ob wir sie so einfach laufen lassen können.«
»Die Frau, die allein unterwegs war,
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