Sommerzeit
sich sofort.
»Bist du noch immer sauer?«
»Nein, überhaupt nicht. Ich weiß ja, dass ich Recht habe, und das wirst du auch begreifen, wenn du erst länger beim Job dabei ist«, neckte er sie.
»Klasse. Was willst du?«
»Weißt du, wann der nächste Kohlentransport in Slite erwartet wird? Peter Bovide wurde mit einer russischen Waffe ermordet, und diese Schiffe kommen aus Russland. Und sie verkaufen Fusel. Wir haben dazu noch nie was
gemacht. Vielleicht können wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und mehr über den Mord erfahren.«
»Weißt du, ob die Polizei diese Spur verfolgt? Ich hab darüber nichts gehört oder gelesen.«
»Ich auch nicht, aber ich bin sicher, dass sie das überprüfen, das müsste doch hochinteressant für sie sein.«
»Hast du mit Knutas gesprochen?«
»Nein, ich wollte ihn jetzt anrufen, aber weißt du vielleicht, wann das nächste Schiff kommt?«
»Keine Ahnung, aber das kann ich rausfinden. Ich kenne da jemanden bei der Hafenbehörde.«
»Das kann ich mir denken.«
Johan wollte durch den Botanischen Garten nach Hause gehen. Plötzlich fühlte er sich viel wohler in seiner Haut. Dann rief Pia zurück.
»Wir haben wirklich total Schwein. Diese Schiffe kommen nur zweimal im Monat, aber das nächste wird für morgen erwartet.«
»Super. Dann müssen wir nur noch Grenfors auf unsere Seite bringen.«
Er beendete das Gespräch mit Pia und rief Max Grenfors in Stockholm an. Der Redakteur biss sofort an.
»Gut gedacht. Wenn diese Transporte nichts mit dem Mord zu tun haben, lohnt es sich ja trotzdem. Darüber haben wir schließlich noch nie berichtet. Russische Kohlentransporte, illegaler Schnapshandel – das ist absolut spannend. Aber ihr macht das doch sicher undercover?«
Johan grinste vor sich hin. Grenfors liebte solche polizeilichen Ausdrücke. Am liebsten auf Englisch.
»Ja, wir nehmen eine kleine Kamera mit, die sich unter der Kleidung verstecken lässt. Ich glaube nicht, dass wir
viel erfahren werden, wenn wir mit einer großen Filmkamera auf der Schulter im Hafen aufkreuzen.«
»Gut, und dann hoffen wir natürlich, dass ihr etwas über den Mord herausbringt. Dass Peter Bovide da Schnaps gekauft hat, steht also fest?«
»Ja, wir haben das aus mehreren Quellen«, sagte Johan. »Eine Reportage müsste es also geben, damit kannst du rechnen.«
»Gut, dann viel Glück für morgen. Und seid vorsichtig.«
»Deine Fürsorge ist ja rührend.«
Freitag, 21. Juli
E inen größeren Teil der Nacht hatte Knutas wachgelegen und über die Ermittlung nachgedacht. Als es fünf schlug, gab er auf und verließ das Bett. Das Schwimmbad öffnete um halb sieben, und er hatte sich schon lange keine Bewegung mehr verschaffen können. Er kochte Kaffee und aß zwei Brote, dann weckte er Line. Das Solbergabad war nur zehn Minuten Fußweg von seinem Haus entfernt, es lag auf seinem Weg zur Arbeit. Im Wasser wurde er schwerelos und frei, seine Gedanken klärten sich, wenn er im selben monotonen Takt eine Bahn nach der anderen hinter sich brachte. Bis auf zwei ältere rundliche Damen mit Badehauben war er allein im Becken, und die Damen schwammen im Schneckentempo und redeten ununterbrochen, wie bei einem Kaffeeklatsch. Er entschied sich für die am weitesten von den beiden entfernt gelegene Bahn und hoffte, dass keine weiteren morgenmunteren Schnellschwimmer auftauchen würden. Während er das Wasser durchpflügte, ging er noch einmal den Fall durch.
Drei Tage waren vergangen, seit die estnischen Bauarbeiter auf der Wache von Visby verhört worden waren, aber die Festnahme hatte leider nicht zu dem von der Polizei
erhofften Durchbruch geführt. Die Vernehmungen hatten den Fall nicht weitergebracht. Alle drei hatten dieselbe Geschichte erzählt, die sich nur bei der Misshandlung unterschied. Da schoben sie sich gegenseitig die Schuld zu. Am Vortag waren sie unter Verdacht auf Schwarzarbeit in Untersuchungshaft genommen worden, dazu kamen die Misshandlung Vendela Bovides und Diebstahl und Freiheitsberaubung bei Anders Knutas. Ob sie auch in den Mord an Peter Bovide verwickelt waren, würde sich noch herausstellen. Sie mussten auf jeden Fall mit hohen Strafen rechnen.
Knutas’ Überzeugung, dass der Mord nicht mit der Schwarzarbeit zu tun hatte, wuchs weiter. Im tiefsten Herzen hatte er von Anfang an daran gezweifelt, dass es sich bei dem von der Polizei gejagten Mörder um einen der drei estnischen Bauarbeiter handeln könnten, vor allem nach seiner Begegnung mit ihnen draußen auf
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