Somnambul Eliza (German Edition)
nur da, in seiner erhabenen,
verführerischen Schönheit, und nahm sie mit seiner bloßen Anwesenheit gefangen,
wie ein Zauberer. Mit Elizas Konzentration war es vorbei und er schien sich
durchaus darüber zu amüsieren, dass er sie noch immer so sehr aus dem Konzept
zu bringen vermochte. Er schlenderte hinter der Gruppe her und immer, wenn
Eliza zu ihm hinübersah, schenkte er ihr dieses strahlende Lächeln, das sie so
sehr ablenkte. Als sie schließlich mit Schweißperlen auf der Stirn ihre Führung
beendete und sich die Gruppe mit Applaus bei ihr bedankte, hallte sein
Klatschen noch nach und er schloss sie in die Arme.
„Ich könnte mir das jeden Tag anhören“,
sagte er und küsste Elizas Nasenspitze.
Valeriu trug bereits einen seiner edlen,
schwarzen Slimane-Dior-Anzüge und Eliza wurde mit einem gewissen Schrecken
bewusst, dass sie noch keinen einzigen Gedanken an ihre Abendgarderobe
verschwendet hatte. Unten half er ihr in den Mantel und bot ihr dann Arm und
Schirm, wie sie es mittlerweile gewohnt war.
An der Straße wartete bereits die
Limousine und Wilbert stieg aus, um Valeriu den Schirm abzunehmen und die
beiden trockenen Fußes auf der Rückbank des Wagens Platz nehmen zu lassen. Fast
hätte sich Eliza auf das große cremefarbene Paket gesetzt, das mit einer
seidenen Schleife und zwei ineinander verschlungenen schwarzen Cs verziert war,
doch Valeriu hatte es an sich genommen und überreichte es ihr, als sie beide im
Warmen saßen.
„Es ist ein kleines Dankeschön dafür,
dass du mich nach einem harten Arbeitstag noch zu diesem Konzert begleitest.
Ich hoffe, es trifft deinen Geschmack“, sagte er, während sie ehrfürchtig über
das erhabene, lackschwarze Emblem strich.
Dann löste sie mit bebenden Fingern die
üppige Schleife und öffnete das Paket, das sich wie eine überdimensionale
Schmuckschatulle aufklappen ließ. Das erste, was sie sah, war schwarzweißes
Seidenpapier, das über und über mit dem berühmten Chanel-Schriftzug bedruckt
war. Sie schlug das raschelnde Papier zur Seite und zum Vorschein kam etwas Fluffiges , Tüllhaftes in einem
einzigartigen pudrigen Ton irgendwo zwischen Altrosa und dem Farbton errötender
Haut.
Es handelte sich um ein äußerst
romantisches und sehr aufwendiges Kleid mit kurzen Ärmeln mit einem weiten,
aufgesetzten Kragen. Doch das Außergewöhnlichste an diesem kleidgewordenen Kunstwerk war der innovative, skulpturale Umgang mit dem Medium Stoff. Die
weiche Seide war in feine gerüschte Kaskaden gelegt,
die dem Ganzen einen voluminösen, luftigen Charakter verliehen.
Eliza strahlte Valeriu an: „Es ist
einfach wunderschön. Ich liebe dieses Kleid! Ein Mann, der einer Frau das
perfekte Chanel-Kleid schenkt, ohne, dass sie es sich zuvor ausgesucht hat –
ich schätze, das ist der Märchentraum eines jeden Mädchens.“
Sie beugte sich zu ihm hinüber, um ihn
zu küssen und er legte seine Hand unter ihr Kinn, um ihr Gesicht zu sich
hinaufzuziehen. Dann schenkte er ihr wieder dieses atemberaubende Lächeln: „Es
freut mich, dass es dir gefällt. Hoffentlich habe ich auch die richtige Größe
gewählt.“
Dann hielt der Wagen in der
Mondscheingasse.
Eine
Stunde später trafen sie die Ionescus im Foyer des
Wiener Konzerthauses. Es war eine herzliche Begrüßung mit Umarmungen und
Küssen.
„Du siehst in diesem Kleid bezaubernd
aus – wie eine Elfe“, meinte Aurica.
Tatsächlich saß das Kleid perfekt,
als habe man Maß genommen und es extra für sie geschneidert. Aber auch die Ionescus hatten sich herausgeputzt. Laurin trug, wie Valeriu, einen schwarzen Anzug und Aurica hatte sich für ein
weitgeschnittenes, langes Tunikagewand mit
großem V-Ausschnitt und weiten Fledermausärmeln entschieden, das in seinen
gedeckten Gold- und Schwarztönen ein wenig orientalisch anmutete und ihren
exotischen, ätherischen Typ wunderbar unterstrich.
Eliza begutachtete die übrigen
Konzertbesucher und wie sie es vermutet hatte, war der Alters- und
Vermögensdurchschnitt recht hoch anzusiedeln. Allerdings entdeckte sie auch
einige überraschend junge Gesichter, die wiederrum in drei Gruppen einzuteilen
waren.
Da waren zum einen die, die zwar an
Jahren jung waren, aber sich rein optisch in Kleidung und Habitus von den
Eltern und Großeltern, die sie begleiteten, kaum mehr unterschieden, dann die
Musikstudenten, für die solche Veranstaltungen zum Pflichtprogramm gehörten und
schließlich einige, die in keine der beiden Kategorien passten und
Weitere Kostenlose Bücher