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Somnambul Eliza (German Edition)

Somnambul Eliza (German Edition)

Titel: Somnambul Eliza (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Nailik
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mündet, ist wohl auf
sein spirituell verankertes Weltbild zurückzuführen. Schiele ist überzeugt
davon, dass der Tod nicht endgültig, alles Leben in einem unendlichen Kreislauf
begriffen ist. Diesen ganzen Kreislauf des Werdens und Vergehens vollzieht
Schiele in seiner Vision vom Selbstseher nach. Mit dem spirituellen
Blick nach Innen ist also für Schiele auch ein erhellender Blick nach Außen
verbunden. Die Erkenntnis über die eigenen Seinszustände ,
die Manifestation des doppelgängerhaften Astralleibes, bringt auch eine tiefere Erkenntnis der Welt mit sich. In sich
selbst erblickt Schiele, was die Welt im Innersten zusammenhält . Dieses
große Erkennen der Welt stattet Schiele schließlich mit der Kraft aus, sich als
Seher- und Priesterkünstler über die Unwissenden zu erheben. In äußerst
reduzierter, komprimierter Weise entwirft Schiele mit dem Selbstseher ein fast hermetisch zu nennendes Szenario mythischer Vorstellungen menschlicher
Seelenzustände und der großen Menschheitsfrage nach Leben und Tod. Unter
Verzicht auf alles Unnötige wie Raumangabe, markante Symbolwerte, Farbkontraste
und eruptive Körperäußerungen erscheint der Selbstseher regelrecht wie
ein Konzentrat all jener Werke Schieles, die die Themenkomplexe
Selbstdarstellung, Mystik und Tod verhandeln.“
    Noch immer waren Valerius herrliche,
wissbegierige Augen auf Eliza gerichtet und in seinem Blick lag eine
eigenartige Mischung aus Trauer, Bewunderung und Glück. Ihre Worte schienen bei
ihm nachzuhallen.
    Dann allmählich befreite er sich aus
seinem entrückten Zustand und ein schlichtes, aber wahrhaftiges „Danke“ drang
über seine Lippen.
    Doch schon im nächsten Augenblick war
der Schmerz gänzlich aus seinem vollkommenen Antlitz vertrieben und das jungenhafte
Lächeln umspielte erneut seine Mundwinkel.
    „Kommen Sie. Genug Kunst für heute.
Erlauben Sie mir, Sie als Dankeschön für Ihre brillanten und mehr als
erhellenden Darlegungen, zum Essen einzuladen.“
    Zu ihrer eigenen Überraschung willigte
Eliza umgehend ein. Sie spürte, dass sie tatsächlich Hunger bekommen hatte und
das flaue Gefühl der Aufregung abgeebbt war.
    Als sie nach draußen kamen, hatte es zu
regnen begonnen und Valeriu spannte einen großen schwarzen Regenschirm über
ihnen auf, auf dessen Rand unauffällig das Logo von Louis Vuitton prangte, was
Eliza aber natürlich umgehend registrierte. Wie ein Gentleman alter Schule bot
er ihr seinen Arm und sie hakte sich unter. Dann traten sie durch den
Haupteingang auf den Museumsplatz. Mit seiner wohlklingenden Stimme sagte er:
„Mein Wagen wartet dort drüben“, und deutete auf eine futuristische schwarze
Limousine, die im gleichen Moment aufblendete.
    Erst als sie näher kamen, fiel Eliza
auf, dass der Wagen nicht wegen der Funkentriegelung aufgeblendet hatte,
sondern, dass es einen echten Chauffeur gab, der nun ausstieg und durch den
strömenden Regen gelaufen kam, um ihnen die hinteren Türen zu öffnen. Es
handelte sich um einen schlanken, großgewachsenen, älteren Herrn mit weißen
Haaren und irgendwie aristokratischen Zügen.
    „Mein Name ist Wilbert. Ich freue mich
sehr, Sie kennenzulernen“, sagte er mit deutlichem britischem Akzent.
    Eliza erwiderte die freundliche
Begrüßung und fühlte sich in seiner Gegenwart umgehend wohl. Dann nahmen sie im
Wagen Platz und Eliza staunte über die luxuriöse Innenausstattung mit den
überbreiten Ledersitzen, dem Tischchen dazwischen und den zahlreichen
technischen Features. Valeriu hatte wohl ihren ungläubigen Blick bemerkt, denn
er beeilte sich zu erklären: „Ich bin geschäftlich viel unterwegs. Ich bin
Unternehmer und in der Immobilienbranche tätig. Das Auto ersetzt mir häufig
mein Büro und Wilbert ist mehr als mein Fahrer, er ist so zu sagen meine rechte
Hand.“
    „Ich verstehe“, war alles, was Eliza in
diesem Moment hervorbringen konnte. In ihrem Kopf überschlugen sich die
Gedanken. An was für einen Mann war sie da nur geraten? Valeriu war nicht nur
ausgesprochen gutaussehend und äußerst kunstinteressiert, sondern noch dazu ein
offenbar superreicher südosteuropäischer Unternehmer. Wie sollte sie den Abend
an seiner Seite bestehen und was war der Grund für sein Interesse an ihr? Doch
jäh riss er sie aus ihren Überlegungen: „Kennen Sie den Weißen
Rauchfangkehrer in der Weihburggasse?“
     Als sie verneinte, fügte er hinzu:
„Das ist ein hinreißendes Traditionsrestaurant, in dem man sich wunderbar
ungestört unterhalten kann.

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