Somnambul Eliza (German Edition)
über ihre
Verunsicherung.
„Keine Angst. Es ist kein
Verlobungsring. Nun mach es schon auf“, lachte er.
Also pellte sie die Schachtel aus ihrer
puristisch-eleganten Verpackung. Schon das Emblem mit dem abgerundeten weißen
Stern in einem Kreis auf dem Deckel der schwarzen Kunstlederschatulle gab ihr
einen Hinweis auf ihren kostspieligen Inhalt. Sie klappte den federnden Deckel
nach hinten und in fließend schwarzem Satin lag dort ein hochglänzender
schwarzer Montblanc-Kugelschreiber mit einem blitzenden saphirblauen Edelstein
am Clip.
„Der ist wunderschön“, brachte sie
staunend hervor. „Das kann ich unmöglich annehmen.“
„Natürlich kannst du es annehmen. Du
schreibst gerade deine Doktorarbeit. Das heißt, du verbringst mehr Zeit mit Lesen
und Schreiben als die meisten anderen Menschen. Da braucht man vernünftiges
Handwerkszeug“, meinte Valeriu noch immer mit diesem bezaubernden Lächeln auf
den Lippen.
„Das ist unheimlich lieb von dir. Aber
du kannst mir doch nicht einfach ein so teures Geschenk machen. Dafür gibt es
keinen Grund.“
„Eliza, lass dir gesagt sein, dass ich
Spaß daran habe, dich zu beschenken und dass du mich beleidigst, wenn du noch
länger über dieses kleine Präsent diskutierst“, erklärte Valeriu und der
resolute Ton in seiner Stimme ließ keinen Widerspruch zu.
Eliza nickte.
„Danke. Das ist ein wunderbares und sehr
persönliches Geschenk. Ich denke, ich werde sehr viel Zeit mit diesem
Schätzchen verbringen“, sagte sie und bedankte sich mit einem Kuss. Dann wandte
sie sich wieder dem Stift zu.
„Er liegt fantastisch in der Hand. Wie
ein Handschmeichler. Er ist perfekt, wie für mich gemacht“, freute sie
sich.
„Ich wollte dir zuerst ein klassisches Meisterstück
kaufen, aber dann sah ich dieses Modell und dachte, der würde viel besser zu
dir passen. Er heißt Bohéme . Ich fürchtete, du
könntest die klassischen goldenen Elemente kitschig finden, also wählte ich die
platinierten. Aber an dem Schmuckstein konnte ich einfach nicht vorbei. Er hat
die Farbe deiner Augen“, erklärte er und sah ihr dabei tief in selbige.
„Ich glaube, es ist nicht der Stift, der
perfekt ist. Du bist es. Du kaufst das perfekte Geschenk aus dem perfekten
Grund und du wählst die perfekten Worte. Das ist fast ein bisschen unheimlich.“
„Nein, Eliza. Ich bin alles andere als
perfekt, glaube mir. Ich versuche nur, meine ganz und gar nicht perfekten
Eigenschaften auszugleichen“, erwiderte er und seine Stimme klang dabei
plötzlich sehr ernst.
„Und die wären? Außer mit deinem
merkwürdigen Fluchtverhalten gestern Abend habe ich noch mit keiner von ihnen
Bekanntschaft gemacht. Möchtest du mir jetzt erzählen, was mit dir los war? Du
hast mich nicht verärgert. Ich habe mir bloß Sorgen um dich gemacht.“
Valeriu schien einen Augenblick zu
überlegen, wie er seine Antwort formulieren sollte. Dann entgegnete er: „Ich
fürchte, ich bin ein ziemlicher Neurotiker. Ich habe viel Zeit allein
verbracht, da entwickelt man Neurosen, die man hegt und pflegt und denen man
zusieht, wie sie wachsen und gedeihen. Ich fürchte, es ist nicht gerade
einfach, mit mir zusammen zu sein.“
Seine Worte wurden von einem
entzückenden, entschuldigenden Lächeln begleitet.
Eliza war ein wenig irritiert.
„Gestern Abend hat das irgendwie viel
dramatischer geklungen. So geheimnisvoll und bedrohlich. Du hast gesagt, du
seist gefährlich für mich und das Unheimliche war, dass dir ein Teil von mir
glaubte. Dagegen klingt Neurose wirklich harmlos.“
„Ja, das klingt es“, bestätigte Valeriu
ausweichend und stand dann auf, um das Zimmer zu inspizieren. Offenbar war das
Thema damit für ihn erledigt.
„Wo ist eigentlich deine Katze?“ fragte
er unvermittelt und Eliza stutze.
„Ich kann mich gar nicht erinnern, dir
erzählt zu haben, dass ich mit einer Katze zusammenlebe“, antwortete sie
irritiert und schaute sich dabei etwas verstohlen nach unschönen Überbleibseln
wie verbrauchten Krallenhülsen und ausgewürgten Haarbüscheln auf dem Fußboden
um. Doch sie konnte kein verdächtiges Indiz finden.
Valeriu grinste selbstgefällig. „Aber
ich hatte Recht. Es gibt eine Katze.“
„Sie ist, ich meine, ich habe sie in der
Küche eingesperrt, ehe ich die Wohnungstür offen stehenließ.“
Es war Eliza unangenehm, zuzugeben, dass
sie Felis in der Küche vergessen hatte. Doch dann hatte sie sich wieder
gefangen. „Woher wusstest du das?“
„Ich habe schon, als wir
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