Somnambul Eliza (German Edition)
früh wach.“
Eliza runzelte die Stirn, doch Valeriu
sprach schon weiter. „Wirkt der Sud denn?“ wollte er wissen.
„Wie gesagt, es wirkt fantastisch gegen
die Gliederschmerzen. Richte deiner heilkundigen Freundin bitte meinen
allerherzlichsten Dank aus. Sie ist eine wirklich fähige Kräuterfee.“
„Sie wird sich freuen, das zu hören.“
Dann wechselte Valeriu das Thema: „Hast
du heute eigentlich schon etwas Vernünftiges gegessen?“
Eliza zählte das trockene Brötchen, den
geriebenen Apfel, die Salzstangen und das Petit Four auf. Valeriu schaute sie mit einer Mischung aus Mitleid und Tadel an: „So etwas
hatte ich mir schon gedacht. Hat dir Stephan keine Hühnerbrühe angeboten?
Wilbert hat sich so viel Mühe damit gemacht.“
Eliza grinste: „Doch, er hat sie mir
angeboten. Heute Morgen um acht. Da habe ich dankend abgelehnt.“ Dann fügte sie
etwas kleinlaut hinzu: „Und später – nun ja – den Weg in die Küche habe ich
einfach noch nicht geschafft.“
„Das kann ich mir gut vorstellen. So
eine Grippe ist eine ernste Sache und gewiss nicht nach einer Nacht
ausgestanden.“
Dann verschwand Valeriu in der Küche, um
wenig später mit einem dampfenden und duftenden Teller Suppe zurückzukehren.
„Du bist wirklich ein Schatz“, sagte
Eliza. „Aber ich kann doch wenigstens rüber kommen und sie am Tisch essen“, bot
sie an, denn sie sah es schon förmlich vor sich, wie höchstens die Hälfte der
Suppe in ihrem Mund und mindestens die andere Hälfte auf der Bettdecke landen
würde, wenn sie versuchte, diese im Bett zu löffeln.
Aber Valeriu schien ihre Gedanken
erraten zu haben.
„Du hast mir doch selbst erzählt, wie
sehr dich das Aufstehen noch anstrengt. Ich werde schon dafür sorgen, dass du
die gute Suppe nicht verkleckerst“, fügte er mit einem schalkhaften Grinsen
hinzu.
„Da bin ich aber mal gespannt“,
entgegnete Eliza und setzte sich im Bett auf, wobei sie nach hinten rückte, bis
sie im Rücken den Halt der Wand am Kopfende spürte.
Valeriu setzte sich neben sie auf den
Bettrand. Dann begann er, sie zu füttern. Eliza musste verunsichert lachen.
„Das ist mir irgendwie unangenehm. Ich
fühle mich so hilflos – wie ein kleines Kind.“
Sie versuchte, Valeriu den Löffel aus
der Hand zu nehmen, doch er ließ es nicht zu.
„Ich sehe nichts Kindliches an dir“, gab
er zurück. „Vielmehr hat es für mich etwas sehr Sinnliches an sich, dich auf
diese Weise im wahrsten Sinne des Wortes zu ernähren, wie es im Übrigen die
Aufgabe eines Mannes sein sollte.“
Eliza war erstaunt, etwas irritiert und ein
bisschen beeindruckt von der klassischen Weltsicht, die aus diesen Worten
sprach, doch sie erwiderte: „Ich bin es eben gewöhnt, mich um mich selbst zu
kümmern.“
Dennoch war sie gewillt, sich auf das
Experiment einzulassen. Zärtlich und gewissenhaft fütterte Valeriu sie Löffel
für Löffel, aber es war schwierig, dem Drang zu widerstehen, die eigenen Hände
zur Hilfe zu nehmen. Nachdem sie das dritte Mal dazwischen gelangt hatte, gab
Valeriu einen gespielt entnervten Ton von sich.
„Na schön, wenn du es nicht lassen
kannst, muss ich wohl zu anderen Methoden greifen“, sagte er mit einem fast
diabolischen Lächeln auf den Lippen.
Er stellte den Teller auf dem
Nachttisch ab und ging hinüber ins Wohnzimmer. Gleich darauf ertönten von
nebenan die ersten Klänge von Joe Cockers You Can Leave Your Hat On .
Valeriu kehrte mit dem gleichen
unwiderstehlichen Lächeln auf den Lippen zurück und nahm seinen seidigen grauen
Designer-Schal zur Hand, den er über der Stuhllehne abgelegt hatte. Dann nahm
er Elizas Hände und zog sie vorsichtig hinter ihren Rücken, wo er ihre
Handgelenke locker mit dem Schal zusammenband. Eliza protestierte ein bisschen,
doch auch das war nur gespielt, denn sie wusste, dass sie ihre Hände recht
leicht hätte befreien können. Allmählich wurde das Gefüttert-Werden tatsächlich
zu einer sinnlichen Erfahrung und Eliza hätte nie gedacht, dass Hühnerbrühe so
erotisch sein konnte. Als ein Tropfen an ihrem Kinn hinunter rann, fing Valeriu
ihn mit seinen samtigen Lippen auf und fuhr dann unendlich langsam mit seiner
Zungenspitze die Ränder ihrer Lippen nach. Eliza atmete scharf ein und sie
stöhnte leise auf. Valeriu küsste ihre Stirn, ihre Nasenspitze, ihre leicht
geöffneten Lippen. Dann wandte er sich wieder seiner eigentlichen Aufgabe zu
und es war, als hätte die banale Suppe ganz plötzlich ihre Bestimmung geändert.
Eliza
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