Somnambul Eliza (German Edition)
nicht von Wiedergeburt
gesprochen und ich bin überzeugt, dass du auch verstanden hast, dass ich etwas
anderes meinte“, entgegnete Eliza trotzig.
Valeriu überging ihren Einwand
geflissentlich und schaute stattdessen auf die Rolex, die er am Handgelenk
trug.
„Fest steht, dass es schon beinahe vier
Uhr ist und du längst im Bett liegen und deine Grippe auskurieren solltest“,
stellte er mit einer gewissen Strenge fest.
Eliza wollte sich eigentlich darüber
empören, wie er mit ihr umsprang, doch plötzlich konnte sie ein herzhaftes Gähnen
nicht mehr unterdrücken und sie spürte, dass es ihr mit einem Mal in der Tat
schwer fiel, die Augen offen zu halten.
Mit vor Müdigkeit träger Stimme fragte
sie: „Willst du nicht hier übernachten, wenn es schon so spät ist? Morgen ist
Wochenende.“ Dann fügte sie mit einem leicht gehässigen Grinsen hinzu:
„Keine Angst, man kann diese Couch in Sekundenschnelle zu einer recht bequemen
Schlafgelegenheit umbauen.“
„Nein, vielen Dank für das reizende
Angebot. Aber morgen ist erst Samstag und das bedeutet für mich leider noch
nicht Wochenende.“
Eliza machte ein zerknirschtes
Gesicht.
„Ich werde morgen Abend nach dir sehen,
Liebste. Und dann können wir deinem Befinden entsprechend entscheiden, ob wir
besser bei dir bleiben oder ob du dich gesund genug fühlst, um etwas zu
unternehmen.“
Seine Hand lag in ihrem Nacken und zog
sie ein wenig zu ihm heran, um sie zärtlich zu küssen. Dann ließ er sie wieder
einmal allein.
Am
nächsten Morgen erwachte Eliza erst gegen elf Uhr. Bereits gewohnheitsmäßig
warf sie einen Blick auf ihren Nachttisch, doch dort hatte sich seit gestern
Abend nichts verändert. Sie fühlte sich verkatert, obwohl sie nichts getrunken
hatte. Aber die Grippesymptome schienen endlich verschwunden zu sein.
Eliza zog ihren geliebten
Bademantel über, dann begab sie sich in die Küche, um Felis zu füttern und sich
endlich wieder einen anständigen Kaffee zu genehmigen.
Einer
Eingebung folgend, machte sie eine kleine Runde durch die Wohnung und öffnete
auch die Wohnungstür, während sie darauf wartete, dass die Kaffeemaschine ihre
Arbeit erledigte. Als hätte sie es geahnt, war ein Präsent auf der Schwelle
abgestellt worden. Es war wieder einer dieser riesigen, verschwenderischen
Blumensträuße mit einer Karte daran. Daneben lag eine Tüte mit frischen Brötchen.
Eliza nahm alles mit nach drinnen, legte die Blumen und die Backwaren auf dem
Küchentisch ab und wandte sich der Karte zu, auf der in der sauberen,
altmodischen Handschrift geschrieben stand:
Geliebte
Eliza,
ich
wünsche dir einen wunderbaren guten Morgen. Ich habe Wilbert beauftragt, deinen
Schlaf, um den ich dich in den letzten Nächten so viele Stunden sträflich
betrogen habe, nicht zu stören. Dein Lachen klingt mir noch immer wie eine
herrliche Melodie in den Ohren.
Ich
sehne mich nach dir, Valeriu.
Eliza lächelte selig und las die Zeilen
noch ein zweites und ein drittes Mal. Die gleichmäßig aneinandergefügten
Buchstaben verschwammen zu einem Linienmuster, dessen schwarze Konturen auf dem
weißen Untergrund ein harmonisches Ganzes formten. Eliza stellte sich vor, wie
Valerius elegante Hand über das Blatt schwebte und in flüssigen, geübten
Bewegungen mühelos die akkuraten Buchstabenketten bildete. Sie war selbst
überrascht, wie genau sie Valerius Hand vor Augen hatte; ihre marmorne Farbe,
die hellen Knöchel und die edlen, bläulichen Adern, die manchmal leicht darauf
hervortraten, seine langen schlanken Finger sowie die runden, fein glänzenden,
perfekt geformten Nägel mit den etwas zu weißen Kanten. Wäre sie künstlerisch
nur ein wenig begabter gewesen, hätte sie Valerius Hände ganz aus dem
Gedächtnis malen können.
Dann stellte Eliza die Stereoanlage an,
was ungewöhnlich für sie war, denn sie liebte am Morgen normalerweise nichts
mehr als ihre Ruhe. Im CD-Laufwerk befand sich noch eine Compilation mit Songs von David Bowie und als erstes wurde Loving the Alien gespielt. Believing the strangest things , loving the alien . Eliza musste
grinsen, schließlich hatte sie Valeriu nach ihrem ersten Treffen beschrieben,
indem sie ihn mit David Bowie verglichen hatte und gestern hatte er sie
gefragt, ob sie ihn für einen Außerirdischen halte. Eliza wippte mit einem Fuß
im Takt der Musik, während sie ihren Kaffee schlürfte. Dann beschloss sie, die
Brötchen mit jemandem zu teilen, der mehr für ein ordentliches Frühstück
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