Somnambul Eliza (German Edition)
schmeichelndem Rundhalsausschnitt, ebenfalls im 50er Jahre-Design.
Ihre Haare band sie stilecht zu einem üppigen, hoch angesetzten Pferdeschwanz.
Sie fütterte Felis in der weisen Voraussicht, dass es später werden könnte, was
die Katze durchaus zu schätzen wusste und schnurrend zur Kenntnis nahm. Dann
rief Eliza sich ein Taxi und stand kurz nach 16 Uhr vor dem Tor des
herrschaftlichen Anwesens im Cottage-Viertel. Das Tor ließ sich nicht von Hand
öffnen und sie musste klingeln. Erstaunt stellte sie fest, dass die Klingel in
Wahrheit ein aufwendiges Überwachungssystem mit Kamera war, denn auf einem
kleinen Bildschirm erschien das Gesicht Wilberts ,
während sie selbst von einem kleinen Kamera-Auge verfolgt wurde. Völlig
perplex, vergas sie, etwas in das Mikrophon zu sagen, doch von der anderen
Seite ertönte aus dem Lautsprecher bereits Wilberts freundliche Stimme: „Ah, Miss Hoffmann. Schön, dass Sie uns beehren.“
Im gleichen Moment öffnete sich das
eindrucksvolle Tor wie von Geisterhand und Eliza trat ein. Wilbert kam ihr
bereits auf halbem Wege vom Haus entgegen und nahm ihr die beiden, mit frischen
Blumen verzierten Päckchen ab. In der Einfahrt parkte der Porsche. Sie
schritten die prächtige Treppe empor und betraten die Eingangshalle. Wilbert
nahm ihr ihren Mantel ab.
„Ich wollte mich bei Ihnen und dem Baron
für die vielen Krankenbesuche und die aufopfernde Fürsorge bedanken“, sagte
Eliza und überreichte Wilbert das eine der Buchgeschenke. Der alte Herr hatte
regelrecht Tränen in den Augen.
„Oh, vielen herzlichen Dank! Das wäre
doch nicht nötig gewesen, Miss. Ich sagte Ihnen doch, dass es mir eine Freude
war, Ihnen zu Diensten zu sein und das habe ich auch so gemeint“, sagte er mit
einem eindeutigen Kloß im Hals.
„Das ist wirklich gern geschehen,
Wilbert. Ich hoffe, Sie haben Freude daran.“
Mit nahezu kindlicher Ungeduld entfernte
Wilbert die aufwendige Verpackung und ließ dabei seine sonst gewohnte, nur einem
echten englischen Butler eigene, Zurückhaltung vermissen. Er strahlte:
„Gärtnern und kochen sind meine großen Leidenschaften. Sie haben eine gute
Menschenkenntnis, Miss Hoffmann.“
Dann fing er Elizas suchenden Blick auf.
„Der Baron ist leider noch außer Haus“,
erklärte er entschuldigend. „Ich erwarte ihn in einer guten Stunde zurück“,
fügte er hinzu.
„Oh“, entgegnete Eliza etwas enttäuscht.
„Ich dachte, er sei zu Hause, weil der Porsche vor der Tür steht.“
Wilbert schaute ein wenig verlegen
drein, dann sagte er: „Sicherlich hat er sich wegen des milden Wetters für eine
letzte Fahrt mit dem Jaguar entschieden, ehe er über den Winter eingemottet
wird.“
Irritiert gab Eliza zurück: „Ich wusste
nicht, dass mehrere Wagen zur Auswahl stehen.“
Erst jetzt fiel ihr ein, dass Valeriu
bei ihrem letzten Besuch hier auf die Garagen hingewiesen hatte, doch da
hatte sie nur Augen für die Villa gehabt.
„Ja, der Wagen würde Ihnen sicherlich
gefallen. Eigentlich ist er sogar wie geschaffen für eine schöne, zierliche Frau,
wie Sie. Es handelt sich um einen offenen roten Jaguar E Roadster, Baujahr
1966.“
„Ist das nicht das Jerry-Cotton-Auto?“
fragte Eliza.
Wilbert schaute sie überrascht an, doch
er lächelte und bestätigte: „Genau so einer ist es. Allerdings ist es kein
Coupé sondern ein Cabrio. Obwohl ich dachte, Jerry Cotton wäre lange vor
Ihrer Zeit gewesen.“
Eliza musste grinsen: „Ja, manchmal
denke ich auch, ich bin ein bisschen aus der Zeit gefallen. Die Musik, die
Mode, die Autos waren früher einfach schöner.“
„Ja, da ist etwas dran, Miss“, nickte
Wilbert. „Aber der Baron wird sicherlich gern eine Spritztour mit Ihnen
unternehmen. Darf ich Ihnen in der Zwischenzeit einen Kaffee oder lieber einen
Erkältungstee anbieten?“
Eliza entschied sich dankend für den
Kaffee.
„Darf ich Ihnen in der Bibliothek, im
Kaminzimmer oder im Salon servieren, Miss?“
Eliza war ein bisschen überfordert, dass
sie sich hier so frei bewegen sollte und es fiel ihr schwer, Wilbert, den sie
bereits in ihr Herz geschlossen hatte, als Dienstboten anzusehen und sich von
dem alten Herrn bedienen zu lassen.
„Ich würde den Kaffee lieber in
der Bibliothek nehmen, wenn es Ihnen recht ist, Wilbert“, sagte sie.
„Sehr gern, Miss. Gehen Sie ruhig voraus
und fühlen Sie sich wie zu Hause.“
Wieder wanderte Eliza lange an den
Bücherschränken entlang, ehe sie sich für einen Band entscheiden konnte. Sie
verweilte
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