Somnambul Eliza (German Edition)
absolute
Selbstbestimmtheit des Menschen, an den freien Willen und nicht an die
Erfüllung irgendeines göttlichen Plans. Außerdem denke ich, dass es gewisse
Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, für die uns unvollkommenen menschlichen
Wesen schlicht die Sensoren fehlen.“
Sie unterbrach sich selbst: „Warum
siehst du mich so komisch an?“
Valeriu hatte während ihres letzten
Satzes die Stirn gerunzelt.
„Ich war bloß fasziniert von deinen
Worten. Du hast so viel Wahres gesagt und deine abwägende Haltung imponiert mir
sehr. Ich hatte dich eher für eine Verfechterin des Nicht sein kann, was
nicht sein darf -Prinzips gehalten“, erklärte er grinsend.
„Worauf beziehst du das?“ wollte sie
wissen.
„Nun, du interessiert und
begeisterst dich für phantastische Literatur und phantastische Malerei, aber du
betrachtest das alles ganz aus der Sicht der Wissenschaft, als theoretische Konstrukte und poetische Spielereien, die den Geist einer
Epoche, einer intellektuellen Strömung spiegeln.“
„Ja, so ist es doch auch“, stellte sie
ein wenig überrascht fest und fragte schmunzelnd: „Du willst doch nicht etwa
behaupten, dass du den Goldnen Topf als
Tatsachenbericht liest, oder?“
Er musste ebenfalls grinsen: „Nein, so
habe ich das nicht gemeint. Aber was, wenn mehr Wahrheiten in den Märchen und
Träumen liegen, als du denkst? Ich habe mich gefragt, ob du bereit wärest,
wahrlich Unerklärliches zu akzeptieren, wenn es dir widerführe.“
„Jetzt bin ich von dir
überrascht“, gab sie zurück. „Wenn du mir auch manchmal rätselhaft erscheinst
und diesen Anschein auch zu wahren gewillt bist, so hatte ich dich doch nicht
für einen Mystiker gehalten.“
Valeriu lächelte entspannt: „Das
bin ich auch nicht. Meine Fragen sind rein hypothetischer Natur.“
„Wenn das so ist, kann ich dir nur
sagen, dass ich rein hypothetisch nicht weiß, wie ich auf wahrhaft
Unerklärliches reagieren würde. Nur so viel: Ich glaube, ich würde immer zuerst
versuchen, eine logische Erklärung zu finden.“
Valeriu lachte: „Ja, das glaube ich
auch.“
Dann streckte er sich und wandte sich
Felis zu, die auf der Erde zu seinen Füßen saß und ihn mit vorwurfsvollen
Blicken bedachte.
„Ich glaube, sie schätzt es nicht
besonders, dass ich auf ihrem Platz sitze“, sagte er zu Eliza und in einer
anmutigen Bewegung bückte er sich zu der Katzendame hinunter und setzte sie
zwischen Eliza und sich auf die Couch. Die Rivalität war im selben Moment
vergessen und Felis begann behaglich zu schnurren, während sie sich ihr
Plätzchen suchte und sich schließlich so geschickt niederließ, dass ihr
Köpfchen an Valerius Knie ruhte, während ihre Vorderpfoten an Elizas
Oberschenkel Halt fanden. Eliza selbst lag noch immer in Valerius Arm und so
bildeten die drei eine harmonisch verschlungene Einheit.
„Es ist so gemütlich mit euch beiden“,
sagte Eliza und schmiegte sich noch enger an Valerius Brust.
Zur Antwort küsste er ihr Haar.
„Ich kann dir gar nicht sagen, wie
sehr ich deine Nähe genieße, den Klang deiner Stimme, den Duft deiner Haare und
die Wärme deiner Haut.“
Seine samtenen Lippen waren jetzt an
ihrem Ohrläppchen und wanderten noch etwas tiefer an ihrem Hals hinunter. Eliza
schloss die Augen und spürte bereits, wie sich die Hitze in ihrem Körper
ausbreitete, als er urplötzlich innehielt.
„Hast du dich wieder eines Besseren
besonnen?“ fragte sie etwas grob und befreite sich aus seiner Umarmung.
„Ja, das trifft es wohl ganz gut“, gab
er ebenfalls etwas kühl zurück. „Und du machst mir das verdammt schwer.“
„Oh, ich mache es dir schwer. Du setzt
Verführungskünste ein, als seist du bei Don Juan persönlich in die Lehre
gegangen, um mich dann am offenen Arm verhungern zu lassen. Ich habe diese
Dornenvögel-Romantik allmählich satt. Sag mir endlich, was dich zu dieser
Selbstkasteiung bewegt.“
Valerius schönes Gesicht nahm einen
äußerst betrübten Ausdruck an, sie sah zu, wie sich seine eleganten Hände fast
krampfartig ineinander verschränkten.
„Es tut mir leid, Eliza. Es war nicht
meine Absicht, dich ebenso zu quälen, wie ich mich selbst quäle. Nichts liegt
mir ferner, als dich beleidigen oder zurückweisen zu wollen. Ich kann die
Finger nicht von dir lassen, obwohl das wohl die einzige Möglichkeit wäre, dich
vor meiner schwarzen Seele zu schützen.“
„Vor deiner schwarzen Seele?“,
wiederholte Eliza tonlos. Dann wurde ihre Stimme milder: „Aber
Weitere Kostenlose Bücher