Somnambul Eliza (German Edition)
feierlich: „In meiner
Obhut bist du sicher, Eliza. Ich werde dich vor jeder Gefahr beschützen,
Liebste. Das verspreche ich dir“, und was bei fast jedem anderen Mann wie leere
Worte geklungen hätte, hatte bei Valeriu den Charakter eines ernsthaften
Schwures, den einzulösen er jederzeit bereit wäre und Eliza vertraute ihm.
Valeriu nahm wieder den Schwamm
zur Hand, tauchte ihn ins Wasser und presste ihn dann mit sanftem Druck auf
Elizas Schulterblättern aus. Das wiederholte er immer wieder, der Linie ihrer
Wirbelsäule folgend.
Das warme Wasser ergoss sich in kleinen
Sturzbächen auf ihrer Haut und rann dann in feinen Rinnsalen an ihrem Körper
hinab. Sie schloss die Augen und verfolgte im Geiste den Weg, den das Wasser
nahm, das aus immer neuen Quellen hervorzubrechen schien und es hatte etwas
Meditatives an sich, sich so sehr auf die wohltuend sanften Empfindungen zu
konzentrieren. Valeriu setzte die Behandlung geduldig so lange fort, bis sie
ganz ruhig geworden war und sich unter seinen heilenden Händen vollkommen
entspannt hatte.
Dann erhob er sich, nahm ein riesiges
weißes Handtuch vom Haken an der Tür und hielt es ihr so hin, dass ihr Körper
vor seinen Blicke verborgen war, während sie aufstand und sich sogleich in das
weiche Frottee hüllte. Dann ließ er sie erneut allein. Das Klima in dem kleinen
Badezimmer glich dem eines türkischen Dampfbades und die hohe Luftfeuchtigkeit
hatte den Spiegel mittlerweile völlig beschlagen lassen, so dass dieser nur
Elizas weichgezeichnete Silhouetten zeigte, während sie sich abtrocknete, und
unwillkürlich fühlte sie sich an Gerhard Richters verschwommenen Akt auf der
Treppe erinnert.
Sie nahm noch einen Schluck Wein und
spürte allmählich die wohlige Wärme und die sanfte Schwere, die sich in ihrem
Körper ausbreitete und die half, die schrecklichen Bilder von sich zu schieben.
Dann zog sie den champagnerfarbenen
seidenen Morgenmantel über, der noch immer an der Tür für sie bereit hing und
der glatte, kühle Stoff schmiegte sich um ihren erhitzten, noch etwas feuchten
Körper. Sorgfältig und behutsam blies sie die Kerzen aus, um nicht noch mehr
Wachs zu vergießen und verließ dann mit dem Weinglas und dem Pralinenschälchen
in der Hand das Badezimmer. Nebenan saß Valeriu in dem hübschen
Jugendstilsessel, der mit seinen schmalen, geschwungen hölzernen Armlehnen aber
sicherlich nicht der bequemste im Haus war, und wartete auf sie. Auf dem Bett
lag Felis und döste bereits friedlich. Eliza stellte Glas und Schale auf dem
Frisiertischchen ab und löste anschließend den Haarknoten, den sie aufgrund des
vernebelten Spiegels im Bad vergessen hatte.
Wenn an des Wüstlings Bett die bleiche
Frühe
Gemeinsam tritt mit nagend bittrer Not,
Dann scheint's, als ob nach rächendem Gebot
Im dumpfen Tier ein Engel neu erblühe.
Der
fernen Himmel unerreichbar Blau
Winkt ihm, auf dem noch Traum und Leiden wuchten,
Es öffnet sich und lockt wie tiefe Schluchten.
Und so, du göttlich reine, zarte Frau,
So flattert über toller Feste Trümmer
In ewiger Klarheit, rosig, licht und mild
Vor meinem weiten Blick dein leuchtend Bild.
Die Sonne löscht der Kerzen matt Geflimmer ,
So siegst auch du, – durch dumpfen Nebel bricht
Dein strahlend Herz: unsterblich Sonnenlicht!
Eliza hatte sich bäuchlings diagonal auf
das mit einem champagnerfarbenen Überwurf bedeckte Jugendstilbett gelegt und
stützte den Kopf in die Hände, um Valeriu genau betrachten zu können, während
er rezitierte. Seine wundervolle Stimme klang so sanft, klar und voll und
gleichzeitig so sinnlich, dass sie beim Zuhören Gänsehaut bekam.
Er saß lässig, mit überschlagenen Beinen
da. Seine dunkelblond gesträhnten Haare bildeten einen voluminösen
Zick-Zack-Mittelscheitel und fielen ihm ein wenig fransig ins Gesicht, wodurch
seine schönen, bunten Augen ein bisschen im Schatten lagen. Dennoch konnte
Eliza erkennen, dass sie die ganze Zeit auf sie gerichtet waren und sie genoss
seine Blicke, die niemals respektlos waren, sondern immer voll zärtlicher
Zuneigung.
Er sah so unverschämt gut aus und dabei
kein bisschen gekünstelt. Auch diese Rezitation kam ohne jegliches Pathos aus,
ohne Schwulst und Kitsch. Alles was er tat, und sei es eine noch so romantische
Geste, wirkte bei ihm stimmig und authentisch, dabei stilvollendet und
entwaffnend nonchalant. Als er geendet hatte, lächelte sie ihn an.
„Warum ausgerechnet Baudelaires Blumen
des Bösen ?“
„Weil du für mich die
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