Somnia Crudeles - grausame Traeume Vol I
Räume nicht ertragen. Der Gedanke daran, eingesperrt zu sein, war für ihn fast schlimmer als der Tod. Sofort erhob er sich vom Bett, obwohl sein Körper aufschrie, dass er besser liegen bleiben sollte.
Mit aller Kraft trat er mehrmals gegen die stählerne Tür. Er war froh, dass niemand sah, wie er anschließend entkräftet auf den Zellenboden niedersank.
Er betrachtete seinen nackten Oberkörper. Die Haut war von Blutergüssen übersät. Als er sich an den Rücken fasste, fühlte er an der Stelle, wo ihn Catos Stahlkette getroffen hatte, die Spur eines Fadens. Sie hatten seine Wunde zugenäht, während er bewusstlos war. Hätte Cato es gewollt, dann hätte er ihn weitaus schlimmer zurichten können. Aber Cato hatte ihn bloß bestrafen wollen. Diese Demütigung ärgerte Sejan.
Zugegeben war es Größenwahn, sich mit Cato anzulegen. Er hatte Sejan oft genug bewiesen, dass er gegen ihn keine Chance hatte. Sejan war ein König, Cato aber war ein Gott. Diesmal ging es jedoch nicht allein um Sejans Unterwerfung, sondern um sein Leben. Cato, der Verbrecher, machte mittlerweile gemeinsame Sache mit dem Senat, um seine Macht zu stärken. Und er würde ihnen geben, was sie haben wollten: den berüchtigten Bandenchef, den sie sonst nicht zu fassen kriegten.
Allmählich war Sejan wütend genug, um sich wieder zu erheben. Wie ein Irrer trat er mit den nackten Füßen auf die Stahltür ein. Fraglos war das schmerzhaft, aber er musste sich abreagieren. Der Lärm, den er dabei verursachte, hatte zudem den Effekt, dass man vor der Tür der Zelle auf ihn aufmerksam wurde.
Die schmale Klappe in der Zellentür öffnete sich, und die Stimme eines der wachhabenden Söldner erklang: »Streck die Hände durch, Sejan! Cato will dich sehen, sobald du wieder laufen kannst. Und wenn du so gegen die Tür trittst, kannst du deine Beine wohl bewegen.«
Sejan streckte seine Hände bereitwillig durch die Öffnung in der Tür, damit die Männer ihm Handschellen anlegen konnten. Er hätte alles getan, um aus dieser engen Zelle herauszukommen.
Als seine Hände gefesselt waren, wurde die Tür geöffnet.
Ein wenig enttäuscht blickte Sejan auf die beiden Söldner und sogleich in die Mündung eines Gewehrs.
»Los, vorwärts!«
Bevor Sejan dieser Aufforderung nachkam, äußerte er seinen Unmut: »Wo ist der Mann, der es gewagt hat, mich zu schlagen? Wie nanntet ihr ihn? Curio?«
Wider Erwarten antwortete einer der Söldner ihm: »Curio hat andere Befehle.«
Sejan lächelte. »Richtet Curio meine Grüße aus.«
Der Söldner runzelte die Stirn. »Wozu? Du bist doch sowieso schon tot.«
»Das würde ich an eurer Stelle hoffen.«
Diesmal brauchten die Söldner den Gefangenen nicht vor sich her zu stoßen. Obwohl er eine Zeit lang ohnmächtig gewesen war, hatte Sejan sich die Struktur des Gebäudes gut eingeprägt. Zielstrebig lief er vor seinen Wächtern her bis zu Catos Thronsaal.
Er ließ sich von den beiden Männern in den Saal führen. Diesmal trat man ihm nicht in die Kniekehle, forderte ihn aber auf, vor Cato niederzuknien.
»Nein!«
Er hörte Cato lachen: »Lasst ihn! Ich werde meinen Kniefall von ihm schon noch bekommen. Nehmt ihm die Handschellen ab.«
Die Männer befreiten Sejan von den Handfesseln und verließen auf Catos Befehl hin den Saal.
Sejan streifte Cato nur mit einem Blick, und schon kamen die Emotionen in ihm wieder hoch. Er konnte sich nur schwer unter Kontrolle halten. Allein dieses überlegene Lächeln auf Catos Gesicht.
»Ich wusste, dass du zu mir zurückkehrst, Sejan. Wie ein entlaufener Hund.«
Sejans Augen gaben sich denen seines Feindes nicht geschlagen – noch nicht. »Ich kam, um einen Schweinehund zu töten.«
Die Freundlichkeit in Catos Zügen war eine Farce. »Willst du dich noch immer mit mir anlegen? Wie oft muss ich dich noch an deine Unterlegenheit erinnern?«
Sejan spannte seine Schultern an. Die Wunde auf seinem Rücken machte sich dabei unangenehm bemerkbar. »Noch hast du mich nicht besiegt.«
Catos Blick fuhr über Sejans Oberkörper, besah sich die frischen Blessuren und die Narben der Vergangenheit. Sejans Körper war schon immer schön gewesen. Die Zeit hatte ihn verändert, ihn gehärtet und gezeichnet, doch keinesfalls entstellt.
»Sejan.«
Als Cato seinen Namen aussprach, kam es Sejan vor, als legten sich eiserne Ketten um seine Kehle.
Catos Stimme nahm nun beinah eine väterliche Sanftheit an – kaum zu ertragen, grauenhaft. »Mein hochbegabter Schüler, mein kostbarster
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