Somnia Crudeles - grausame Traeume Vol II
deiner Seite, Gaius.“
Tiberius schenkte sich Wein nach. „Ich bin kein Kämpfer. Ich werde diese Stadt verlassen.“
Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, verzog dann aber das Gesicht und entfernte seinen Rücken wieder von der Stuhllehne. „Verdammt. Ich würde gern mal wieder auf dem Rücken schlafen können.“
Nur mit Mühe konnte er die Augen offen halten. Auch Gaius spürte, wie die Müdigkeit ihn übermannte. Die Anstrengung der letzten beiden Tage hatte sie alle ausgelaugt. Auf ihrer Flucht hatten sie kaum ein Auge zugetan – oder lag es am Wein?!
Curio starrte auf Lucius. „Verdammt!“
Er versuchte, sich den Finger in den Hals zu stecken, doch es war zu spät.
III
Seit Wochen hatte Gaius nicht mehr so gut geschlafen. Die Matratze unter seinem Rücken fühlte sich bequem an – die Fesseln an seinen Hand und Fußgelenken weit weniger. Sie hielten seine Arme und Beine am Bettgestell fest. Gaius war nackt. Lucius musste ihm die Kleider ausgezogen haben. Warum hatte er das getan?
An einem Haken an der Wand hing ein weißes Gewand. Gaius konnte sich nicht vorstellen, dass Lucius so etwas trug.
Der Tisch zu seiner Linken war mit einem weißen Bettlaken bedeckt. Darunter lag etwas verborgen.
Bevor sich Gaius weiter umsehen konnte, betrat Lucius den Raum.
Gaius stemmte sich gegen die Fesseln, aber Lucius schüttelte den Kopf: „Lass das. Es hat keinen Sinn.“
Verständnislos runzelte Gaius die Stirn. „Warum hast du das getan? Ich habe dir vertraut.“
Lucius setzte sich auf den Rand des Bettes. Aus seinem Gesicht verschwand die letzte Spur von Freundlichkeit. „Auch ich habe dir vertraut, Gaius. Aber du hast mich hintergangen, mich und die Spezialeinheit. Du hast deine Stellung als Kommandant missbraucht.“
Er zog ein gefaltetes Papier aus seiner Hosentasche und breitete es aus. Es war Gaius' Steckbrief. „Ich wollte es nicht glauben. Aber es ist offensichtlich wahr.“
Gaius drehte seinen Kopf zur Seite. „Verzeih mir, Lucius. Ich war verblendet.“
„Du warst besessen, und du bist es immer noch.“
Gaius hatte eher das Gefühl, Lucius sei besessen. Als er ihn wieder ansah, wirkten dessen Gesichtszüge verzerrt. Es war irgendein unheiliger Einfluss, gepaart mit Enttäuschung: „Du warst meine große Hoffnung, Gaius.“
Aus der Frustration in Lucius' Stimme wurde Wut: „Ich habe dir sogar meine Tochter anvertraut. Aber du hast ihr das Herz gebrochen und treibst Unzucht mit dem schlimmsten genetischen Dreck.“
„Genetischer Dreck?“
Gaius warf Lucius einen bösen Blick zu – mehr konnte er nicht tun.
Lucius wirkte fanatisch: „Sejan ist ein Frevel gegen die Menschheit, ebenso wie Corvus und Cato. Ihre Gene sind unrein und treiben sie zum Bösen. Sie sind die Dämonen unserer Zeit. Doch der Erlöser ist erschienen.“
Was redete Lucius da?
„Der Erlöser? Von wem sprichst du?“
Lucius nannte keinen Namen. Er versprach bloß: „Auch du wirst Erlösung finden, Gaius.“
„Ich will aber nicht erlöst werden!“
Für Lucius war das nicht relevant: „Aus dir spricht der Dämon. Aus dir spricht Sejan. Ich werde ihn dir austreiben.“
Was Lucius damit meinte, wurde Gaius klar, als der Mann das Bettlaken vom Tisch entfernte. Zum Vorschein kamen medizinische Instrumente: Skalpelle, Scheren und Klemmen. Lucius erklärte: „Es wird wehtun, aber danach bist du erlöst.“
Lucius wollte ihn kastrieren.
Gaius war entsetzt: „Das kannst du nicht tun!“
Lucius war anderer Meinung: „Du wirst mir noch dankbar sein. Nach diesem Eingriff wird Sejan dich nicht länger beherrschen.“
Gaius schrie: „Du bist wahnsinnig!“
Dafür gab Lucius ihm eine Ohrfeige. „Halt den Mund, verfluchter Dämon!“
„Sprichst du mit mir?“
Es war Sejans Stimme. Lautlos hatte er die Tür geöffnet. Ein Lächeln umspielte seine Lippen. „Wie viele Augen hat der Herr der Fliegen?“
Lucius starrte Sejan an, als sei der ein Gespenst, und Sejan lachte: „Nein, ich bin nicht aus ihm herausgefahren. Auch wenn ich öfter in ihm drin war. Ich komme durch die Tür.“
Sejan zog ein Messer – das Todesurteil für Lucius. Doch Lucius war alles andere als wehrlos. Er bewies es, indem er sich auf Sejan stürzte und ihm die Faust ins Gesicht schlug.
Sejan taumelte zurück. Aus seiner Nase lief Blut. Lucius hielt ihn mit gezielten Faustschlägen von sich fern. Im Nahkampf hatte Sejan gegen Lucius kaum eine Chance. Nichts anderes hatte er vom Ausbilder der Spezialeinheit erwartet. „Meine
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