Somnia Crudeles - grausame Traeume Vol II
der mit verschränkten Armen dastand, als traue er Lucius nicht. „Das ist Curio, Sohn des Trebius, und…“ Er zeigte auf Tiberius, der sich die nackten Beine unter seinem zerfetzten Sklavengewand rieb: „Das ist Senator Tiberius.“
Erneut versuchte sich Lucius an einem für ihn untypischen Lächeln: „Hoher Besuch. Und noch dazu der Kommandant der Spezialeinheit.“
Gaius schüttelte den Kopf: „Für dich bin und bleibe ich Gaius. Du warst mein Ausbilder.“
„Und du hast es weit gebracht. Ich habe von deinen Erfolgen gehört.“
Aber wusste er auch von seinen Niederlagen? Schließlich hing Gaius' Steckbrief unübersehbar in der ganzen Stadt.
Gaius blickte zu Boden. „Lucius, ich habe Fehler gemacht. Ich weiß nicht, wie ich es dir erklären soll. Aber ich brauche deine Hilfe, auch wenn es gefährlich ist.“
Lucius legte ihm die Hand auf die Schulter. „Du warst für mich immer wie ein Sohn. Egal was du verbrochen hast, ich helfe dir.“
Er wies auf einen großen Tisch, um den herum einige Stühle standen. „Setzt euch. Genießt meine Gastfreundschaft. Ich werde vorerst keine Fragen stellen.“
„Ich danke dir, Lucius.“
Gaius betrachtete seinen ehemaligen Ausbilder nun intensiver. Lucius hatte sein Kopfhaar vollständig abrasiert. Wahrscheinlich war es mit den Jahren schütter geworden. Sein Körper war noch immer muskulös, aber deutlich schlanker, als Gaius ihn in Erinnerung hatte. Die braunen Augen schienen dunkler, weil sie tiefer in den Höhlen lagen. Doch Lucius war nicht nur alt geworden, er wirkte vielmehr, als sei ihm etwas widerfahren, das ihn alt gemacht hatte.
Lucius brachte vier Gläser und eine Karaffe mit Wein. Dann setzte er sich ebenfalls an den Tisch.
Curio blickte sich im Zimmer um. Ihm war, als sehe er einen Schatten am Fenster vorbeihuschen. Ein Hirngespinst? „Wir sollten die Vorhänge zuziehen.“
Gaius stand auf und tat ihm den Gefallen, während Tiberius in einem Zug sein Weinglas leerte. Seitdem sie in der Stadt waren, sah Curio in jedem Winkel ein Gespenst.
Auch Lucius wirkte besorgt: „Es heißt, Sejan habe sich mit Corvus verbündet. Die Schlange und der Rabe, eine gefährliche Konstellation. Der Senat sieht keine andere Möglichkeit, als sich dem Drachen zuzuwenden.“
„Nein.“
Gaius trank ein paar Schlucke, um seine Kehle zu befeuchten. Dann setzte er sich auf den Stuhl neben Lucius und blickte ihm in die Augen. „Der Senat darf sich auf keinen Fall weiter auf Cato einlassen. Ich kenne seine Pläne. Seine Gier nach Macht ist grenzenlos. Erst wird er die Polizei kontrollieren und dann die Armee. Für ein bisschen inneren Frieden werden die Menschen mit Krieg bezahlen. Sie müssen endlich aufwachen.“
„Das werden sie erst, wenn ihre Alpträume beendet sind.“
Gaius bemerkte den leisen Vorwurf in Lucius' Stimme. Er versuchte, sich zu rechtfertigen: „Ich habe alles getan, um Sejan zu fassen. Aber ich wollte nicht nur wissen, wie er aussieht, sondern vor allem, wie er denkt und wie er organisiert ist.“
Lucius griff nach Gaius' Handgelenk und betrachtete Sejans Zeichen auf dessen Handfläche. „Deine verdeckten Ermittlungen gehen ziemlich weit.“
Tiberius lachte leise: „Ziemlich weit ist eine freundliche Umschreibung.“
Curio trat Tiberius unter dem Tisch gegen das Schienbein.
Gaius zog seine Hand zurück. Er schwieg und wandte seinen Blick von Lucius ab. Dabei streiften seine Augen das Gesicht einer jungen Frau, eine Fotografie, die in einem Rahmen an der Wand hing. Er hoffte, Lucius spreche ihn nicht darauf an. Doch er hatte Gaius' Blick verfolgt. „Adriana hat geheiratet.“
Gaius versuchte zu lächeln: „Ich hoffe, sie ist glücklich.“
Lucius' Miene verfinsterte sich. „Ihr Mann ist einer von Catos Söldnern.“
Curio spielte an den Knöpfen seiner Uniform. „Sie sind nicht alle schlecht. Viele sehen darin eine Möglichkeit, ihre Familien vor Sejan und Corvus zu beschützen.“
Lucius nickte: „Diese Stadt ist ein verdammtes Schlachtfeld. Anständige Bürger müssen sich fürchten, nachts aus dem Haus zu gehen. Entweder zahlen sie Schutzgeld, ihre Söhne schließen sich einer der Banden an, oder sie verkaufen ihre Seele an den Teufel Cato. Diese Zustände müssen endlich aufhören.“
Gaius war froh, dass Curio vom Thema Adriana abgelenkt hatte. Er blickte in die Runde: „Viele gute Kämpfer denken ebenso. Wir könnten uns im Untergrund organisieren.“
Curio war skeptisch, aber für ihn stand fest: „Ich kämpfe an
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