Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)
hab mir den Arm verstaucht.«
»Aber es geht wieder?«
»Ja. Ciao!« Er ging und bevor die Tür hinter ihm zuschnappte, sah Sebastian einen Polizisten. Er hielt die Tür auf und eine Polizistin folgte ihm. Sebastian wollte schon wieder zumachen, da rief der Polizist: »Herr Koller?«
»Ja?« Oh Gott, die wollen anscheinend zu ihm, dachte er und fühlte sich unwohl, weil er in Boxershorts und T-Shirt vor der Tür stand und die Zähne nicht geputzt hatte. Die Tür ließ er deshalb auch nur einen Spalt weit offen. Was wollten die von ihm?
»Gegen Sie liegt eine Anzeige vor.«
Oh. »Anzeige?«
»Sie haben vor zwei Tagen in der Bar Celona mit einem Kumpel die Zeche geprellt«, sagte der Polizist.
Sebastian hatte nur kurz die Augen geschlossen, weil er so müde war. Im nächsten Moment war er hellwach, nachdem er diese Vision hatte. Es war kurz nach Mitternacht. Er kramte das Telefonbuch aus der Flur¬kommode und suchte die Nummer der Bar heraus.
»Bar Celona, Frau Thale am Apparat, was kann ich für Sie tun?«
»Ja, hallo! Hier ist Sebastian Koller. Ich war gestern bei Ihnen mit meinem besten Freund und wir haben vergessen, zu zahlen.«
»Einen Moment.« Sie gab ihn an ihren Chef weiter. Dem widerholte Sebastian sein Anliegen und er fragte, ob er noch gleich vorbeikommen sollte, um die Rechnung zu begleichen.
»Nein, nein. Wir schließen gleich. Das reicht, wenn Sie morgen in der Früh kommen.«
»Gut. Und entschuldigen Sie noch mal.«
»Kein Problem.« Sie verabschiedeten sich und Sebastian legte sich mit dem Handy wieder ins Bett. Da er zudem vorausgesehen hatte, dass sich Linda nicht melden würde, wollte er dieses Mal nicht stillhalten und warten. Er rief bei ihr an, doch es ging nur die Mailbox ran.
»… bitte hinterlassen Sie nach dem Piepton eine Nachricht.« Es piepste.
»Linda, ich bin es, Sebastian. Bitte melde dich. Ich mache mir ernsthaft Sorgen, dass dir etwas passiert sein könnte. Egal, wie spät es ist, du kannst jederzeit anrufen. Oder du schreibst mir eine SMS. Okay?«
Er legte auf und schlüpfte wieder unter seine Bettdecke. Er wollte sich in den Schlaf wälzen, doch die Gedanken ließen ihm keine Ruhe. Was passierte mit ihm? Was waren das für Visionen? Vielleicht bildete er sich das im Hier und Jetzt auch nur ein? Vielleicht würde sich Linda jeden Augenblick melden? Er nahm das Handy an sich und drückte die Ansehen-Taste. 00:54.
Er spürte ein Krabbeln an seiner Wange und mit einem Wisch verscheuchte er eine Fliege.
Wahrscheinlich hatte der Fremde Linda mit zu sich genommen und dort vögelten sie die ganze Nacht. Sebastian wünschte, er wäre maso¬chistisch veranlagt, dann könnte er den Schmerz genießen, der ihm zu schaffen machte. Schäfchen zählen, das wäre eine Möglichkeit. Er schloss die Augen und sah unzählige Schäfchen vor sich. Gelbe, Grüne, und eines mit einem lila Fell, das durch die Gegend hinkte. Ein großer Wolf kam des Weges und biss die Schäfchen tot. Blut tränkte deren buntes Fell.
Oh Mann, warum konnte man die Gedanken nicht einfach abschalten. Er würde den Knopf drücken und selig einschlafen. Stattdessen lag er im Dunkeln und richtete in seinem Kopfkino ein Massaker unter unschul¬digen Schlaf-Schäfchen an. Der Wolf hatte noch ein Stück Schafsfleisch im Maul, als er sich davonmachte. Die Schnauze blutig. Zurück ließ er ein trauriges Bild einst lustiger Schafe. Eines schien noch zu leben. Es japste. Der Bauch aufgerissen. Die Därme quollen heraus. Die Augen waren glasig. Wolken verdunkelten die Gegend. Es wurde so finster, dass man das Massaker auf der Wiese nur mehr an den Umrissen erkennen konnte.
Sebastian schreckte hoch. Sein Handy lag auf dem Nachttisch und leuch-tete. Die Erinnerung an den Geburtstag von Maurice in drei Wochen. Er klickte sie weg und sah, dass Linda weder angerufen noch eine SMS geschrieben hatte. Er starrte auf die leuchtenden Muster, die die Sonne durch die Rollladen auf dem Boden hinterließ. Ein dumpfer Schlag war zu hören. Kurz nach sieben.
»So ’ne verdammte Scheiße!« Das war Felix, wie vorausgehört. Dieses Mal schaute Sebastian nicht nach. Er zog sich stattdessen an und wartete, während er einen Kaugummi kaute, dass die Polizei jeden Augenblick klingeln würde.
Nichts passierte.
Es war bereits nach halb Acht, als sich seine Anspannung löste. Morgendusche, dann die Rechnung bezahlen.
Bevor er sich auf den Weg machte, rief er bei Linda an. Ihm war egal, ob er sie aus dem Schlaf reißen würde,
Weitere Kostenlose Bücher