Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)
»Ich werde büffeln.«
»Na gut. Dafür werde ich dir vorm Schlafengehen eine Geschichte vorlesen. Hm?«
»Au ja!« Ihre Miene hellte auf.
Alena räusperte sich. »Oder soll der Fünfzigjährige den Vorleser spielen?«
»Wart’s ab, vielleicht gehe ich sogar darauf ein.«
***
In der »Pension Kuklov« kamen die Renovierungsarbeiten zügig voran. Hoffentlich machen die bald Mittagspause, dachte Petr. Schön langsam bekam er von dem Lärm Kopfschmerzen.
Er stand im Flur vor der Kommode und blätterte nach der Nummer seines Onkels, den er um Hilfe in der Vlado-Sache bitten wollte.
Als er tippte, rief sein Vater vom ersten Stock aus, dass er Brötchen kaufen und Brotzeit machen solle.
»Ein Freund wartet aber auf meinen Anruf.«
»Bist ja gleich wieder da.«
»… bist ja gleich wieder da …«, äffte Petr den Vater nach. »Zum Marktplatz ist es eine Viertelstunde.«
»Geld liegt in der Küche.« Er hörte, wie die Tür im ersten Stock geschlossen wurde, und trat frustriert gegen die Kommode.
»Verdammt noch mal, bin ich vielleicht dein Neger?«
Er tippte die Nummer ein, damit er nachher nur die Wiederwahltaste betätigen musste und eilte in die Küche. Wo war bloß der scheiß Geld-beutel? Er entdeckte ihn neben der Mikrowelle, fischte ein paar Münzen heraus und machte sich auf den Weg.
»Das macht dann 45 Kronen.« Die Bäckereiverkäuferin sah lustig aus mit dem Semmelbrösel auf der Stupsnase, passend zu den sommer-sprossenbesprenkelten Wangen. Petr legte das abgezählte Geld auf die Ablage und verkniff sich ein Lächeln. Nicht, dass sie es falsch verstand. Er packte die Tüte mit den Brötchen und hastete aus dem Laden. Hof-fentlich war Vlado nicht schon angesäuert, das gäbe Minuspunkte.
Er drängelte sich durch die Menschenmenge. Ausgerechnet heute musste ein Frühlingsmarkt sein. Halb ging er, halb lief er durch den Tor-bogen hindurch. Die Straßenbahn hielt, Petr stieg ein und wollte sich die hundert Meter chauffieren lassen, um Zeit zu sparen. Er stellte die Tüte mit den Brötchen auf den Platz neben sich und sah durch das Fenster, dass auf dem Votavo-Platz ein Flohmarkt stattfand.
Die Mittagssonne hatte den Boden staubtrocken gesogen. Arbeiter waren mit letzten Aufbauarbeiten beschäftigt, hämmerten an Holzbal¬ken, zurrten Stricke fest und überprüften Halterungen. Einige Ungedul¬dige schlenderten an den Ständen vorbei.
Hoffentlich sind die bald mit dem blöden Renovieren fertig, dachte Petr. Flohmarktbummeln wäre jetzt nach seinem Geschmack, ein biss¬chen mit den Händlern feilschen, vielleicht ein paar günstige CDs erste¬hen.
Die Straßenbahn setzte ihre Fahrt fort und hielt wenig später vor der »Pension Kuklov«.
Petr kramte im Laufen die Hausschlüssel aus der Hosentasche, und als er die Tür aufschloss, hörte er den Vater seinen Namen rufen.
»Bin ja schon da!«
»Ich hab Kaffee durchlaufen lassen. Nimm Geschirr mit und beeil dich.«
Die beiden Kannen waren bis obenhin mit Kaffee gefüllt. Er holte Margarine aus dem Kühlschrank, entdeckte darauf Schimmelflecken und strich sie reichlich weg. Die Arbeiter waren nicht zu hören, wahr¬scheinlich warteten sie schon. Also bestrich er die Brötchen und belegte sie mit Bierwurst und Essiggurken. Es musste schnell gehen, Petr wollte Vlado nicht länger warten lassen.
***
Ab 12:00 Uhr Flohmarkt am Votavo-Platz.
Die Brücke wird noch in dieser Woche fertiggestellt.
Familiendrama in …
Vlado blätterte in der Morgenpost, ohne sich auf die Artikel konzen-trieren zu können. Immer wieder horchte er in Richtung Büro und war-tete auf Petrs Rückruf. Er schüttelte die Thermoskanne, sie war leer. Das Koffein war ihm zu Kopf gestiegen. Er brach einen Kürbiskern von einem Brötchen und knabberte daran.
Endlich klingelte das Telefon.
»Tut mir leid, Vlado, mir ist etwas dazwischengekommen.«
»Hast du die Nummer?«
Vlado notierte sie auf einem Block. »Hast was gut bei mir.« Er malte ein Strichmännchen zu der Nummer. Ein lachendes. »Hey, hast du Lust auf Flohmarkt? Der Votavo-Platz liegt doch bei dir in der Nähe.«
»Würde ich gern. Muss aber meinem Alten helfen. Brotzeit machen und so.«
»Lass dich von dem Ausbeuter gernhaben. Verarschen wir ein wenig die Händler.«
»Ein anderes Mal kommt Petr gern mit.«
Ab und an sprach er von sich in der dritten Person, was bei Vlado immer ein Stirnrunzeln hervorrief. Irgendwann würde er Petr darauf ansprechen, was er sich dabei dachte, irgendwann, aber
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