Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)
Container und sah sich um, der Lkw mit blauer Aufschrift brauste vorüber, das Wasser einer Pfütze spritzte auf. Da stand sie, lauschte dem Dieselmotor nach und betrachtete den Pulloverärmel, der über das Eisen streichelte. Sie wollte umkehren, aber der Gedanke an Magdalena und die verspro¬chene Geschichte trieben sie. Also ging Alena weiter, es waren ohnehin nur wenige Minuten zum Wohnheim, das war zu schaffen. Daheim würde sie darüber lachen, dass sie Schritte hörte, die da nicht waren, und sich immer wieder umsehen musste. Sie zog den Reißverschluss der Tasche auf, damit sie das Pfefferspray schnell zur Hand hatte. Meter¬hohe Mauern beengten den Weg. Sie zählte die Pflastersteine, die sie hinter sich ließ und wischte mit den Handrücken die Nässe von den Wangen.
»Denk an etwas Schönes. Denk an etwas Schönes«, befahl sie sich im Takt der klappernden Schritte. Sie hörte ein Auto hinter sich vorüber-rauschen und sah sich um. Alena stolperte beinahe, weil sie sich so erschreckt hatte.
Da war eine Bewegung, ganz sicher. Als wäre jemand hinter dem Container in Deckung gegangen. Sie fasste nach dem Pfefferspray und ging zwei schnelle Schritte, den Container im Auge behaltend. Die Nässe an der Stirn fühlte sich eisiger an als zuvor. Ein knarzendes Geräusch, direkt vor ihr. Sie blieb stehen und blickte nach vorn. Eine dunkle Gestalt trat aus dem Schatten eines Hinterhofes. Der Mann zog an einer Zigarette, die Glut warf einen roten Schein auf ein pausbäckiges Gesicht mit buschigen Brauen.
Alena ging einen Schritt zurück. Zeig ihm keine Angst, dachte sie und behielt ihn verstohlen im Auge.
Sie kramte nach einem Tempo und putzte sich umständlich die Nase, das Pfefferspray hielt sie umklammert. Pausbacke zog erneut an der Zigarette, und diesmal erkannte Alena seine Augen, deren Kälte sie gefangen hielt. Wie der sie anstarrte! Lauf! Lauf so schnell du kannst! Sie ließ das Taschentuch fallen, wandte sich auf den Absätzen um, kam aber nur drei Pflastersteine weit.
Eine zweite dunkle Gestalt tauchte hinter dem Container hervor und blieb neben dem schlenkernden Pulloverärmel stehen.
Was sollte sie tun? Auf ihn zulaufen, ihm das Pfefferspray in die Augen sprühen? Dann hätte sie vielleicht eine Chance. Etwas hielt sie zurück, fehlender Mut.
Sie stellte sich an die Mauer, die Hand mit dem Pfefferspray presste sie gegen ihre Brust. Die Tasche schleifte am Stein, als sie sich umblickte. Sie konnte nicht schlucken, der Atem ging zu aufgeregt. Sollte sie schreien? Nein. Das hatte in ihrer Kindheit schon schlimmer für sie geendet.
Ein Fensterladen klapperte im Wind, aus der Ferne hupte ein Auto. Die Gestalten näherten sich, blieben links und rechts wenige Meter vor Alena stehen und sahen sie an, ohne etwas zu sagen.
Der Zweite hatte ein markantes Gesicht, einen Dreitagebart.
»Was wollt ihr von mir? Geld?« Sie kramte in der Tasche nach der Geldbörse und warf sie dem Unrasierten vor die Füße. Er kümmerte sich nicht darum, sah sie nur weiter an, mit einem Lächeln. Sie setzte einen Fuß zur Seite, er trat einen Schritt zur Mauer und verstellte den Weg. Alena hob die Hand mit dem Pfefferspray. »Kommt ja nicht näher!«
Pausbacke zog an seiner Zigarette und pustete den Rauch in Alenas Richtung, während er die Kippe zertrat.
»Bitte«, stammelte Alena. »Was wollt ihr von mir?«
Er fasste hinter seinen Rücken und holte ein Messer hervor. Alena drückte instinktiv den Sprühkopf. Er wich aus, der Strahl streifte ihn nur. »So etwas macht man nicht«, mahnte er.
Sie wollte ein zweites Mal sprühen, doch Dreitagebart war mit flinken Schritten bei ihr und schlug ihr das Pfefferspray aus der Hand. Es schepperte auf den Asphalt, während Alena der Arm hinter den Rücken gedreht wurde.
»Au!«, stöhnte sie. »Bitte nicht.«
Pausbacke rieb sich ein Auge, schüttelte den Kopf, anscheinend hatte er etwas abbekommen. Er stieß die Luft zwischen den Zähnen hervor.
»Bist du okay?«, wollte der Unrasierte wissen.
»Ja«, zischte Pausbacke und stach wild mit dem Messer in die Luft, bis sein Atem ruhiger ging.
Alena wand sich, darauf zog Dreitagebart ihren Arm weiter den Rücken hoch, drückte seinen Kopf gegen sie und kratzte mit den Bartstoppeln ihre Wange. »Halt still, dann geht es auch ganz schnell.«
»Ihr Schweine.«
»Lass sie los«, wies Pausbacke seinen Kumpan mit ruhiger Stimme an, und der Griff um Alenas Arm lockerte sich. Sie trat seitlich zurück, bis sie mit den Fersen gegen die
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