Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)
nerven, warum sie sich davongestohlen hatte.
Sie zerhackte mit einem Tafelmesser das mit Margarine bestrichene Vollkornbrot, weil sie keinen Appetit hatte, obwohl ihr der Magen knurrte. Fast wäre ihr das Messer vor Schreck aus der Hand gefallen, als Magdalena plötzlich im Türrahmen stand und eine Schnute zog. An ihrem Blick konnte Alena sehen, dass sie keine Schmetterlingszeit erlebt hatte. »Also doch über Nacht geblieben?«
»Ich glaube, dass das ein Fehler war.« Magdalena stellte die Tasche ab und setzte sich an den Tisch.
Alenas Hand krampfte sich um den Messergriff. »Du hast mit ihm geschlafen.«
Magdalena stupste die Margarine hin und her. »Es war ziemlich gut. Dann war er aber komplett ausgewechselt. Ich fühlte mich wie in einer schlechten Seifenoper.«
Alena durchhackte das Brot und erschrak vom klirrenden Geräusch der Messerklinge auf dem Porzellan.
Magdalena hob beschwichtigend die Hände. »Hey, hey. Ist ja kein großes Drama. Wenn er es nicht ernst meint, ist es eben vorbei. Davon geht die Welt nicht unter.«
Männer sind doch allesamt schwanzgesteuerte Vollidioten, dachte Alena und überlegte, ob sie das mit Vlado lieber sofort beenden sollte. Der Milchmann bimmelte sie aus ihren Überlegungen.
»Komm. Wir gehen einkaufen. Das bringt uns auf andere Gedanken. Und für Kartoffelcharlie brauchen wir neue Batterien.«
Die Kaufhaustür schwang hinter ihnen zu. Das Einkaufen hatte ihnen in der Tat gute Laune beschert. Alena öffnete die Tüte mit den Schuhen und hielt sie Magdalena unter die Augen. »Sieh sie dir noch einmal an. Sind das nicht Prachtexemplare?«
»Das sind U-Boote«, feixte Magdalena und prüfte den Inhalt ihrer Tüte. Sie hatte sich außer den Batterien ein Puzzle gekauft, mit dem Motiv halb Frosch, halb Prinz, Titel »Wangenkuss«, und für Petr ein Steinarmband.
»Ha, ha!« Alena kniff ihre Freundin in die Seite. »Wenn ich deine Füßchen hätte, hätte ich mich in einer Babyabteilung umsehen müssen.«
Sie wichen einem Müllmann aus, der mit einem Holzstab am nassen Pflaster klebende Papierfetzen aufspießte.
Der Marktplatz war spärlich belebt. Vereinzelt schlenderten Rentner von einem Schaufenster zum nächsten, ein Zeitungsbote brachte die Morgenpost und ein blond gelocktes Mädchen kniete vor dem Spring-brunnen mit der bronzenen Reiterfigur und rührte mit einem Finger in einer Pfütze.
»Kennst du die Uhren, aus denen bei jeder vollen Stunde ein Kuckuck geschnellt kommt?« Magdalena zerrte kichernd Alena in ihr Blickfeld und deutete auf einen jungen Mann, der mit den Händen in den Hosentaschen die Kathedrale betrachtete. »Siehst du den dort? Vielleicht denkt der, dass aus der Domuhr ein Kuckuck geflattert kommt, sobald sie läutet.«
Alena wurde es warm in der Magengegend. Nervosität raubte ihr das Lächeln wie ein Taschendieb, ohne dass sie es merkte. Gespannt beob-achtete sie Ondrej aus der Ferne. »Ein Kuckuck würde zu dem ganz gut passen.«
»Wie meinst du das?«, wollte Magdalena wissen.
»Erinnerst du dich an den Maler, von dem ich dir erzählt hab?«
»Natürlich.«
»Du machst dich gerade über ihn lustig.«
»Oh, der sieht ja richtig passabel aus«, stellte Magdalena fest. »Hab ihn mir ganz anders vorgestellt. Was meinst du? Wollen wir hingehen?«
Als sie einen Fuß in seine Richtung setzte, hielt Alena sie an.
»Ich hab eine bessere Idee.« Sie kramte einen Stift und einen Zettel aus ihrer Tasche. »Bück dich mal.«
***
Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Sie hatte noch nie ihre Nummer verteilt.
Alena achtete nicht auf den Hausmeister, der den Rasenmäher über das Gras lenkte und ihnen zuwinkte. Magdalena machte einen Knicks und grüßte zurück.
»Was hast du gesagt?«, fragte Alena abwesend.
Magdalena grinste, während sie die Eingangstür zum Wohnheim hinter sich schloss. »Ich hab nur den Hausmeister gegrüßt.«
»Warum grinst du so?«
»Ach … nur so.«
Alena winkte ab. »Ich weiß schon, was du wieder denkst. Aber Ondrej ist mir egal.«
»Aha. Und wie kommst du drauf, dass ich das meinen könnte?«
Ihr war, als wäre Magdalenas Mund auf fünf Zentimeter angewach¬sen, so breit grinste sie. Alena verdrehte die Augen. »Denk doch, was du willst.«
Magdalena fischte ein Anzeigenblatt aus dem Postfach. »Hier steht was über Deutschland. Du wolltest doch mit Vlado nach München. Ist das nicht morgen?«
»Von Wollen kann keine Rede sein. Hat nur sein Studio und Sex im Kopf und das nervt.«
»Das klang vor
Weitere Kostenlose Bücher