Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)
wenigen Tagen noch ganz anders.«
Sie stiegen die Treppen zum ersten Stock hoch, die Plastiktaschen mit den Einkäufen schlenkerten zwischen ihnen. Der Rasenmähermotor stotterte und erstarb. Und aus dem zweiten Stock erklang Cellomusik.
Alena hoffte, dass sich Ondrej melden würde, noch heute. Oder hatte sie ihn damals vergrault? Aber er war ja nicht minder unverschämt gewesen, zuerst sogar.
»Alena?«
»Hm?«
»Ich hab gefragt, ob du ihm absagen wirst.«
»Wahrscheinlich.«
»Sag mal: Was denkst du gerade?«, wollte Magdalena zwei Stufen später wissen, und Alena fühlte, dass das eine Fangfrage war.
»Unbestimmte Dinge.«
»Soso. Hoffentlich ist das Mädchen auch hingegangen. Und hoffent¬lich kann er die Nummer entziffern, auf meinem Rücken schreibt es sich bestimmt nicht gut.«
»Magda.« Alena seufzte, während sie die Hälfte der Treppe hinter sich gebracht hatten. »Du irrst, wenn du …«
»Hörst du das? Telefon! Ich glaube, aus unserer Wohnung«, erwähnte Magdalena schmunzelnd. Alena drückte ihr die Plastiktüte in die Hand. »Halt mal.«
»Jaja, er ist dir egal«, rief Magdalena hinterher, während Alena drei Stufen auf einmal nahm. Sie kramte im Lauf den Schlüssel aus der Hosentasche und ließ ihn in der Tür stecken, als sie zum Telefon lief.
»Wo hast du gesteckt? Seit einer Stunde versuche ich, dich zu errei-chen.«
Vlado, nicht Ondrej. Alena ließ die Schultern sinken und merkte erst jetzt, dass ihr das Herz vor Aufregung klopfte.
»Und warum schnaufst du so?«
»Du nervst!«
»Ich nerve? Mich nervt, dass du mich nicht geweckt hast. Wollte mit dir frühstücken und über München reden.«
Sie entdeckte weiße Punkte am Kommodenspiegel. Magdalena war beim Zähneputzen wohl durch die Wohnung getigert. »Ich brauche eine Pause. Von dir. Von uns.«
Er seufzte hörbar. »Zickst du schon wieder herum?«
Alena fragte mit Augenworten bei der Freundin um Rat. Magdalena zog den Schlüssel aus dem Schloss, schubste mit dem Hintern die Tür zu und antwortete mit einem Achselzucken. Sie legte die Plastiktüte mit den Schuhen vor Alenas Füßen ab und ging in die Küche.
»Alena?«
»Ja?« Sie legte eine Gereiztheit in die Stimme und kratzte die Zahn-pastaspritzer vom Spiegel.
»Jetzt komm. Der Kaffee läuft schon durch.«
»Hörst du mir eigentlich zu, wenn ich etwas sage? Ich brauche eine Pause.«
»Eine Pause? Wie lange? Übermorgen geht der Zug.«
»Ich melde mich morgen, ist das für dich okay?«
Vlado schwieg.
»Ich muss jetzt aufhören. Tschüss!« Bevor er etwas sagen konnte, legte sie auf. Für eine ewige Diskussion hatte sie jetzt keinen Nerv.
Alena putzte sich das Weiß unter dem Fingernagel weg und war sicher, dass er gleich wieder anrufen würde. Magdalena klimperte in der Küche mit dem Porzellan. Da klingelte es erneut. Sollte sie es einfach läuten lassen, überlegte Alena und schob die knisternde Plastiktüte von sich. Magdalena stand im Türrahmen und versuchte, dem Kartoffel¬charlie die Batterien einzulegen.
»Willst du nicht rangehen?«
»Ja doch.« Der Kerl geht mir auf die Nerven, dachte Alena und griff zum Hörer. »Was ist denn noch?«
»Welch nette Begrüßung«, hörte sie eine fremde Stimme sagen. »Vielleicht bin ich ja falsch.«
»Wer ist dran?« Noch bevor er antwortete, ahnte sie es: Ondrej. Seine Stimme klang ganz anders als im Park. Melodischer. Oder lag es daran, dass sie der Stimme, gefiltert von sämtlichen Eindrücken, eine ganz andere Aufmerksamkeit schenken konnte?
»Vielleicht klingt das ein bisschen merkwürdig, aber mir wurde heute von einem Dreikäsehoch eine Nummer zugesteckt, daneben stand Alena. Kann sein, dass ich die falsche Nummer gewählt hab. Ist nämlich nur schwer zu entziffern, das Gekrakel.«
Pah! So etwas traute der sich zu sagen. Die Freude, ihn zu hören, war dahin. »Nein, das klingt nicht merkwürdig. Ich bin Alena«, sagte sie mit eisiger Stimme.
»Schön«, meinte er. »Und wer bist du? Woher kennen wir uns?«
»Aus dem Park. Du hast mich da angesprochen.« Jetzt würde es bei ihm klick machen, dann würde er nervös werden und sie konnte ihn um den Finger wickeln.
»Hm«, hörte sie ihn sagen. »Ich kann dich gerade nicht einordnen. Wie siehst du ungefähr aus?«
War das ernst gemeint? Wie sie aussah? »Wie Iva Kubelková«, sagte sie.
»Das schwarzhaarige Mädchen, das mich so bewundernd beim Malen beobachtet hat?«
»Wie bitte? Ein Mädchen, das dich bewundernd beobachtet hat?«
Magdalena trat näher,
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