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Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)

Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)

Titel: Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan M. Fischer
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hinaus.
    Hysterisches Geschrei aus anderen Waggons.
    »Papa?«
    »Halt dich fest!«
    Alena kniete nieder und umklammerte Papas Bein. Sie konzentrierte sich auf das fliehende Schwarz, das durch die fingerdicken Zwischenräume der Bodenbretter zu sehen war. Plötzlich vibrierte der Wagen, immer stärker. Ein Beben ließ die Gegend erzittern. Papa stellte sich breitbeiniger für einen besseren Stand. Da spaltete sich an beiden Seiten die Erde, parallel zu den Schienen. Feuerzungen schnalzten empor. Brennendes, dickflüssiges Blut quoll heraus, lief unter den Zug. Kurz leckten rotgoldene Flämmchen durch die Spalten der Bodenbretter, dann fühlte Alena die Hitze zurückweichen. Noch bevor sie etwas sagen konnte, bannte sie ein melodisches Summen, das aus den Erdspalten zu hören war. Bald ging es in ein vielstimmiges Krächzen über, begleitet von Flügelflattern. Die Geräusche waren neben ihnen, hinter ihnen, überall. Alena schaute auf. Etwas Schwarzes stürzte auf den Tätowierten herab. Es glich einem verkohlten Engel, und als es gegen die Balken prallte, hob es den Waggon aus den Schienen. Alena rutschte mit den Knien ab und sah voraus, wie sie sich überschlugen und in eine Erdspalte fielen. Dann kippte der Waggon zurück auf das Gleis.
    Außen am Waggon hing der Höllenengel, aus den Augenhöhlen züngelten Flämmchen. Mit rußgeschwärzten Flügelstumpen hielt er den Tätowierten umklammert, versuchte, ihn herauszureißen.
    »Du Drecksvieh«, keuchte der mit schmerzerfüllter Stimme und drückte sich mit den Händen vom Balken ab. Alena hielt einen Arm vor die Augen, und als sie den Mann nicht mehr keuchen hörte, riskierte sie einen Blick. Eine Lücke klaffte dort, wo der Tätowierte eben noch gestanden hatte.
    »Verschwinde!« Die Stimme der Frau.
    »Lasst mich«, rief der Mann.
    Alena wagte nicht, sich nach ihnen umzusehen. Schreie zogen sich in die Länge, Knochen knackten, Holz barst, dann entfernten sich die Hilferufe.
    Das Pentagramm klirrte vor Alena auf den Boden. Sie erkannte am Bügel noch ein Stück von einem abgerissenen Ohr, bevor es durch eine Spalte fiel.
    Das Stahlseil hing an dem Balken zwischen zwei klaffenden Lücken. Oben und unten zerborstene Balkenstücke, an einem war zur Hälfte der Regenwurm gequetscht. Der Mann, die Frau, einfach weg.
    Ein krachender Schlag erschütterte die Dachbalken. Geifer tropfte herab, brannte sich in ein Bodenbrett, rauchte aus. Alena hob langsam den Kopf. Auf dem angeknacksten Balken hockte einer dieser Höllenengel. Seine Flammenaugen fixierten Alena. Würde der Balken dem Gewicht standhalten? Sie duckte sich und hörte ein Kratzen. Der Schatten am Holzboden näherte sich, das Wesen schob sich weiter nach vorn. Holzspäne fielen herab. Balken knackten. Bald war das Ungeheuer direkt über ihnen. Ein Geifertropfen brannte sich neben Alenas Beine ins Holz.
    »Hau ab!« Papa schrie aus Leibeskräften, und Alena spürte den Höllenengel ganz nah. Flügelschläge fächerten stinkende Luft ins Abteil.
    Alena zerrte an Papas Fuß. »Wir müssen auf die andere Seite!«
    Doch er reagierte nicht, hörte sie vielleicht auch nicht, weil er so schrie, und Alena hielt sich an ihm fest und wartete darauf, dass sie hinfort gerissen wurden.
    Ein Schnüffeln, im nächsten Moment ein Jaulen, der Schatten entfernte sich. Alena sah dem Wesen hinterher, bis es nur mehr Nebel war, der sich verflüchtigte. Sie erinnerte sich an die Worte des Wächters: Das wird sie von dir fernhalten.
    Im Abteil war es still geworden, aus anderen Waggons waren noch vereinzelt Schreie zu hören. Der Regenwurm war verschwunden wie auch das Stahlseil.
    Schatten huschten vorüber, und Alena sah auf. Die Wesen schwirrten dahin zurück, woher sie gekommen waren.
    »Es ist vorbei, es ist vorbei«, murmelte Papa erleichtert, zog sie hoch und drückte sie an sich. Sie fühlte, dass er recht hatte. Keine Ängste mehr. Keine Albträume.
    Nachdem sich die Erde wieder geschlossen hatte, versickerte das Blut, die Flammen erloschen. Stille kehrte ein, eine beruhigende Stille. Nur das Ruckeln der Räder auf den Schienen störte den lautlosen Frieden, der über allem lag. Der unangenehme Geruch von versengtem Leben wich mehr und mehr einem Duft von Lavendel. Der Himmel war noch immer aus Stein, doch schräg einfallendes Sonnenlicht beschien die Gegend, die sich zu einem eng geknüpften bunten Blumenteppich verwoben hatte.
    Sie erreichten eine Stelle, an der es steil in die Tiefe ging.
    Der Fahrtwind presste Papa und

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