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Titel: Sonderauftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. Heidenreich; T. Trczinka
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fragte, ob sie warten solle, aber ich habe abgelehnt. Zurück wollte ich ein Taxi nehmen.«
    »Und sahen Sie, in welche Richtung sie fuhr?«
    Frau Wrobel schüttelte den Kopf. »Nein, ich drehte mich noch einmal um, weil Lukas, den ich auf dem Arm trug, ihr zuwinkte. Sie winkte zurück und mehr kann ich leider nicht sagen.«
    »Und die Erbse?«
    »Welche Erbse … Ach so!« Verstehend lächelte sie. »Die ist raus. Wir haben fast zwei Stunden in der Notaufnahme gesessen und dann war alles in fünf Minuten erledigt.«
    »Na, Gott sei Dank!«
    »Einmal reicht, aber der Arzt meinte, so etwas kann immer wieder passieren.«
    »Stimmt!« Kröger beugte sich zu der jungen Frau hinüber. »Meine Tochter hat sich, als sie so alt war wie Ihr Kleiner, immer Schaumgummi in die Ohren gesteckt – und meistens so tief, dass ein Arzt es wieder herausholen durfte.«
    »Na, Sie machen mir Mut. Mir hat dieses eine Mal schon gereicht. Mein Mann kommt Freitagabend von Montage und seine Familie sitzt im Krankenhaus. Einmal und nie wieder!«
    »Ihr Mann ist auf Montage?«
    Sie nickte. »Ja, seit zwei Jahren. Früher war er auf der Werft als Isolierer. Die Abteilung wurde an eine Fremdfirma verkauft und ein gutes Jahr später waren sie in Konkurs. Seitdem zieht mein Mann wie ein Zigeuner durch Deutschland und ist nur die Wochenenden daheim.«
    »Und Sie?«
    »Ich? Ich sitze zu Hause und kümmere mich um unseren Sohn. Arbeit gibt es ja nicht für eine Verkäuferin mit Kind.«
    »Da haben Sie es wohl nicht leicht?«
    Sie sah ihn an. »Wer hat es heute schon leicht? Ich habe Bewerbungen noch und noch geschrieben. Mit Kind«, die junge Mutter machte eine wegwerfende Handbewegung, »hat man keine Chance. Die Personalchefs sagen einem das frech ins Gesicht: ›Was haben Sie sich auch ein Kind angeschafft!‹ Und selbst wenn mich einer einstellen würde, dann sind die Arbeitszeiten so, dass kein Kindergarten offen ist. Kein schönes Spiel!«
    Sie sah wütend aus. Kröger kannte den Unmut. Vielen Frauen war es so ergangen, getreu der Parole: Zurück an den Herd! Doch die Frauen hier hatten fast alle gearbeitet und brauchten diese Arbeit für ihr Selbstwertgefühl.
    »Und in den Westen?«
    Sie seufzte. »Darüber haben mein Mann und ich auch schon gesprochen, nur wir hängen an dieser Stadt und vor allem an dieser Wohnung. Wir haben sie gleich nach der Wende gekauft und so viel Arbeit reingesteckt. Wir würden nur Miese machen!«
    Kröger nickte. »Ja, schön haben Sie es. Mein Kollege fühlt sich auch wohl.« Er zeigte auf Vollert.
    Die Eisenbahn schien sich soeben in ein Rennauto verwandelt zu haben, denn der kleine Lukas brummte und fuhr mit dem Spielzeug Vollerts Beine hinauf.
    »So, ihr beiden, jetzt ist Schluss.« Kröger war aufgestanden. Vollert schaute bedauernd zu seinem Kollegen, dann zu Frau Wrobel und schließlich auf seine Beine, auf denen gerade eine Rallye stattfand. Seufzend erhob er sich, den strahlenden Lukas auf seinem Arm.
    »Du kommst jetzt zu mir.« Seine Mutter hielt ihm die Hände hin und nur zögernd wechselte das Kind.
    »Ich glaube, da haben Sie einen neuen Freund gewonnen.« Die junge Frau lächelte Vollert an. Der strich sich über die Haare und meinte: »Sieht mir auch so aus.« Er zwinkerte Lukas zu, der seiner Mutter lachend um den Hals fiel.
    Sie wurden von beiden zur Tür gebracht und beim Hinausgehen winkte der Kleine stürmisch hinter Vollert her.
    Auf dem Weg zur Dienststelle blieb Kröger plötzlich stehen und verkündete: »Den Opa, den nehme ich dir krumm!«
    Vollert stutzte. »Wieso?«
    »Weil ich kein Opa bin!«, sagte Kröger trotzig und ging dann weiter.
    »Aber du wärst doch schon gern einer, oder nicht?«
    Kröger überlegte einen Augenblick. »Schon, wäre ich vielleicht wirklich gern, aber Opa klingt so alt.«
    Vollert winkte ab. »Ach, Horst, da kommen wir alle noch hin. Erst Onkel, dann Opa, das ist der Lauf der Welt. Und zu DDR-Zeiten, da wärst du schon längst Großvater.«
    Damit war für beide das Thema beendet. Kröger war froh über das Vertrauen, das zwischen ihm und Vollert herrschte. Mit wem außer seiner Frau konnte er sonst so offen über seinen Gemütszustand sprechen.
    »Hunger?«
    »Appetit!«
    »Stadt?«
    »Kantine geht schneller!«
    »Okay!«

33
    Nach einem kurzen Imbiss schauten die beiden Ermittler in der Telefonzentrale vorbei. Die Zahl der Anrufe hatte deutlich abgenommen und würde erst wieder um die Feierabendzeit ansteigen. Sie nahmen sich daher einen weiteren

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