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Titel: Sonderauftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. Heidenreich; T. Trczinka
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Wende, und dann haben die umgestellt auf Gas. Da brauchten die keinen mehr zum Kohleschüppen und ich wurde arbeitslos. Damals wohnte ich noch in Knieper Nord mit meiner Mutti.«
    Er stockte und zog noch heftiger an der Zigarette. Es fiel ihm offensichtlich nicht leicht, darüber zu reden. Kröger musterte ihn schweigend. Mit wettergegerbtem Gesicht saß Wiese vor ihm, die Schultern heruntergezogen. Wenn man den Begriff ›ein Häufchen Elend‹ personifizieren wollte, konnte man es hier. Irgendwann war Wiese in seinem Leben falsch abgebogen und der Weg, den er nun ging, bestand aus mangelnder Hygiene, falscher Ernährung, Einsamkeit und im Winter aus Kälte und der Angst zu erfrieren.
    Wiese sprach weiter. »Ein halbes Jahr später erkrankte meine Mutti und dann war sie tot. Ich war allein.« Wieder inhalierte er den Rauch tief. »Ich hab doch nur Hilfsschule und mit Rechnen iss es nicht so doll. Und ich hab doch Probleme, so mit dem Geld, Miete und so! Bald haben sie mich aus der Wohnung geworfen und ich musste ins Asyl. Aber da iss es Scheiße!« Er drückte mit einer ruckartigen Bewegung die Kippe aus.
    »Und seitdem sind Sie mit ihm unterwegs?« Kröger zeigte auf den Hund.
    »Mit Flecki bin ich jetzt zwei Jahre zusammen. Den haben sie im Januar aus’m Auto geschmissen. In so ’nem Sack hatten se den armen Kleinen eingesperrt und dann während dem Fahren rausgeworfen. Iss voll in ’ne Schneewehe geflogen. Ich bin da denn hin, weil ich mir gewundert habe, wat se da rausgeschmissen haben, und wie ich den Sack aufknübbere mit meine klammen Pfoten, da kommt der Kleine raus. Ganz verstört war der, aber nicht verletzt. Der Schnee hat ihn gerettet und mich der Flecki.«
    Wieder streichelte er den Hund, der sich vertrauensvoll an seine Hand schmiegte.
    Vollert unterbrach die Szene. Er kam mit einem gefüllten Teller und Besteck ins Zimmer.
    »Es gab leider nur noch Kartoffelsalat mit Würstchen. Ich hab die Würstchen warm machen lassen, deswegen hat es ein wenig länger gedauert.« Er stellte schwungvoll den Teller vor Wiese ab. »Guten Appetit!«
    Der starrte auf den Teller, dann auf Vollert und dann auf Flecki.
    »Für mich?«
    »Nur für Sie! Für den Hund habe ich auch was.«
    »Der Hund heißt Flecki«, warf Kröger ein.
    »Na denn, Flecki, hau rein!« Vollert stellte einen Teller mit zwei Wiener Würstchen vor den Hund. Der zierte sich nicht lange und schlang die Würste hinunter. Seine heftig wedelnde Rute bewies, dass es ihm schmeckte.
    Wieses Blick irrte noch immer zwischen Teller, Besteck und Vollert hin und her. Sein Gesicht drückte Vorsicht aus, als glaubte er nicht, was er sah, oder als befürchtete er, man triebe mit ihm ein böses Spiel.
    Auffordernd nickte ihm Vollert zu und auch Kröger wünschte ihm freundlich einen guten Appetit. Endlich griff Wiese zum Besteck und begann zu essen. Er schlang die Mahlzeit förmlich in sich hinein.
    Kröger ging zum geöffneten Fenster. Er konnte den traurigen Anblick des schlingenden Mannes kaum ertragen. Vollert streichelte unterdessen den Hund, der nach den Würstchen Vertrauen zu ihm gefasst hatte und sich genüsslich das Fell kraulen ließ.
    Nach wenigen Minuten war auch Wieses Teller leer. Bedächtig legte Wiese das Besteck darauf, so vorsichtig, als wollte er kein Geräusch machen.
    »Hat’s geschmeckt?« Kröger hatte sich umgedreht.
    »Danke. Das war echt gut.« Wiese leckte sich einen Rest Mayonnaise von den Lippen.
    »Schön, dann können wir.« Kröger war an den Tisch getreten, stellte das Diktiergerät vor sich und setzte sich Wiese gegenüber. Der musterte das kleine Diktafon misstrauisch.
    Kröger deutete kurz auf das Gerät und meinte lapidar: »Das macht uns die Arbeit ein wenig leichter. Lassen Sie sich bitte davon nicht irritieren. Also, wie schon gesagt, wir befragen Sie als Zeugen. Mein Kollege und ich ermitteln in einem Mordfall und wir glauben, dass Sie uns eventuell weiterhelfen können.«
    »Mord …?«
    Wiese erblasste unter seiner Bräune. Man sah ihm an, dass er einen Moment benötigte, um das Gesagte zu verarbeiten.
    »Ja, Mord!« Kröger nickte bestätigend. »Sie waren am Freitag in der Nähe der Kiesgrube, kurz vor dem Ortsausgang?«
    Wiese zuckte mit den Schultern. Viel zu schnell, wie es Kröger schien.
    »Herr Wiese, bitte überlegen Sie. Es ist wichtig!« Kröger schob wieder die Schachtel Zigaretten über den Tisch.
    Gedankenverloren nahm Wiese eine Zigarette. »Mord … Mord …«, murmelte er, als er sie anzündete. Nach

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