Sonderauftrag
Akten oder geheimen Waffenproben aus der Giftküche des Tausendjährigen Reiches gerechnet … und plötzlich stehen wir vor einem Schatz.« Er trat zu Vollert. »Schön, nicht wahr?«
Vollert schaute auf. Sein Blick war entrückt. Er hatte noch das Bild des Elefanten vor Augen. Er nickte. Man merkte ihm an, dass es ihm schwerfiel, sich von der kleinen Schnitzerei zu lösen.
»Dort hinten steht übrigens ein kleiner Löwe. Scheint vom gleichen Meister gefertigt worden zu sein.« Dr. Brauners Hand zeigte auf eine Figur, die hinter einem silbernen Teller hervorschaute. Vollert ging um den Tisch herum und begutachtete die Skulptur.
Kröger wandte sich an Dr. Brauner: »Habt ihr schon eine Ahnung, woher das alles stammt und was es wert ist?«
Der lachte kurz gequält auf. »Mann, da präsentieren wir ihm den Fund unseres Lebens und er kommt sofort mit profanen Fragen! Vor zwei Stunden haben wir die Kiste geöffnet, alles Stück für Stück verzeichnet, wie es sich gehört, und der Herr wünscht den Besitzer und den Wert des Ganzen zu erfahren. Also, Horst, bei aller Liebe …«
»Ist ja gut! Es war nicht so gemeint. Nimm es als rein rhetorische Äußerung meinerseits.«
Dr. Brauner knurrte versöhnlich. Södermann, der bisher geschwiegen hatte, wandte sich an Dr. Brauner. »Aber Sie haben Hoffnung, feststellen zu können, woher das alles stammt?«
Dr. Brauner wiegte den Kopf hin und her. »Nun, ob bei jedem einzelnen Stück, vermag ich nicht zu sagen, aber im Großen und Ganzen schon. Vor allem ein Gemälde wird uns weiterhelfen können.« Er trat an den Tisch und zeigte auf ein Bild.
Man sah einen alten Mann, der sie vorwurfsvoll anzublicken schien. Trotz der geringen Bildgröße von etwa 30 mal 40 Zentimetern spürte man eine Ausdrucksstärke, die einen großen Meister als Urheber dieses Kunstwerkes verriet.
»Wahrscheinlich ein Tizian! Seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen!«
Die Männer betrachteten das Antlitz des Greises, der jeden von ihnen anzublicken schien. Die Lagerung in der Kiste und wahrscheinlich auch der unsachgemäße Transport hatten dem Bild nicht gutgetan. Tiefe Risse durchzogen das Gemälde. Stellenweise waren Farbschichten abgeplatzt. Und trotzdem hatte dieses Gesicht etwas Erhabenes. Es strahlte eine besondere Form von Lebendigkeit aus, jetzt, wo es wieder ans Tageslicht geholt worden war. Vorbei die 50-jährige Gefangenschaft in seinem Sarg, eingemauert in einem Keller.
»Weißt du das genau?« Kröger hatte sich an Dr. Brauner gewandt.
»Genau nicht. Bin ja kein Kunstsachverständiger…« Er ging Richtung Tür. »Bin gleich wieder da«, setzte er entschuldigend hinzu, dann war er verschwunden, um keine Minute später wieder mit einem Kunstband in der Hand vor Kröger zu stehen. Etwas außer Atem forderte er ihn auf: »Hier, schau selbst!«
Er schlug eine bestimmte Seite auf und Kröger erblickte den alten Mann – doch diesmal als Schwarz-Weiß-Fotografie. ›Selbstbildnis von Tizian‹, las Kröger und ›Wawel (Königsschloss) Krakau‹.
»Daraufhin habe ich mit einem Museumsmitarbeiter des Kulturhistorischen Museums telefoniert, der mir bestätigt hat: Dieses Bild«, er tippte heftig auf den Kunstband, »ist seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen.«
Vollert und Kriminalrat Södermann schauten Kröger über die Schulter und verglichen die Fotografie mit dem Gemälde.
»Meiner Meinung nach ist es ein und dasselbe Bild. Was sagen Sie?« Vollert blickte seinen Vorgesetzten fragend an.
Kriminalrat Södermann wiegte den Kopf hin und her. »Auf den ersten Blick schon, auch auf den zweiten, aber es kann genauso gut eine Fälschung sein oder eine Kopie. Da müssen Fachleute ran. Ich werde alles Notwendige in die Wege leiten.« Schnellen Schrittes verließ er den Raum.
»Habt ihr sonst noch etwas?« Kröger verglich ein letztes Mal Fotografie und Gemälde.
»Reicht dir wohl noch nicht? Wir zeigen euch Schätze aus Tausendundeiner Nacht und dieser Mensch fragt: Habt ihr sonst noch was?« Dr. Brauner zeigte Kröger einen Vogel.
»Entschuldige, man wird doch noch fragen dürfen.«
»Ja, darfst du. Je mehr er hat, je mehr er will. Nie schweigt sein Verlangen still!« Er verschränkte die Arme vor der Brust und fuhr fort: »Wir haben noch Einiges. Das Ganze war nicht sehr professionell verpackt. Zwar war jedes Stück in Ölpapier gewickelt und der Tizian extra in Leinen eingeschlagen, aber die Kleinode schlugen beim Transport aneinander. Wahrscheinlich dadurch auch die Farbabplatzungen
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