Sonea 3 -
weil Anyi sich vorbeugte, ihr Kinn umfasste und sie küsste.
»Ich vermisse dich ebenfalls«, sagte sie leise und grimmig.
Dann zog sie Lilia an sich. Eine Weile hielten sie einander einfach umfangen und trösteten sich in körperlicher Wärme und Nähe. Allzu bald seufzte Anyi und löste sich von Lilia.
»Cery wird sich fragen, wohin wir gegangen sind«, murmelte sie.
Sie stand auf und streckte Lilia eine Hand hin. Als Lilia sie nahm, zog Anyi sie auf die Füße, aber in derselben Bewegung drückte sie Lilia wieder an sich und küsste sie erneut. Diesmal war es ein langer Kuss, als hätte sie ihre letzten Worte vergessen.
Ein Schritt, gefolgt von einem scharfen Einatmen, riss Lilia jäh in ihre Umgebung zurück. Sie und Anyi sprangen auseinander und wirbelten zu der Tür herum. Anyi nahm Kampfhaltung ein. Lilia hatte Magie in sich hineingezogen und einen Schild geformt, bevor sie sah, dass nur Cery in der Tür stand.
Sein Gesicht war vor Überraschung erstarrt. Als Anyi einen Fluch murmelte, veränderte sich Cerys Miene, und anstelle der Überraschung waren da jetzt Verlegenheit und Erheiterung.
»Ich wollte nicht stören«, sagte er und machte einen Schritt rückwärts. »Kommt zurück, wenn ihr so weit seid.«
Dann drehte er sich mit einem kaum unterdrückten Lächeln um und eilte davon.
Anyi schlug die Hände vors Gesicht und stöhnte. Lilia drückte mitfühlend die Schulter ihrer Freundin. Ich würde auch nicht wollen, dass mein Vater auftaucht, wenn ich eine andere Frau küsse. Während Anyis Schultern zu zittern begannen und sie anfing, erstickte Laute von sich zu geben, krampfte sich ihr Herz zusammen, bis sie sah, dass ihre Freundin die Hände an den Mund hob, und sie begriff, dass Anyi lachte.
»Nun«, sagte Lilia, während sie darauf wartete, dass Anyi aufhörte. »Das ist nicht die Reaktion, die ich erwartet habe.«
Anyi schüttelte den Kopf. »Nein. Das kann ich mir vorstellen.« Sie holte einige Male tief Luft und hatte große Mühe, nicht sofort wieder loszuprusten. »Ich mache mir seit Monaten Gedanken, wie ich es ihm beibringen soll. Jetzt brauche ich es nicht mehr zu tun.«
»Du wolltest ihm von uns erzählen?«
»Natürlich.«
»Aber … wird er nicht ärgerlich sein?«
»Nein. Ein wenig entsetzt vielleicht. Habe ich dir je erzählt, wo er zur Welt gekommen und aufgewachsen ist?«
Lilia schüttelte den Kopf.
»Nun, eigentlich muss er seine Geschichte selbst erzählen – und tatsächlich sind es viele Geschichten. Es war ein Ort, an dem man Menschen mit allen möglichen Geschmäckern und Ideen trifft.« Anyi ergriff Lilias Hand. »Komm. Wir sollten wirklich gehen. Er wird sich Sorgen machen, dass wir zu verärgert oder verlegen sind, um zurückzukommen. Und ich will sicherstellen, dass sein närrischer Plan so narrensicher ist wie möglich.«
11 Eine Planänderung
D ie Worte auf der Seite vor Dannyl waren so grau wie ein bedeckter Himmel. Tayend hatte Dannyl seinen mageren Vorrat an verbliebener Tinte gegeben, und da es weder die Sklaven noch Merria geschafft hatten, neue Tinte ins Gildehaus zu bringen, musste Dannyl mit Wasser verdünnen, was noch übrig war. Er befolgte Tayends Rat und verschloss seine Forschungsnotizen jetzt mit Magie, wann immer er mit der Arbeit an ihnen fertig war.
Eine Bewegung lenkte seine Aufmerksamkeit gerade rechtzeitig auf die Tür, um zu sehen, wie Kai sich auf den Boden warf.
»Eine Kutsche vom Palast ist eingetroffen, Herr«, sagte der Sklave.
Wieder Achati. Er seufzte und schloss für einen Moment die Augen. Es wird nicht einfacher. Er öffnete die Augen, trocknete die Tinte auf der Seite, säuberte seine Feder, verstaute alles in einer Schublade und schützte es mit Magie. Dann entließ er Kai, straffte sich und machte sich auf den Weg zum Herrenzimmer.
Der Türsklave hüpfte buchstäblich von einem Fuß auf den anderen, bis er Dannyl sah und sich mit dem Gesicht nach unten auf den Boden warf.
»Lord Lorkin ist zurückgekehrt, Herr!«, erklärte er.
Dannyls Herz setzte einen Schlag aus. »Lorkin?«
Er eilte los, aber Soneas Sohn kam bereits aus dem Eingangsflur. Als der junge Mann den Raum betrat, überlief Dannyl ein Frösteln. Irgendetwas ist mit ihm passiert, dachte er, obwohl er sich nicht sicher war, woher er es wusste. Dannyl musterte Lorkin. Da war keine Spur einer Verletzung, obwohl es schwer zu erkennen war, da die Gilderoben so viel verbargen. Abgesehen von dunklen Ringen unter den Augen, die auf Schlafmangel schließen ließen,
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