Sonea - Die Heilerin: Roman
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Nachdem sie wieder einmal zum Fenster zurückgekehrt war, an das sie sich einen Stuhl gestellt hatte, stützte sie sich auf die Fensterbank. Dort draußen veränderte sich zumindest etwas, selbst wenn es nur ein Vogel war, der über die Baumwipfel flog, oder die Neigung der Schatten, während die Stunden langsam verstrichen. Den Anblick ihres Zimmers war sie inzwischen gründlich leid.
Ein Klopfen riss sie aus ihren Gedanken. Sie setzte sich aufrecht hin und drehte sich um, um zur Haupttür hinüberzuschauen. Sie konnte in dem Fenster in der Tür einen Teil eines Gesichts sehen, dann verschwand es. Das Schloss klackte, und die Tür wurde geöffnet.
Welor kam mit einem Tablett herein. Aber ich habe nicht mal Hunger …
»Ich wünsche Euch einen guten Abend, Lady Lilia«, sagte er, während er das Tablett auf den Esstisch stellte. »Euer Mahl – und ich habe noch etwas, das ich Euch versprochen habe.«
Er hatte sich zwei harte, rechteckige Gegenstände unter den Arm geklemmt und hielt sie ihr jetzt hin. Ihr Herz machte einen Satz, als sie erkannte, was es war. Bücher!
Bevor es ihr recht bewusst wurde, war sie auch schon auf den Beinen und eilte durch den Raum. Welor grinste, als sie ihm die Bücher abnahm.
»Sie stammen aus der Bibliothek der Wache«, erklärte Welor. »Vielleicht nicht so interessant wie Bücher über Magie, aber es stehen einige aufregende Geschichten darin.«
Sie las die Titel, und ihre Schultern sackten ein wenig herab. Schlachten der Vin-Flotte vor dem Bündnis stand in winzigen Lettern auf einem Buchdeckel, und Strategien für effektive Kontrolle von Menschenmengen während Prozessionen und anderer Ereignisse stand umgeben von einem kunstvoll verzierten Rahmen auf dem anderen. Sie blickte zu Welor auf, sah, dass er sie erwartungsvoll beobachtete, und hoffte, dass man ihr ihre Enttäuschung nicht anmerkte.
»Vielen Dank«, sagte sie.
»Es ist alles, was ich in die Finger bekommen konnte«, erklärte er. »Bis ich einen freien Tag habe.«
»Es ist mehr, als ich jemals erwarten sollte«, erwiderte sie und senkte den Blick.
»Nun … wir sollen dafür sorgen, dass Ihr es bequem habt.« Er zuckte die Achseln. »Wenn Euch diese Bücher gefallen, kann ich weitere beschaffen. Oder vielleicht … meine Frau mag diese romantischen Abenteuer. Ich weiß nicht, ob sie nach Eurem Geschmack sind, aber ich bin mir sicher, sie würde Euch erlauben, sie auszuborgen.«
Lilia lächelte. »Ich könnte es ja einmal versuchen. Wenn sie sie für gut hält.«
Er grinste. »Sie mag sie sehr.« Er richtete sich ein wenig höher auf. »Nun, Ihr solltet besser essen, bevor es kalt wird.« Er machte eine flüchtige Verbeugung und verließ den Raum.
Da niemand da war, den sie kränken konnte, wenn sie während der Mahlzeit las, nahm Lilia beim Essen das erste Buch in Augenschein. Die Einführung war lang und trocken und das erste Kapitel nicht viel besser. Sie war sich nicht sicher, ob sie beeindruckt sein sollte, dass Welor ein solch schwieriges Buch gelesen und genossen hatte. Nicht alle Männer, die der Wache beitraten, konnten lesen, und jene aus den Klassen, die sich eine Ausbildung leisten konnten, sich dann aber mit einer Laufbahn in der Wache begnügten, taten das im Allgemeinen deshalb, weil sie nicht klug genug für besser bezahlte Arbeiten waren.
Vielleicht ist Welor eine Ausnahme. Vielleicht gefällt es ihm, in der Wache zu sein. Bei dem Gedanken schürzte sie die Lippen. Aber wie ist er dann zu einer niederen Arbeit als Gefängniswächter gekommen?
Es war ein Rätsel, das sie würde entwirren müssen. Oder vielleicht war es doch kein so großes Rätsel; der Umstand, dass sie sich mit einer kleineren Welt begnügen musste, ließ es so erscheinen.
Als sie mit der Mahlzeit fertig war, griff sie nach den Büchern und ging zum Fenster, doch als sie an der Nebentür vorbeikam, hörte sie ein dreimaliges scharfes Klopfen.
Sie erstarrte, dann schaute sie zu der Tür hinüber. Ihr Herz schlug vier … fünf Mal, dann klopfte es von neuem.
Das ist verrückt. Das leiseste Geräusch von draußen, und ich bin vollkommen nervös. Sie ging zur Tür und legte ein Ohr an das Holz.
»Lasst Euch nicht von dem täuschen, was er über die Ehefrau sagt. Er mag Euch.«
Lilia machte einen Sprung rückwärts und starrte die Tür an. Dann blitzte Ärger in ihr auf, und sie kehrte zurück.
»Ihr denkt, er lügt? Dass er gar keine Ehefrau hat?«
Durch die Tür gedämpft, erklang ein leises Geräusch.
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