Sonea - Die Heilerin: Roman
vermischten sich miteinander, während sie über das nachdachte, was sie eben gehört hatte. Triumph, dass sie recht gehabt hatte: Kallens Feuelgebrauch war ein Problem. Sorge, dass sie recht hatte: Kallens Benutzung war ein Problem. Was es, weil er ein Schwarzmagier war, auch zu ihrem Problem machte.
Die Tür zu Osens Büro war noch nicht wieder zugefallen, als Sonea sie erreichte, so dass sie sich gerade noch hindurchschieben konnte. Rothen war bereits anwesend. Sie lächelte ihm im Vorbeigehen zu. Die Oberhäupter der Disziplinen saßen auf ihren gewohnten drei Stühlen. Kallen stand an der Wand. Der Administrator saß. Er schaute ihr in die Augen, und sie tauschten ein Nicken, dann nahm sie ihren gewohnten Platz neben seinem Schreibtisch ein.
Die wenigen noch fehlenden Höheren Magier trafen kurz darauf ein, und Osen begann die Besprechung, indem er erklärte, was vor der Anhörung geschehen war: Dannyls Informationen, woraufhin er Kallen mit Naki und Sonea mit Lilia gerufen hatte, und was Kallen in Nakis Geist gesehen hatte, sobald ihr Ring entfernt worden war.
»Der König hat Naki keinen Gnadenerlass gewährt«, eröffnete Osen ihnen, nachdem er mit seinen Erklärungen zum Ende gekommen war.
Stille folgte dieser Ankündigung. Sonea betrachtete die Gesichter der Magier. Einige nickten und waren wenig überrascht. Andere wirkten schockiert. Rothen beobachtete sie mit mitfühlender, besorgter Miene. Ihr wurde flau im Magen, und ihr Mund wurde trocken.
Was werde ich tun, wenn sie mich bitten, die Hinrichtung vorzunehmen? Sie hatte bereits beschlossen, nicht dagegen zu protestieren, falls man es ihr befahl, aber wenn man ihr die Gelegenheit gab, es zu vermeiden, dann würde sie diese Gelegenheit nutzen. Es gibt keine richtige Entscheidung in diesem Fall. Entweder, ich tue es und bin für einen weiteren Tod verantwortlich, oder ich weigere mich und zwinge einen anderen, diese Bürde auf sich zu nehmen.
Der andere würde höchstwahrscheinlich Kallen sein. Er hatte noch nie zuvor jemanden getötet – gewiss nicht mit schwarzer Magie, und wenn Naki sterben sollte, ohne dass ihre Magie entfesselt wurde, dann musste man ihr vorher ihre Kräfte nehmen. Naki war kein feindlicher Eindringling, sie war eine junge Frau und Kyralierin. Obwohl Sonea den Mann nicht mochte, würde sie ihm die Bürde, jemanden töten zu müssen, nicht wünschen.
Wenn ich es tue, werden die Menschen mich anders sehen. Als gnadenlos und kalt. Wenn ich vor dieser Pflicht zurückschrecke, werden sie mich als illoyal und feige betrachten. Sie werden …
»Ich habe die Angelegenheit mit Schwarzmagier Kallen und dem Hohen Lord Balkan besprochen«, sagte Osen. »Kallen wird Nakis Macht nehmen, und Balkan wird die Strafe ausführen.«
Sonea blinzelte überrascht, noch während Erleichterung sie durchflutete. Sie war nicht die Einzige im Raum, deren Ausatmen eher wie ein Stöhnen klang.
»Der König hat zugestimmt, dass es keine öffentliche Hinrichtung sein sollte«, fuhr Osen fort. »Trotz der abschreckenden Wirkung, die eine solche Hinrichtung vielleicht haben würde.« Alle Magier im Raum nickten zustimmend. »Es wird noch heute Abend geschehen. Die Existenz dieser Edelsteine, die eine Gedankenlesung blockieren, muss ein Geheimnis bleiben«, sprach Osen energisch weiter. »Außer den hier Anwesenden darf niemand davon erfahren. Die Sachakaner wissen nichts von ihnen, und wenn sie von dieser Art von Magie erfahren, könnten die Konsequenzen katastrophal sein.«
Er nahm sich die Zeit, jedem Magier in die Augen zu sehen, bis er von allen ein Nicken oder ein verständnisvolles Murmeln erhalten hatte; dann entspannte er sich und forderte zu Fragen auf. Sonea hörte nicht, was gefragt wurde, so sehr war sie mit ihrer eigenen Erleichterung beschäftigt.
Verspätet begriff sie die Überlegungen hinter Osens Entscheidung: Balkan war als Hoher Lord der Anführer der Gilde und als Krieger ausgebildet, daher war es passend, dass er dem Gesetz Genüge tat. Sie und Kallen waren nur deshalb als Schwarzmagier akzeptiert worden, damit sie die Gilde gegen eine Invasion verteidigen konnten. Wenn Kallen Naki ihre Macht nahm, war das eine praktische Maßnahme und unterschied sich kaum von dem, was er und Sonea für sterbende Magier taten, um sicherzustellen, dass sie aus dem Leben schieden, ohne dass die in ihnen verbliebene Magie irgendwelche Zerstörungen anrichtete.
Dann stahl sich eine törichte Sorge in Soneas Gedanken. Haben sie geglaubt, ich könne
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