Sonea - Die Heilerin: Roman
erwiderte sie und hoffte, dass sie nicht allzu selbstgefällig klang.
»Oh. Freunde an hoher Stelle.« Zu Lilias Erleichterung schlug Madie einen eher fröhlichen, gutmütig-spöttischen Ton an.
Froje runzelte die Stirn und trat näher. »Du weißt doch, dass man sich Geschichten über sie erzählt, nicht wahr?«, fragte sie mit leiser Stimme.
Lilia starrte das Mädchen an. Froje neigte normalerweise nicht zu Klatsch und Gehässigkeit. Das Mädchen wirkte auch eher besorgt als hinterhältig.
»Geschichten gibt es über jeden«, erwiderte Lilia leichthin, dann verfluchte sie sich. Ich hätte mitspielen sollen, um herauszufinden, was die Leute sagen. Nicht dass ich es glaubte, aber trotzdem … es könnte Naki helfen, Ärger zu vermeiden.
Madie lächelte. »Nun, du kannst uns erzählen, ob es wahr ist oder nicht, hm?« Sie sah Froje an und deutete mit dem Kopf auf den Haupteingang der Novizenquartiere. »Viel Spaß«, fügte sie hinzu, dann setzten die beiden ihren Weg fort.
Lilia ergriff ihre Tasche und folgte ihnen langsam, wobei sie ihnen einen gewissen Vorsprung ließ. Als sie aus dem Novizenquartier trat, entdeckte sie Naki sofort, und augenblicklich hellte sich ihre Stimmung auf. Die späte Sonne zeichnete goldene Strähnen in das Haar ihrer Freundin und ließ ihre blasse Haut leuchten. Auch andere Novizen umschmeichelten die Sonnenstrahlen. Aber keinem steht es so gut wie Naki. Die Hälfte der Jungen hier draußen starrt sie an. Ich kann nicht glauben, dass jemand, der so schön und so beliebt ist, meine Freundin sein will.
Naki entdeckte sie und lächelte. Lilia wurde warm ums Herz, aber gleichzeitig flatterte ihr Magen unbehaglich, wie er das getan hatte, seit Naki sie zu sich nach Hause eingeladen hatte. Ich sollte besser nichts tun, was sie verärgern könnte, denn ich habe weder das gute Aussehen noch den Charme, die sie hat, um sicherzustellen, dass ich immer Leute haben werde, die darauf warten, mein Freund zu sein.
»Vaters Kutsche wartet auf uns«, sagte Naki, als sie einander gegenüberstanden.
»Oh! Entschuldige. Ich bin wohl zu spät dran.«
»Nein, eigentlich nicht.« Naki zuckte die Achseln und wandte sich dem Pfad zu, der durch die Gärten führte. »Er schickt die Kutsche oft ziemlich früh. Es ist ärgerlich, da nur eine begrenzte Anzahl an Kutschen vor der Universität Platz hat und es immer zu Staus kommt. Was willst du heute Abend machen? Ich finde, wir sollten dir das Haar aufstecken.«
Lilia versuchte, nicht zusammenzuzucken. Ihre Mutter hatte kunstvolle Dinge mit ihrem Haar gemacht, als sie noch klein gewesen war, und sie hatte das Zupfen und Zwicken gehasst, genau wie den Juckreiz, den die Spangen verursachten. Naki blickte Lilia an und runzelte die Stirn.
»Was ist los?«
»Nichts.« Lilia sah Ungläubigkeit in den Zügen des anderen Mädchens. »Meine Mutter hat es zu besonderen Anlässen gemacht. Es haben immer Haare geziept oder Nadeln gepiekst.«
»Keine Sorge. Ich verspreche dir, dass nicht ein einziges Haar ziepen wird. Es wird Spaß machen.«
»Ich werde dich beim Wort nehmen.«
Naki lachte – ein kehliges, tiefes Lachen, bei dem sich etliche Köpfe drehten. Sie plauderten weiter miteinander, während sie durch die Gärten gingen. Als sie die Auffahrt erreichten, waren schon zahlreiche Kutschen vorgefahren. Naki griff nach Lilias Arm und führte sie zielstrebig zum Wagen ihrer Familie. Der Kutscher sprang vom Bock, um ihnen den Schlag zu öffnen.
Der Stau der Kutschen draußen hielt sie eine Weile auf, aber Lilia bemerkte es kaum. Sie war zu beschäftigt damit, das Gespräch mit Naki zu genießen. Sie begannen mit dem Austausch erheiternder Geschichten über Begegnungen zwischen Dienern und ihren Herren, dann folgte eine Anekdote über eine Dienerin, mit der Naki aufgewachsen war. Als Naki mit ihrer Geschichte fertig war, hielt sie inne und sah Lilia nachdenklich an.
»Weißt du, du erinnerst mich stark an sie. Ich wünschte, ihr hättet einander kennenlernen können.«
»Sie arbeitet nicht mehr für euch?«
»Nein.« Nakis Miene verdüsterte sich. »Vater hat sie weggeschickt.«
Er scheint in all ihren Geschichten der Böse zu sein, ging es Lilia durch den Kopf.
»Du magst ihn nicht, oder?«, fragte sie vorsichtig, nicht sicher, wie Naki auf eine persönliche und vielleicht heikle Frage reagieren würde.
Mit Nakis Gesicht ging eine dramatische Veränderung vor. Ihr Blick verfinsterte sich, und ihre Züge zeigten Anspannung. »Nicht sehr. Und er hasst
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