Sonea - Die Heilerin: Roman
widerstrebt hat, ihre Gedanken zu lesen. Es könnte ihr Volk beleidigen.«
Cery runzelte die Stirn. »Sie hat die Gesetze unseres Landes gebrochen und sich mit ihrem Sohn verschworen, die Unterwelt der Stadt zu übernehmen und Magier zu versklaven. Die Gilde macht sich Sorgen, ihr Volk zu beleidigen?«
»Ja, es ist lächerlich. Aber ich nehme an, sie wird noch weniger zu einer Zusammenarbeit geneigt sein, wenn wir ihre Kräfte blockieren.«
»Sie könnte vielleicht eher dazu geneigt sein, wenn du andeuten würdest, dass du die Blockade später vielleicht entfernen wirst.«
Sonea sah Cery tadelnd an. »Ich soll sie belügen?«
Er nickte.
»Ihr Gildeleute seid viel zu zimperlich«, bemerkte Anyi. »Die Dinge wären erheblich einfacher, wenn ihr euch nicht immer Sorgen über Regeln machen würdet und darüber, Feinde zu belügen oder Menschen zu beleidigen.«
»Als sei das Leben eines Diebes in dieser Hinsicht anders«, entgegnete Sonea.
Anyi hielt inne. »Ich schätze, das ist wahr, aber eure Regeln zwingen euch, ständig so verdammt nett zu sein. Niemand erwartet von einem Dieb, dass er nett ist.«
»Nein.« Sonea lächelte. »Aber was denkst du, wie es in den Verbündeten Ländern aufgenommen würde, wenn wir nicht mehr nett wären?«
Anyi runzelte die Stirn, öffnete den Mund und schloss ihn dann wieder.
»Mir fällt da gerade das Wort ›Sachaka‹ ein«, murmelte Gol.
Die junge Frau nickte. »Ich verstehe, was ihr meint. Aber vielleicht gibt es Zeiten, zu denen man etwas weniger nett sein muss, um zu vermeiden, dass etwas wirklich Abscheuliches geschieht. Wie zum Beispiel, dass Skellin die Kontrolle über die Stadt erlangt.«
Anyi sah Sonea erwartungsvoll an. Sonea unterdrückte einen Seufzer. Da hat sie nicht ganz unrecht. Sie blickte zu Cery.
»Ich werde noch einmal mit ihr reden«, versprach sie. »Aber ich werde sie nicht täuschen, es sei denn, es gäbe keine Alternative. Selbst kleine Betrügereien neigen dazu, später unangenehme Konsequenzen zu haben.«
4 Besuche
L ilia griff nach ihrer Tasche und hielt inne, um sich im Raum umzusehen. Wie die meisten Studienanfänger aus den unteren Klassen war sie erstaunt gewesen festzustellen, dass sie im Novizenquartier ein ganzes Zimmer für sich haben würde. Nach den Maßstäben der Schnösis waren die Räume natürlich nicht groß. Sie enthielten ein Bett, einen Schrank, einen Schreibtisch und einen Stuhl. Die Diener wuschen das Bettzeug und hielten die Räume sauber.
Vor einigen Jahren, als die Anzahl der Magier wegen des Krieges geringer geworden und die der Novizen durch die Aufnahme von Prollis schnell angewachsen war, hatten sich die Novizenquartiere rasch gefüllt, und es war den Novizen aus den Häusern gestattet worden, sich leere Räume in den Magierquartieren zu teilen.
Dies hatte sich inzwischen geändert. Die Magierquartiere waren wieder voll besetzt. Nach ihrem Abschluss hatten die Prollis Vorrang, wann immer Räume frei wurden, da es bei Magiern aus den Häusern wahrscheinlicher war, dass sie respektable Häuser in der Stadt hatten. Einige Prollis benutzten ihr Einkommen vom König, um sich ebenfalls Häuser in der Stadt zu kaufen oder zu mieten.
Die Novizenquartiere waren noch immer zu klein, und die Gilde war gezwungen gewesen, einigen der Schnösis zu erlauben, zu Hause zu leben. Sie hatte dies nur widerstrebend getan, wie Lilia wusste, weil Magier sich nicht in Politik einmischen sollten und die Häuser immer in Politik verstrickt waren. Es half, diese Bande zu zerreißen, wenn man Schnösi-Novizen aus ihren Familien herausholte.
Naki war einer der Schnösis, die zu Hause lebten. Sie sagte, sie hasse es. Lilia glaubte ihrer neuen Freundin nicht ganz, und es hielt sie gewiss nicht davon ab, die Einladung abzulehnen, eine Nacht dort zu verbringen.
Habe ich alles? Sie sah ihre Tasche an und betrachtete den Inhalt: einige Toilettengegenstände, ein Nachthemd und eine frische Robe. Wir Magier brauchen nicht viel.
Sie öffnete die Tür und trat in den Flur hinaus. Zu ihrem Entsetzen kamen gerade zwei ihrer Freunde aus ihrer Klasse vorbei. Obwohl ihre Freundinnen ihr, seit sie feste Freunde hatten, nicht mehr viel Aufmerksamkeit schenkten, würden sie doch alles Ungewohnte an ihrem Verhalten bemerken. Lilia stellte beklommen fest, dass die beiden sofort neugierig wurden, als sie sie mit ihrer Tasche entdeckten.
Madie kam herübergeschlendert, und Froje folgte ihr.
»Hallo, Lilia! Wo willst du denn hin?«
»Zu Naki«,
Weitere Kostenlose Bücher