Song of Blood (German Edition)
der Bewegung, ohne den harten, eisernen Griff seiner Finger zu lockern.
„Wicht!“, fauchte Bhreac, verzog seine Lippen zu einem sadistischen Lächeln und drückte ein wenig mehr zu. Lorcans Finger tasteten zitternd nach seiner Hand und versuchten sie von seiner Gurgel zu lösen.
„Ich lasse dich leben und du wirst mir helfen, Far einzufangen“, sagte Bhreac nun im ruhigen Ton und ignorierte Lorcans zerrende Finger. „Und danach trittst du mir die Herrschaft ab. Ich kann nicht dulden, dass du meine Autorität ständig infrage stellst. Oder möchtest du lieber, dass ich offiziell einen Zweikampf fordere?“
Wütend starrte ihn Lorcan an und schloss dann ergeben die Augen. Bhreac stieß ihn endlich so wuchtig von sich, dass Lorcan erst einige Schritte zurücktaumelte und schließlich zu Boden krachte. Gierig saugte er Luft in seine Lungen.
„Kein … Kampf …“, keuchte er.
„Eine kluge Entscheidung, Lorcan. In einem Duell wäre mir auch nichts anderes übrig geblieben, als dich zu töten, nicht wahr? Eigentlich hatte ich vor, dich weiterhin als Marionette herrschen zu lassen. Aber das scheint ja nicht möglich zu sein. Cailean ist dein Cousin“, äffte er seinen Bruder nach. „Cailean ist ein Dummkopf, ein Arschkriecher. Er hat in seinem Leben noch nie etwas zustande gebracht, als andere zu bespitzeln. Ich sage dir etwas, Lorcan: Unser lieber Cousin ist ersetzbar.“
„Und Far nicht, oder was?“, krächzte Lorcan mit rauer Stimme. Er rieb sich den schmerzenden Hals. Bhreac sah ihn nachdenklich an.
„Oh, Baxter. Aye, der ist ein ganz anderes Kaliber. Er ist ehrgeizig und klug. Und darüber hinaus weiß er, wer sein Herr ist, Bruder.“
„Und was bleibt für mich drin?“, fragte Lorcan und erhob sich mit einem letzten Rest Würde.
„Du wirst meine rechte Hand sein.“
„Ich dachte, diesen Posten hättest du für deinen heiß geliebten Far reserviert“, brummte Lorcan. Zu seiner Überraschung schüttelte Bhreac den Kopf und nahm sich ein neues Glas aus der Bar.
„Far“, schnurrte er regelrecht, während die blutrote Flüssigkeit langsam das kostbare Kristall füllte, „Far habe ich mir für andere Dinge reserviert. Dinge, Lorcan, die du oder Cailean niemals verstehen werdet. Die unser kleiner Songlian allerdings durchaus begriffen hat.“
***
Die notwendige und langatmige Zeremonie konnte Bhreac nicht wirklich genießen, denn seine Gedanken verweilten wie in letzter Zeit beinahe ständig bei dem vampirischen Officer der SEED. Seitdem Far zusammen mit Songlian aus Moskau geflüchtet war, hatte seine Abwesenheit wie ein Krebsgeschwür an ihm genagt. Inzwischen war diese Wucherung so groß geworden, dass Bhreac sie nicht mehr ignorieren konnte. Zudem wollte er sie nicht mehr ignorieren. Sein ganzes Leben lang hatte er sein Streben und seinen Verstand zum Wohl der Sippe eingesetzt. Jetzt wollte er ein einziges Mal an sich selbst denken. Außerdem fielen ihm Entscheidungen wesentlich leichter, wenn er wusste, dass Far in seinen Schlafzimmer bereits auf ihn wartete. Far. Gefährlich, attraktiv und willig … Dabei schob Bhreac den Gedanken, dass er sich die Willigkeit des Officers nur durch massive Drohungen erkauft hatte, großzügig von sich. Auch die Tatsache, dass Far ihm voller Verachtung seinen Hass entgegen geschleudert hatte, ließ Bhreac einfach unter den Tisch fallen. Dagegen erinnerte er sich umso deutlicher an das schöne, behagliche Gefühl mit Far in den Armen am frühen Morgen aufzuwachen …
Abrupt wurde Bhreac von der Realität aus seinen angenehmen Tagträumen gerissen. Lorcan kniete vor ihm nieder, ergriff seine Hand und küsste sie demütig, wie es das Protokoll erforderte. Anschließend sprach er den Treueeid. Bhreac musste ihm zugutehalten, dass sein Bruder seine Stimme gut im Griff hatte, deutlich und laut sprach und sich seine brodelnde Wut nicht anmerken ließ. Erst am Vortag hatte er tatsächlich den unsinnigen Versuch gestartet ihn auszulöschen. Doch Bhreac hatte bereits damit gerechnet und sich vorbereitet. Immerhin kannte er seinen Bruder. Und sicherlich wäre er auch ein wenig enttäuscht gewesen, wenn Lorcan es nicht wenigstens versucht hätte. Der Angriff war von daher ins Leere gelaufen und beinahe hatte Lorcan selbst dran glauben müssen. Lediglich einer sentimentalen Laune Bhreacs war es zu verdanken, dass sein älterer Bruder noch lebte. Es war der Gedanke, bald wieder mit Far vereint zu sein, der Bhreacs Stimmung beträchtlich hob. Trotz
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