Song of Blood (German Edition)
allem hatte es zwei ausgesaugter Leichen und einer Nacht intensivster Ruhe bedurft, damit Lorcan heute vor ihm knien konnte. Die weißen Verbände zeugten davon, dass sich sein Bruder nicht vollkommen von ihrer Auseinandersetzung erholt hatte. Allerdings war dies eine willkommene Warnung an diejenigen, die mit dem Machtwechsel innerhalb der Sippe nicht ganz einverstanden waren, denn es erstickte jedes mögliche Aufbegehren im Keim. Als Nächstes sprach Cailean den Treueeid. Das lange silberblonde Haar verbarg dabei sein Gesicht, da er beim Niederknien unterwürfig den Kopf senkte. Cailean strebte nach Macht, Lorcan dagegen war in erster Linie rachsüchtig. Bhreac wusste, dass er sowohl seinen Bruder als auch seinen Cousin weiterhin im Auge behalten musste. Nach Cailean warf sich Fraser, sein Leibwächter, Schläger und Mädchen für alles, regelrecht zu seinen Füßen und leistete seinen Treueeid mit aufrichtiger Begeisterung. Bhreac musste ein gefühlsduseliges Lächeln unterdrücken. Auf Fraser mit seinem schlichten Verstand hatte er sich immer voll und ganz verlassen können. Genau wie Far war sein hündischer Anhänger ein menschgeborener Vampir. Fraser hatte sich auf Friedhöfen herumgetrieben, nachdem ihn derjenige, der ihn zum Vampir machte, schmählich im Stich ließ. Nicht besonders helle, dafür mit reichlich Muskelmasse versehen, hatte der verwirrte Fraser mit seinem Vampirdasein nichts anzufangen gewusst. In seinem Unwissen und seinem Bluthunger hatte er versucht, sich in der Friedhofskapelle an den aufgebahrten Leichen zu vergehen. Bhreac hatte ihn gerettet, bevor sich der Frischgeborene an den Toten vergiften konnte, und seitdem klebte Fraser wie eine Klette an ihm. Er würde niemals die Hand beißen, die ihn fütterte.
Aus den Augenwinkeln beobachtete Bhreac seinen Cousin, der sich abseits gestellt hatte und die anderen Vampire musterte, die an der Reihe waren ihren Treueeid abzulegen. Cailean war schön wie der Teufel und konnte sich im Aussehen sicherlich mit Songlian messen, obwohl der eine hell und der andere dunkel war. Allerdings fehlte ihm Songlians erotische Ausstrahlung, denn Cailean haftete etwas Kühles, Abweisendes an. Im Moment waren die schönen Züge seines Cousins deutlich umschattet. Die unerwartete Wendung, die die Ereignisse im Hause Walker genommen hatten, gefiel ihm ganz sicher nicht. Aber Cailean war zu klug, um das offen zuzugeben.
Bhreac lehnte sich in seinem Stuhl zurück, als der Nächste vor ihm niederkniete. Die gleiche zeitraubende Zeremonie würde er zu einem späteren Zeitpunkt in Moskau und New York über sich ergehen lassen müssen. Dorthin würden alle die Vampire seiner Sippe reisen, die heute nicht anwesend waren, um ihn als neues Oberhaupt der Familie anzuerkennen. Diejenigen, die nicht kamen, würden überzeugenden Besuch seiner treuen Anhänger bekommen und somit eine letzte Chance erhalten, sich zugunsten Bhreacs auszusprechen. Und die, die sich nicht überzeugen ließen, verdammten sich selbst. Sie würden vernichtet werden. Nach kurzem Grübeln kam Bhreac zu dem Schluss, dass es kaum jemand wagen würde, die Stimme gegen ihn zu erheben. Er seufzte. Die Aussicht auf die langweilige Zeremonie in den anderen Städten wurde lediglich durch den Gedanken gemildert, dass dann Far an seiner Seite stehen würde. Zum Teufel! Er brannte förmlich darauf, seinen Schwanz zwischen Fars Arschbacken zu versenken.
***
Drei weitere Übungsstunden hatte Far mit Mathis verbracht und war hinterher in den Pool gestiegen, um sich auf eine zusätzliche Trainingsstunde mit Songlian vorzubereiten. Er merkte, dass es seinen beiden Freunden sichtlichen Spaß bereitete, ihm ihr Wissen zu vermitteln. Songlian lehrte ihn inzwischen das Kämpfen, wobei er sich jetzt nicht mehr zurückhielt und Far stellte erfreut fest, dass er zunehmend weniger Blessuren davontrug. Bei seinen regelmäßigen Niederlagen tröstete er sich mit dem Gedanken, dass Songlian ihm etliche Jahrhunderte an Waffentraining mit einem ausgesuchten Meister voraushatte. Es wäre anmaßend und dumm zu glauben, seinen geschmeidigen Geliebten übertrumpfen zu können. Was allerdings nicht hieß, dass er es nicht versuchen konnte. Und so freute sich Far über den Stolz, der in Songlians bernsteingelbe Augen trat, wenn sie eine weitere Stunde abgeschlossen hatten. Von Mathis dagegen lernte Far die Tricks des Überlebens. Ständig brachte ihn sein Freund auf nächtlichen Streifzügen in verzwickte Situationen, aus
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