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Song of the Slums

Song of the Slums

Titel: Song of the Slums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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Toast, kalte Wurst, ein Stück Rote Bete und ein Eckchen Käse. Typisches Bediensteten-Essen. Sie schlang alles gierig hinunter, ohne auch nur das Geringste zu schmecken. Dann stellte sie sich an das winzige Fenster.
    Draußen war nichts zu sehen, außer waberndem Smog. Die unteren Stockwerke von Swale House lagen komplett im Smog. Sie malte sich aus, dass draußen Fabriken waren, Hochöfen, Kanäle, Lokomobile und Dampflastwagen – all das eben, was zu einer Industriestadt wie Brummingham dazugehörte. Aber alles, was sie sehen konnte, war gelblich-braune Leere.
    Sie hakte den Fensterriegel los und öffnete das Fenster ein paar Zentimeter weit. Sofort stieg ihr ein ekelhafter Geruch nach faulen Eiern in die Nase. Sie fing an zu husten, musste sich fast übergeben und schlug das Fenster eilig zu.
    Sie legte sich wieder ins Bett und kehrte zu ihren bitteren Gedanken zurück, die sich mit ihrer Mutter, ihrem Stiefvater, Verrol und den Swales beschäftigten. Ein deutliches Geraschel vor ihrer Tür riss sie aus diesen Tagträumen. Dann hörte sie Flüstern und Gekicher. Kinder?
    »Wer ist da?«, fragte sie. »Geht weg!«
    »Wer ist
da
?«, rief die Stimme eines Mädchens durch die Tür. »Sind Sie unsere neue Hauslehrerin?«
    »Geht
weg
!«, wiederholte Astor.
    Doch der Türknauf drehte sich, die Tür wurde aufgedrückt, und drei Kinder drängten in den Raum.

• 7 •
    Astor verabscheute die Art und Weise, mit der die Kinder sie betrachteten. Ohne Anstand, ohne den geringsten Respekt – sie begutachteten sie einfach nur ungeniert von Kopf bis Fuß.
    Die älteste der drei war ein Mädchen von etwa vierzehn Jahren. Sie war enorm dick, ihre Fettrollen ließen ihr grünes Samtkleid fast aus allen Nähten platzen. Ihr dunkles Haar kringelte sich in Löckchen, und die kleinen dunklen Augen verloren sich fast in dem fleischigen Gesicht.
    Der jüngste war ein etwa sechs Jahre alter Junge mit blonden Haaren, großen blauen Augen und engelsgleichen Gesichtszügen. Wobei sein sehr großer, ganz runder Kopf etwas unproportioniert war, wie der eines Säuglings.
    Der Mittlere war mit Abstand der größte, aber eindeutig jünger als das Mädchen. Er hatte einen leichten Flaum über der Oberlippe und grinste feixend. Astor fühlte sich besonders unangenehm berührt durch die Art, wie seine Augen über ihren Körper wanderten.
    Der Sechsjährige meldete sich als erster zu Wort. »Warum liegt fie angefogen im Bett?« Sein Lispeln unterstrich noch den Eindruck kindlicher Unschuld.
    »Vielleicht schlafen ihresgleichen immer angezogen«, sagte der Halbwüchsige.
    »Natürlich nicht, Dummkopf«, wies ihn das Mädchen zurecht.
    Sie war mit einem Satz am Bett, trotz ihres Gewichtes bewegte sie sich erstaunlich leichtfüßig. Astor verzog ihr Gesicht beim Anblick der schwabbelnden und wabbelnden Speckmasse und wandte ihren Blick ab.
    »Sie können mich ruhig ansehen, hören Sie?« Die Reaktion des Mädchens war schnell wie ein Peitschenschlag. »Da gibt es nämlich viel zu sehen. Ich bin Blanquette Swale.«
    Astor sagte nichts. Blanquette zeigte mit der Hand auf den Halbwüchsigen. »Und dieser grinsende Idiot ist mein Bruder, Prester Swale.«
    Die Beleidigung machte keinerlei Eindruck auf Prester. Sein Grinsen wurde nur noch breiter, als er sich neben seine Schwester stellte.
    Er betrachtete Astor ganz genau und drehte sich dann Blanquette zu. »Sie ist hübsch. Hübscher als die letzte. Ihre Haarfarbe gefällt mir.«
    Seine Unverschämtheit verschlug Astor den Atem. Wie konnte er es wagen, so anmaßend zu sein?
    »Wie alt bist du?«, fuhr sie ihn an.
    Prester grinste und kniff ein Auge zu. Er versuchte tatsächlich, ihr zuzuzwinkern!
    Blanquette antwortete an seiner Stelle. »Er ist zwölf, hält sich aber für zwanzig. Sein wirkliches mentales Alter ist ungefähr sechs. Genauso alt wie …« Sie drehte sich um. »
Widdy
! Hör auf damit!«
    Der kleine Junge spielte mit dem Essenstablett auf dem Tisch. Er goss kalten Tee aus einer Tasse auf eine Untertasse und wieder zurück.
    »Lass das, Widdy«, befahl Blanquette. »Bevor du etwas kaputtmachst.«
    Widdy ließ das Geschirr fallen, griff sich Messer und Gabel und raste durch den Raum wie ein Racheengel.
    »Jaaaaaaaa-aa!«, schrie er, während er auf das Bett zurannte. Dann stieß er die Messerklinge und die Gabelzinken in Astors Matratze.
    Astor wich reflexartig zur Seite. Sie starrte in die großen blauen Augen des Jungen, deren Ausdruck sie aber nicht deuten konnte. Weder Blanquette noch

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