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Song of the Slums

Song of the Slums

Titel: Song of the Slums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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steckte den Nachrichten-Zylinder in eine Öffnung in der Dampfleitung und zischend verschwand er.
    »Hier entlang, nehme ich an?«, gab sich Astor selbstsicher und ging geradewegs auf eine offiziell aussehende Tür zu, auf der das Familienwappen der Swales prangte.
    »Halt!«
    »Das dürfen Sie nicht!«
    »Nicht ohne Termin!«
    Astor betrat Bartizan Swales Büro, schloss die Tür hinter sich und damit auch die Protestrufe aus. Das Büro war von enormen Dimensionen und roch nach Leder und Zigarren. Bartizan saß hinter einem polierten Mahagonischreibtisch und rief Anweisungen in das Horn eines Sprechrohrs, das unter dem Schreibtisch im Fußboden verschwand. Er hatte zwar nicht die Speckrollen seiner Tochter, aber auch er war von ausladender vierschrötiger Gestalt, mit dicken, wulstigen Lippen und einer großen fleischigen Nase mit höhlenartigen Nasenlöchern.
    Er schob das Sprachrohr zur Seite und drehte sich in seinem Stuhl, um zu sehen, wer den Raum betreten hatte. »Und Sie sind?«
    Erinnerte er sich wirklich nicht? »Astor Vance«, antwortete sie. »Marshal Dorrins Stieftochter.«
    »Ach, natürlich. Die neue Hauslehrerin.«
    Astor kochte noch vor Ärger, aber sie musste zu Bartizan sprechen wie ein Erwachsener zum anderen, rational und unpersönlich. »Ich habe einen unschönen Vorfall zu melden. Er betrifft Blanquette, Prester und Widdy. Sie kamen einfach in mein Zimmer gestürmt und weigerten sich, es zu verlassen. Sie haben sich ungezogen verhalten.«
    »Ungezogen. Hmm.«
    »Sehr ungezogen. Widdy hat ein Messer zu fassen bekommen und absichtlich die Saiten meiner Harfe durchtrennt.«
    »Harfe, sagen Sie? Musikalisches Instrument?«
    »Es ist zweihundert Pfund wert. Oder das war es.«
    »Und Sie wollen, dass ich eine neue kaufe?«
    »Ich möchte die Täter bestrafen.«
    Bartizan breitete seine Arme weit aus. Es schien, als würden seine Schultern jeden Moment die Nähte des Jacketts sprengen. »Natürlich könnte ich Ihnen eine neue kaufen. Zweihundert Pfund sind gar nichts.«
    »Es ist mehr als nur …«
    »Aber ich habe nicht die Absicht, das zu tun.« Krachend schlug er mit der Faust auf den Schreibtisch. »Was soll eine Hauslehrerin mit einer Harfe?«
    »Die Kinder sollten den Besitz anderer Menschen respektieren!«, protestierte Astor.
    »Sollten sie das tatsächlich?« Bartizan lehnte sich in seinem Stuhl zurück und steckte seine Daumen in seinen Hosenbund. »Sehen Sie, Miss … Vance war der Name? Sie sind
Swales
. Verstehen Sie, was das bedeutet? Sie werden das größte Vermögen von ganz Britannien erben. Viermal größer als das der Königlichen Familie. Swales, das ist es, was sie sind.«
    »Sie müssen trotzdem lernen …«
    Sie hielt inne, als sie sah, wie seine Schweinsäuglein sie prüfend betrachteten.
    »Sie können Ihnen Rechtschreibung beibringen, Grammatik und ähnliche Dinge, Miss Vance. Aber nicht, wie sie sich zu benehmen haben. Maßen Sie sich nicht einmal an, zu beurteilen, wie sie sich benehmen. Sie benehmen sich wie Swales. Und Sie benehmen sich wie eine Hauslehrerin.«
    »Ich bin keine Hauslehrerin. Ich bin …«
    »Sie sind, was ich sage!« Seine donnernde Stimme übertönte die ihre. »Unterlassen Sie es, Ihre versnobten Erwartungen in dieses Haus zu tragen. Unterlassen Sie es, mit mir zu sprechen, als sei ich Ihresgleichen! Sie sind nicht meinesgleichen und werden es niemals sein!«
    Astor fühlte Tröpfchen seines Speichels auf ihrer Haut. »Ich hatte Ihre Unterstützung erwartet«, sagte sie.
    »Sie unterstützen? Das ist ja wohl ein Scherz.« Demonstrativ gab er ein dröhnendes Lachen von sich. »Hören Sie. Ich sag’s Ihnen ganz geradeheraus und direkt. Die Unterstützung, die Sie von mir erwarten können, ist ein Dach über Ihrem Kopf. Essen, Trinken und ein Bett. Das war’s.«
    Astor fehlten die Worte, doch noch wollte sie sich nicht geschlagen geben.
    »Meinen Sie etwa, Ihnen stünde mehr zu? Meinen Sie das? Ist es das, was Sie glauben?«
    Er will mich einschüchtern
, dachte Astor.
Er will mich vernichten
.
    »Sie müssen sich den neuen Zeiten anpassen, kleine Miss. Ihre alte Welt existiert nicht mehr. Ihr affektierten Aristokraten, mit Eurem vornehmen Gehabe und Eurer feinen Erziehung, die Ihr von oben herab auf jeden herunterschaut, die Ihr jedem erzählt, was er zu tun hat. Diese Art der Überlegenheit zählt heutzutage nicht mehr. Was heute zählt ist, was ich
habe

    »Ihr Geld, nehme ich an«, murmelte Astor, aber Bartizan hatte sie verstanden. »Nein! Nicht

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