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Song of the Slums

Song of the Slums

Titel: Song of the Slums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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Prester schienen im Geringsten überrascht zu sein.
    »Widdy ist Onkel Phillidas’ Sohn«, sagte Blanquette, als erkläre das alles. »Unser Cousin.«
    »Warum hat er in meine Matratze gestochen?«
    »Wer weiß das schon? Er benimmt sich nicht wie ein normaler Mensch.«
    Blanquette packte Widdy bei den Schultern und zog ihn vom Bett weg. Er schwang Messer und Gabel durch die Luft und rannte durch den Raum.
    »Also, die neue Hauslehrerin.« Blanquette wandte sich mit übertriebener Zuvorkommenheit wieder an Astor. »Erzählen Sie uns bitte schön etwas von sich.«
    Astor erwiderte nichts. Sie war klar im Nachteil, wie sie so dalag – zerzaust und derangiert im ungemachten Bett.
    »Wir wären
dankbar
etwas zu erfahren.« Blanquettes Lächeln war wie geschliffenes Glas. »Falls Sie sich nicht zu unwohl fühlen. Falls Sie nicht zu krank sind, um zu sprechen.«
    »Sie hätten zum Schulzimmer kommen sollen«, sagte Prester. »So mussten wir uns den ganzen Tag allein beschäftigen.«
    Es war deutlich, dass sie nicht vorhatten wegzugehen. »Mein Name ist Miss Vance«, sagte Astor endlich.
    »Miss Vance.« Blanquettes kleine schwarze Augen glitzerten. »Miss Hauslehrerin Vance.«
    »Wie ist Ihr Vorname?«, fragte Prester.
    »Das geht euch nichts an.«
    »
Das geht uns nichts an
«, wiederholte Blanquette mit süßlicher Stimme. »Obgleich wir Ihnen unsere Namen gesagt haben.«
    Sie setzte sich auf die Bettkante. Während die Matratze unter ihrem Gewicht knarrend und ächzend nachgab, merkte Astor, wie sie diese schwellende Masse grünen Samtes anstarrte.
    Prester setzte sich auch, sehr eng neben Astors Beine. Astor rückte unter der Bettdecke zur Seite.
    Von der anderen Seite des Raumes war ein gedämpftes Pochen zu hören.
    »Komm da raus, Widdy«, befahl Blanquette.
    Widdy stieg aus dem Schrank. Das Messer hatte er noch immer in der Hand, in der anderen hielt er jetzt eine Art Gurt in die Höhe.
    »Ef läft fich nicht fneiden«, klagte er. »Warum nicht?«
    Blanquette seufzte. »Warum musst du nur immer Sachen zerschneiden, Widdy?«
    »Darum!«
    »Es ist Leder«, sagte Prester. »Das kannst du nicht zerschneiden. Such dir was anderes.«
    »Ich will dief.« Das Lispeln wurde immer kleinkindhafter. Widdy sägte noch einmal mit dem Messer an dem Gurt herum, dann schmiss er ihn wütend von sich. »Blödef altef Ding!«
    Er rannte zu dem Gurt und trat ihn durch den Raum.
    »Ist er nicht hinreißend?«, fragte Blanquette. »So süß. Er will einfach nicht groß werden. Das finden Sie noch heraus, wenn Sie versuchen, ihn zu unterrichten.«
    »Werden Sie unsere Lehrerin sein?«, fragte Prester.
    »Nein«, antwortete Astor. »Ich bin keine Lehrerin.«
    »Ich brauche sowieso keinen Unterricht«, sagte Prester. »Ich weiß nämlich schon alles.«
    Blanquette gab ein unfeines Geräusch von sich. »Außer Geschichte, Geographie, Rechtschreibung, Arithmetik und ein paar anderen Kleinigkeiten in der Art. Meine linke Hinterbacke weiß mehr als du.«
    »Wenn ich will, lerne ich das alles«, brüstete sich Prester. »Kinderleicht.«
    Blanquette drehte sich wieder zu Astor. »Da haben Sie es, Miss Vance. Ihr Meisterschüler. Er wird wie Wachs in Ihren Händen sein. Sie haben aber Glück, denn Sie sind hübscher als Miss Minnifer.«
    »Wer ist Miss Minnifer?«
    »Unsere letzte Hauslehrerin. Arme Miss Minnifer.«
    »Arme, arme Miss Minnifer«, wiederholte Prester höhnisch grinsend.
    »Ihr sind die Nerven durchgegangen«, erklärte Blanquette. »Sie hat sich in ihr Zimmer eingeschlossen und ist nicht wieder herausgekommen.
Dieses Zimmer … bis sie am Ende herausgezerrt worden ist.«
    »Sie hatte eigenartige Vorstellungen vom Unterrichten«, sagte Prester.
    »Ja, sie glaubte, es sei ihre Aufgabe, uns zu maßregeln. Werden Sie versuchen, uns zu maßregeln, Miss Vance?«
    »Ich werde gar nichts mit euch machen.«
    »Außer natürlich uns zu unterhalten«, korrigierte Blanquette. »Dafür müssen Sie allerdings viel mehr reden. Sie sind viel zu still für uns.«
    Astor wusste nicht, wie sie darauf reagieren sollte. Sie hatte einmal ein Kindermädchen gehabt und dann, in dem Jahr bevor ihr Vater starb, eine Hauslehrerin – doch niemals wäre sie auf den Gedanken gekommen, in solch einer Weise mit ihnen zu sprechen. Die Swale-Kinder waren dreist, unverschämt und vulgär! Lorrains höfliches Betragen schien in dieser Familie die absolute Ausnahme.
    »Sind Sie immer so still?«, fragte Blanquette wieder. »Können Sie Ihre Stimme überhaupt

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