Sonne, Meer und Bea (German Edition)
Albtraum begonnen hatte, so schnell ist auf einmal alles vorbei. Nur ich bleibe aufgelöst zurück. Pauls Auftreten war hingegen stark! Er hat uns gerettet. Ich fühle mich gut bei ihm.
Paul
»Ist alles in Ordnung?«, frage ich Maja. Sie wischt ihre Tränen aus dem Gesicht.
»Ja, es geht schon. Aber was soll das? Mögen die keine Touristen?«
»Maja, das war einfach ein Arschloch! Ein frustrierter Kontrolleur, der sich mal wichtig machen wollte.«
»Wieso hat er uns nicht verstanden? Weshalb konnte er kein Englisch? Es ist doch die Cricket-WM im Land. Da muss er doch Englisch können!«
»Der war einfach ausländerfeindlich. Der konnte Englisch. Der wollte aber nicht diskutieren.«
Ich bin mir sicher, dass der Kontrolleur Englisch konnte. Als er uns seine Forderungen präsentierte, war er noch gut dabei. Erst als ich anfing, mit ihm zu streiten, vergaß er die Sprache und meinte, er könne nur Marathi. Überall auf der Welt gibt es solche Wichtigtuer. Und dieser dachte wohl, er hätte ein einfaches Spiel mit uns. Aber er hat verloren. In Südindien ist uns so etwas nie passiert. Mein Puls schlägt noch wie wild. Es war mein erstes Mal. Ich bin noch nie auf einer Polizeiwache gewesen. Und jetzt: wegen Schwarzfahrens. Ich glaube es nicht.
Am liebsten würde ich Maja in den Arm nehmen, aber wir kurven gerade durch den Verkehr in Pune. Ich schaue hinaus, sehe aber nur staubige Straßen. Keine Ahnung, wo wir sind, und noch weniger, wo wir gerade hinfahren. Wie gut, dass der Rikschafahrer den Durchblick hat und uns vor dem richtigen Hotel heraus lässt.
Da die Hotelsuche in Pune schwierig sein soll, haben wir im Internet das Hotel Shivam vorgebucht. Also kann nichts mehr schief gehen. Der Typ an der Rezeption schaut mich finster an. Von einer Reservierung will er nichts wissen. Sie hätten nichts von uns bekommen: keine Buchung und keine Bestätigung. Ich krame meinen Ausdruck der Mail vom Hotel heraus: ein Zimmer, zwei Betten am 28.3., Paul Brugge. Der Mann schaut sich kurz mein Blatt an, wedelt damit herum und meint lapidar, hier stehe, wir kämen um 8 Uhr. Jetzt sei es schon 9 Uhr. Das Zimmer sei weg.
Und was nun? Das sei ihm egal. Fassungslos stehen ich und Maja auf der Straße vor dem Shivam. Heute scheint nicht unser Tag zu sein. Wir müssen weiter suchen und steuern zuerst das große Hotel schräg gegenüber an. Leider können wir uns den Preis nicht leisten, aber die Frau hinter der Rezeption bestätigt uns, dass das Hotel Shivam Ausländer nicht möge. Wir sollten es eventuell in der Nähe des Ashrams in Koregaon Park versuchen. Ashram, wie schön! Ich mache ein genervtes Gesicht, aber die Frau beruhigt mich. Dort seien die Preise niedriger und es sei einfacher ein passendes Hotel zu finden. Wir nehmen eine Rikscha und fahren hinaus. Doch auch in Koregaon Park finden wir kein bezahlbares Hotel. Ratlos stehen wir wieder auf der Straße.
»Wenn ihr eine Unterkunft sucht, kann ich euch helfen.« Eine Frau spricht uns von der Seite an. Sie heißt Iris, ist 32 Jahre alt und schon seit drei Wochen in Pune. Eigentlich kommt sie aus Ulm, aber wirklich zu Hause sei sie nur hier. Ich schaue Maja verdutzt an. Ein Ashrami, aber glücklicherweise nicht ganz so kontaktscheu und entrückt wie unsere letzten. Sie ist freundlich und hilft uns. Da sämtliche Hotels am Platz für uns zu teuer sind, weist sie uns den Weg zu einem Homestay. Das sind Privatunterkünfte in Familien, die Betten für andere Menschen bereitstellen.
»Wie lange habt ihr vor hier zu bleiben?«, fragt sie, als sie uns von der Vermittlungsstelle zur Familie Sharma begleitet.
»Zwei Nächte, dann müssen wir weiter nach Bombay. Unser Flug geht in fünf Tagen«, antwortet Maja.
»Dann habt ihr aber nicht lange Zeit für den Ashram. Da gibt es so einige Regeln.« Iris sieht enttäuscht aus.
»Wir waren auch schon in Pondicherry«, versuche ich mehr Interesse an Spiritualität zu heucheln als mir lieb ist.
»Seid ihr zum ersten Mal in Indien?«
Verlegen bejahe ich, aber nicht ohne vom Land zu schwärmen und beiläufig die anderen fernen Länder aufzuzählen, in denen ich schon gewesen bin. Das setzt Iris ihrerseits unter Druck: »Ich bin schon das dritte Mal in Pune.«
Sie hat Pune gesagt, nicht Indien. Ich gehe nicht davon aus, dass wir uns auf derselben Wellenlänge bewegen. Vor dem Haus verabschiedet sich Iris. Keine Ahnung, ob wir sie je wiedersehen werden. Die Wohnung der Sharmas befindet sich in einem schäbigen Neubau. In den Ecken des
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