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Sonne, Meer und Bea (German Edition)

Sonne, Meer und Bea (German Edition)

Titel: Sonne, Meer und Bea (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Christopher
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Bahnhof zu sehen.
    Doch er taucht nicht auf und unser Frage- und Antwort-Spiel wiederholt sich noch zwei Mal. Währenddessen rutschen wir angespannt auf unseren Sitzen hin und her und starren angestrengt nach draußen. Vielleicht sehen wir ja endlich mal ein Schild, damit wir wenigstens ungefähr wissen, wo wir jetzt sind.
    Der Kontrolleur kämpft sich erneut nach hinten durch. Auch diesmal ignoriert er uns. Wir versuchen auf uns aufmerksam zu machen. Paul wedelt mit dem Rupienschein, doch der Kontrolleur würdigt ihn keines Blickes. Beim nächsten Halt wird es uns zu bunt. Etliche Mitfahrer strömen hier ins Freie und Paul gibt auch mir Bescheid, den Rucksack zu schultern.
    »Hier steigen so viele aus, da ist die Chance groß auch gut wieder wegzukommen. Hoffentlich in Richtung Bahnhof.«
    Wir drängeln uns durch zur Tür und springen auf die Straße. Ein dürrer Mann mit strenger Hornbrille tritt vor mich und fuchtelt mit seinen Armen. »Ticket, ticket!« Ich verstehe nicht.
    »Show your ticket!« Er blickt mich finster an. Mir dämmert Schreckliches. Ich wusste bislang nicht, dass es auch Ticketkontrolleure gibt, denen man beim Aussteigen sein Ticket vorzeigen muss. Nun bin ich schlauer. Und ausgerechnet heute machen wir Bekanntschaft mit einem. Paul springt mir zur Seite und erklärt, warum wir kein Ticket bekommen haben. Der Mann hört jedoch gar nicht zu, sondern geht gleich in Forderungen über. Er will 500 Rupien, von jedem! Das ist ja der Hammer! Wir zahlen doch keine 1000 Rupien, nur weil wir im Bus missachtet wurden.
    »No, that's a mistake!« Paul versucht vehement unsere Situation zu erklären. Doch der Mann bleibt stur: »500 Rupies, 500 Rupies«. Er zeigt auf jeden von uns. Paul lässt sich jedoch nicht beirren und redet weiter auf den Mann ein. Jetzt schreit dieser: »No Englisch! Marathi!« Um uns herum hat sich inzwischen ein Menschenauflauf gebildet, der stetig größer wird. Immer mehr indische Männer strömen herbei und begaffen das Schauspiel.
    »No English! Police, Police!« Der Kontrolleur wird jetzt richtig böse. Mir rutscht das Herz in die Hose. Das kann doch nicht sein Ernst sein. Ich befürchte das Schlimmste. Ich bin mit meinen Nerven am Ende. Ohne Frühstück stehe ich irgendwo am Rand von Pune und bin noch nie in meinem Leben so unfreundlich behandelt worden. Mir kommen die Tränen. Ungeniert starrt der Pulk Männer uns an. Haben sie denn noch nie eine heulende Westlerin gesehen? Was ist daran so interessant?
    Aufgebracht ruft der Mann immer lauter nach der Polizei. Schließlich dreht er sich schimpfend um und schreitet voran. Er will anscheinend zur Polizeistation laufen. Uns bleibt nichts anderes übrig, als zu folgen, da die Menschentraube uns flankiert. Ich sehe Paul und mich schon in einer indischen Gefängniszelle. Schluchzend wanke ich hinter den Männern her. Die Tränen strömen jetzt nur so meine Wangen hinunter, ich kann gar nicht mehr aufhören zu weinen. Einige hundert Meter weiter taucht vor uns die Polizeiwache auf. Paul löst sich aus der Gruppe und eilt schnellen Schrittes voran in die Station. Ohne den Kontrolleur zu Wort kommen zu lassen, wendet er sich an die Frau, die dort hinter einem Schreibtisch sitzt. Ich schließe schnell zu Paul auf und weiche ihm nicht mehr von der Seite. Die Frau und auch der Officer, der aus dem Nebenzimmer herbeieilt, können kein Englisch.
    Wir müssen warten, bis jemand kommt, der Englisch spricht. Es dauert zum Glück nicht lange. Ein freundlicher Mann mittleren Alters erscheint, der sich als Mr. Kumar vorstellt und sich von Paul seine Version erzählen lässt.
    Wir wollten doch zahlen! Paul zieht den Rupienschein aus seiner Hemdtasche und erklärt, dass wir das Geld schon zurechtgelegt hatten, aber keine Möglichkeit bekamen, es los zu werden. Der Kontrolleur versucht gleichzeitig lautstark seine Wahrheit kundzutun. Es ist ein heilloses Durcheinander. Doch Herr Kumar behält die Ruhe und entscheidet zu unseren Gunsten. Wir seien doch Ausländer. »It's okay.« Der Kontrolleur regt sich jetzt fürchterlich auf, doch die Entscheidung steht. Paul will seine zehn Rupien noch an den Mann bringen, doch die Polizisten möchten den Aufruhr nur schnell beenden.
    Wir werden auf die Straße gedrängt, wo bereits eine Rikscha auf uns wartet. Die Polizisten schieben die Rucksäcke und uns auf den Rücksitz, erklären dem Fahrer, wo wir hin wollen, und verkünden uns den Fahrpreis: »60 Rupies, not more!« Wir rattern los. So schnell, wie der

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