Sonne, Schnee und Tote
oder
nein.“
„Äh
…Ja … äh … Onkel … äh … Hoofdcommissaris. Jawohl!“
Nicolas
nickte zufrieden und klopfte Ronald aufmunternd auf die Schulter.
„Sehr
gut. Ach ja, ehe ich das vergesse. Dein Vater hat mir von deinem noch immer
andauernden Cannabiskonsum erzählt. Wenn mir irgendetwas in der Richtung zu
Ohren kommt, dann bist du schneller aus der Polizei wieder raus, als du
Cannabis aussprechen kannst. Haben wir uns da verstanden?“
Van
Houdens Augen fixierten den Surveillant, dessen Gesicht schamrot anlief, während
er ein Nicken andeutete und die Hände dabei verlegen in den Hosentaschen seiner
Uniform vergrub.
„Gut,
dann ist, denke ich, alles geklärt“, stellte Van Houden fest, drehte sich
wieder dem Hafen zu und ließ den Blick von der Erasmusbrug , die keine
500 Meter entfernt leise Verkehrsgeräusche herübertrug, bis hinüber zum Ende
des Wilhelmina-Piers schweifen.
Es
war erstaunlich, was die Stadt durch Milliardeninvestitionen aus diesem
heruntergekommenen Viertel gemacht hatte. Seitdem der Hafen, und vor allem die
Teile der Hochseeverladung, während der letzten dreißig Jahre immer weiter in
Richtung Nordsee abgewandert waren, hatte es seit den frühen 80ern in diesen
alten Hafenbereichen eine wahre Entvölkerung und eine gleichzeitige Zunahme der
Kriminalität gegeben. Der ganze Stadtteil war bis in die 90er hinein völlig
verkommen. Erst mit einem neuen Nutzungsplan und viel Geld hatte es die
Stadtverwaltung geschafft, dem pulsierenden Herzen Rotterdams wieder ein
schickes kleines Schmuckstück zu verpassen. Der Wilhelmina-Pier war das beste
Beispiel für eine erfolgreiche Reaktivierung verloren geglaubter Stadtgebiete.
Van
Houden schwelgte in Erinnerungen.
Als
Jugendlicher hatte er sich mit Laufburschenarbeit hier immer ein paar Gulden
verdient. Einige Jahre später hatte er hier seine erste Festnahme als junger
Surveillant durchgeführt. Das war lange her …
Das
Trampeln von Schritten hinter seinem Rücken riss ihn aus den Gedanken. Er
drehte den Kopf und sah einen Mann im weißen Overall auf ihn zustürmen. Einen
Meter vor ihm kam er zum Stehen.
„Hoofdcommissaris.
Gott sei Dank! Hoofdcommissaris … Es hat einen Zwischenfall gegeben …“
***
Kees
Bloemberg saß auf dem Boden. Mit dem Rücken lehnte er an der Lagerhauswand und
ließ den Kopf hängen. Zwischendrin erlitt er immer wieder Hustenanfälle und
rang nach Luft. Seine Lunge brannte. Rachen, Mundraum und Luftröhre schmerzten.
Die Feuerwehr war mittlerweile eingetroffen und hatte mit der Bekämpfung des
Brandes begonnen. Ein Krankenwagen war nach Angaben des Mannes der Tatortreinigung
auch unterwegs, ließ aber auf sich warten. Hoofdcommissaris Van Houden stand
mit verschränkten Armen neben Nasridim Hadosh und Fred Maartens.
„Darf
man fragen, wie man auf eine so selten dämliche Idee kommen kann?“, fragte er
ernst. Bloemberg antwortete nicht. Sein Hals war vom Rauch geschwollen und
schmerzte bei jedem Atemzug. Stattdessen deutete er nur ein Kopfschütteln an
und weigerte sich aufzublicken.
Van
Houden ließ nicht locker. Es war unüberhörbar wie aufgebracht er war.
„Himmel,
Donnerwetter! Ich hab‘ Ihnen tatsächlich diesen Fall anvertraut und es dauert
keine zwei Stunden, da verbrennt uns die Leiche des Opfers. Und in einem Anflug
von idiotischem Heldenmut bringen Sie sich beim Versuch, zu retten, was noch zu
retten ist, beinahe selbst um. Hätte Maartens nicht so schnell reagiert und
wäre Herr Hadosh nicht zufällig in der Nähe gewesen, dann säßen Sie jetzt nicht
mal mehr hier. Haben Sie nichts dazu zu sagen, Inspecteur?“
Kees
schüttelte den Kopf, was wiederum Fred Maartens ein spöttisches „Tzzz“ über die
Lippen trieb. „War ja klar …“
„Lassen
Sie es gut sein, Commissaris. Bloemberg wird sich früher oder später erklären
müssen. Sie haben vorbildlich gehandelt. Genauso stelle ich mir das vor und …“
„Jemand
hat die Türen verschlossen“, krächzte Kees und hob doch langsam den Kopf.
„Bitte
was?“, fragte Van Houden verwirrt. Bloemberg sammelte seine Gedanken.
Er
war erst seit ein paar Minuten wieder ansprechbar. Das Atmen bereitete ihm
Übelkeit, dennoch war ihm eines sofort durch den Kopf geschossen.
„Nachdem
ich den Kühlraum betreten habe, hat jemand die Türen verschlossen“, wiederholte
er und bemerkte, wie Van Houdens strenger Blick sofort in Nasridim Hadoshs
Richtung schwenkte. Der hob abweisend die Hände.
„Das
wird wohl kaum absichtlich
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